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Original von Thorsten Wember
Schon mal ein kleiner Vorgeschmack auf die nächste Story, die wird zum eingrooven auf den Film Merry Christmas, falls sich das jemand antun mag.
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Selbstzitat macht Spaß.
Für diesen Donnerstag ist dann tatsächlich Kinofilm Merry Christmas angesagt. Dafür gibts jetzt auch wie versprochen die Kurzgeschichte dazu aus meinem geistreichen Buch. Ist zwar nicht 1914, aber den Unterschied merkt man ganz ehrlich kaum. Und wieder weihnachtlich ehrbar sauber abgetippt.
Lichter überm Graben
Keiner von uns Pionieren, die in jenem Winter 1916 in den Dörfern und Schützengräben vor Douai lagen, wagte sich an Germaine heran. Dieses zwanzigjährige kräftige Mädchen in den blauen Männerhosen und der kurzen Jacke der ehemaligen Bergarbeiterin war mit ihrer alten Mutter inmitten der Kohlenhalden zurückgeblieben; sie hielt sich die nicht sehr schüchternen Landser mit einer unmißverständlichen GRadheit vom Leibe. Dabei hatte sie einen Scharm, wenn sie uns den Gulasch mit Dörrgemüse aufwärmte, daß uns jedesmal allein von ihrem Anblick gefährlich heiß ums Herz wurde. Natürlich schauten auch unsere Offiziere auf Germaine. Doch wir betrachteten das Mädel als einen der Unsern, das heißt unsrer Landsergruppe, und wenn der Leutnant unseres Zuges sich zu einem Tete-à-tete anpürschte, stets war einer von uns da, der eine dringliche Meldung zu überbringen oder ein Urlaubsgesuch vorzulegen hatte. Wir hatten damals solche Papiere auf jede Gefahr hin in Reserve.
In der Schutzgarde Germaines stand Schorsch Wirtgen, ein baumlanger, jugenhafter Burscher, an erster Stelle. Er sprach im Allgemeinen soviel wie ein Kabeljau. Aber wenn Germaine die "Trois jolis tambours" sang, geriet er in Ekstase und schrie wie verwundet auf: "O Mademoiselle, je vous adore!" (was wir ihm beigebracht hatten), während er selbst unentwegt der Angebeteten Lieblingslied: "Bin von den Bergen gestiegen, wo die Lawine rollt" zum besten gab.
So lebten wir in jenem Winter zwischen den rieseigen, mit leichtem Schnee bedeckten Kohlenhalden vor Douai und der Lorettohöhe, eine Woche in Ruhestellung im Dorf, eine andere vorn als Infanterie im Graben. Eines Nachts nun kam der lange Schorsch dampfend vor Erregung in den Unterstand. Er war draußen in der vordersten Sappe auf Horchposten gewesen, kaum dreißig Meter entfernt von dem Posten des französischen Stichgrabens. Und nun habe dieser Franzmann dauernd "Germaine Duvettre" gerufen. Wir foppten Schorsch, daß er zweifellos von einem Sonnenstich getroffen sei, weil das Weib seiner Wünsche ihn bis in die vorderste Sappe verfolge.
Doch dann gingen zwei von uns mit. Tatsächlich, da rief ein Franzose: "Camerade allemand, est-ce que se trouve la bas Mademoiselle Germaine Duvettre au village ..." Ich fragte den Rufer in seiner Sprache, wer er denn sei.
"Der Freund von Germaine! Pierre, der Freund!"
"Sei still! Laß dein Gewehr dort! Und komm ans Drahtverhau zu uns!"
Er trat aus dem Stichgraben, ohne Waffe, und ging im weißen Dämmer der dünnen Schneedecke über die zwanzig Meter Neimandsland zu unserem Verhau. Der lange Schorsch und ich stiegen ebenfalls aufs Feld. Wir ließen uns Germaine beschreiben. Es stimmte alles haargenau. Schorsch aber wurde plötzlich wortgewaltig wie ein Staatsanwalt. Ich mußte ihm alle Antworten Pierres - eines kleinen, stämmigen, etwa fünfundzwanzigjährigen Poilus - übersetzen. Wobei Schorsch bei der Beschreibung von Germaines Statur sein Veto einlegte, als ich Pierres "bein potelée" in "gut gewachsen" oder "vollbusig" übertrug; denn sie sei "herrlich schlank". Doch schließlich wurde Germaines Signalement anerkannt
Was aber war zu tun?
Pierre bat um nicht mehr und nicht weniger, als daß wir seine Braut, die ja kein Militär sei, ihm zuführten. Wir erklärten ihm, wir müßten das ja mit unseren Kameraden zuerst besprechen. Er solle nächste Nacht wieder in der Sappe sein. Pierre versprach uns Himmel und Hölle für die Übergabe seiner Braut. Das ließ uns aufhorchen. Denn Germaine war auch für unser Wohlbefinden ein Wertobjekt. Pierre steigerte, da wir nachdenklich schwiegen, sein Angebot: Brüsseler Büchsenschinken, Tabak, warme Socken ...
Wir waren schon wieder auf dem Weg zum Graben, da hörten wir noch: "Des saucisses des Francfort..."
"Was sagt der Hund?" fragte mich Schorsch dumpf.
"Er gibt uns noch Frankfurter Würstchen."
