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wassermann11
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10.09.2011, 11:15 Uhr | Ein Kommentar von Bernd Ladwig

Die Terroristen um Osama bin Laden griffen am 11. September 2001 den westlichen Liberalismus an


Die Anschläge vom 11. September 2001 haben Liberale nicht nur schockiert, weil die Folgen furchtbar waren. Sie haben sie nicht nur in die Defensive gedrängt, weil nun mehr Menschen Eingriffe in Grundfreiheiten akzeptierten. Die Anschläge haben Liberale auch "weltanschaulich" erschüttert. Der Hass der Attentäter galt einer Lebensform des diesseitigen Genusses, der Freizügigkeit, der Autonomie und der Aufklärung.

Die Terroristen haben den Westen nicht dafür angegriffen, dass dieser seinen Versprechen untreu geworden wäre. Die Versprechen selbst erzürnten sie. Auf eine solche Eruption existenzieller Feindschaft war der politische Liberalismus nicht vorbereitet. Er wollte weltanschauliche Kontroversen vom politischen Streit fernhalten, um diesen für alle Bürger gerecht regeln zu können. Nun sah er sich selbst in einen existenziellen Konflikt einbezogen.


Wir standen zu "unseren Werten"

Liberale hatten fast schon verlernt, ihre Parteinahmen für Grundfreiheiten, Gleichberechtigung, Toleranz und öffentliche Diskussion noch als Parteinahmen ernst zu nehmen. Die Mörder aber zwangen sie dazu, die eigenen Werte als umkämpft zu erkennen. Die Neokonservativen unter ihnen reagierten darauf mit einer Mischung aus Selbstbehauptung und Bekehrungseifer: Sie bekannten sich zu "unseren Werten", die sie aber zugleich für Amerikas unabweisbares Geschenk an die Welt hielten. Der neue Totalitarismus, als dessen Sendboten sie die Terroristen ansahen, dürfe in keinem Staat mehr eine machtpolitische Basis finden. Außerdem seien alle Menschen überall dazu bestimmt, sich selbst zu bestimmen.

Daran war richtig, dass der Liberalismus seine Werte und Grundsätze als universalisierbar begreifen sollte. Am militanten Idealismus der Neocons war nicht der Idealismus falsch. Falsch war die Militanz: Sie ließ keinen Raum für Zweifel und rechtliche Rücksichten. Ein lügenhaft begründeter Angriffskrieg, Verschleppungen und Folterpraktiken ruinierten das Ansehen des Liberalismus schneller, als dieser durch Geländegewinne in Gestalt formeller Regimewechsel wettmachen konnte.

Das Desaster des Neokonservatismus gab scheinbar anderen Liberalen recht, die indes mit den Methoden auch den Idealismus der rechten Permanenzrevolutionäre über Bord warfen. Sie plädierten zu Recht für ein multilaterales Vorgehen und für eine Fortentwicklung des Völkerrechts. Militärische Interventionen kämen nur als allerletztes Mittel gegen Massaker, nicht aber als Methode zur Beseitigung