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12.12.2005 23:47 |
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Unsere Gruppe im Unterstand beriet die ganze Nacht. So einfach war die Sache nun nicht. In zwei Tagen zur Weihnacht wurden wir abgelöst. Zum Glück stellte unsere Gruppe den Postholer der Kompanie. Dieser also mußte Germaine abends in der Dunkelheit heranbringen. Die rechte Anschlußgruppe im Graben mußte verständigt werden, das heißt, sie mußte an dem Austauschpreis beteiligt werden, das heißt, wir mußten die von Pierre zu liefernde Tabakration auf sechzehn Mann aufteilen, schon damit alle dichthielten.
Auf dieser Basis verhandelten wir die kommende Nacht mit Pierre, der ebenfalls einen Kameraden als Zeugen mitgebracht hatte.
Am nächsten Abend kam mit unserem Postabholer ein anderer Soldat im Landsermantel und mit Schneehaube überm Kopf. Es war Germaine. Sie wurde in unserm Unterstand in einer Ecke unter Decken verstaut. Schorsch saß mi Stroh und spielte leise: "Bin von den Bergen gestiegen". Er verlor ja eine Braut - eine Seelenbraut.
Und dann kam der große Moment. Schorsch und ich, wir brachten Germaine nach vorn. Die Sappe führte unter unserem Drahtverhau hindurch ins Freie. Der Weg wurde uns nicht leicht. Gebückt schlichen wir dahin. Dann aber traten wir ins Niemandsland, das totenstill im fahlen Schneedämmer dalag. Es war eine völlig windlose Nacht.
Auf einmal sprang eine Gestalt aus der französischen Sappe. Pierre riß Germaine an sich. Wir zwei Deutsche rührten uns nicht. Alles war ganz unwirklich. Da stürzte sich Pierre auch auf uns beide, umarmte und küßte uns. Wir hörten nur immer wieder: "Camerades! Camerades!", und nun küßte uns auch Germaine, auf die Backen, auf den Mund, ihre Hände strichen über unser Gesicht. Ein zweiter Franzose war aus der Sappe gekommen. Auch er umarmte uns.
"Adieu, mes amis!" sagte Germaine.
"Au revoir, Germaine! Bonne chance!" sagte ich.
Schorsch sprach kein Wort. Er sprang wieder in die Sappe hinunter. Ich folgte ihm. Da kam der zweite Franzose uns nach: "Camerades!" Er reichte uns ein schweres Paket hinab. Mein Gott! Das Wichtigste hatten wir in der Aufregung vergessen.
Das war eine Nacht in unserem Unterstand und in dem der Nachbargruppe. Wahrhaftig, die Franzosen hatten sich nicht lumpen lassen: Rotwein, Schinken, Würtschen, Schokolade, Tabak, Zigaretten! Wir tranken und sangen und ließen Germaine leben.
Plötzlich kam einer auf den Gedanken - wohl nach dem starken und würzigen Rotwein -, wir sollten draußen Lichter anstecken. Jeder hatte in seinem Weihnachtspaket von daheim ein Päckchen Kerzen erhalten. Bäume gab's allerdingsweit und breit nicht mehr in dem Trichtergelände. So steckten wir die Kerzen einfach auf die Spitzen des Stacheldrahtes. In der windstillen Nacht branntens sie mit einer seltsamen geraden Flamme.
Die Grabenposten kamen zu uns: Was denn los sei? Aber dann gben sie weiter, man solle keinen Lärm machen! Wenn dir Franzosen nicht schössen, könnten die Lichter ruhig bleiben. Unsere Kerzen brannten bald herunter. Indes die Sache machte Schule. Überall flammten jetzt kleine Lichter über den Gräben auf... die ganze Linie entlang.
Es schien, als tanzten die Flämmchen auf dem Stacheldraht.
Jetzt sah man auch drüber über den französischen Gräben Lichter aufflammen, nicht so viele wie bei uns, da die Franzosen ja nicht Weihnachten, sondern Neujahr groß feiern. Aber doch waren es Lichter wie Antwortsignale.
Und wir in unserem Unterstand schmausten, sprachen und sangen bis zum Morgengrauen. Nur der lange Schorsch lag still und schweigsam in der Ecke im Stroh, wo am Abend Germaine gelegen.
Übrigens fiel diese Nacht und auch den nächsten Tag an unserm Frontabschnitt kein Schuß. Dann wurde mit unserer Ablösung auch die rückwärtige Artillerie herausgezogen. Und erst alsdie neuen Batterien in Stellung gegangen waren und sich kräftig eingeschossen hatten, worfür sie den Segen der französischen Batterien erhielten, konnte in diesem Abschnitt der Krieg wieder seinen geordneten Fortgang nehmen.
Friedrich Wolf
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13.12.2005 00:08 |
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Weiter geht's, heute mit Seite 39.
Morgen kommt der Weihnachtsmann
Morgen kommt der Weihnachtsmann,
kommt mit seinen Gaben.
Wiege, Puppe, ei der Daus,
Zuckerzeug und Knusperhaus,
ja ein ganzes Puppenhaus
möcht ich gerne haben!
Bring uns, lieber Weihnachtsmann,
bring auch morgen, bringe
Eisenbahn und Roller her,
Baukästen und noch viel mehr,
Schokolade lieb ich sehr,
lauter schöne Dinge!
Doch du weißt ja unsern Wunsch,
kennst ja unsre Herzen.
Kinder, Vater und Mama,
auch sogar der Großpapa,
alle, alle sind wir da,
warten dein mit Schmerzen.
Hoffmann von Fallersleben
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14.12.2005 01:02 |
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Hansaplast
klassisch neidisch
Dabei seit: 09.12.2004
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15.12.2005 21:48 |
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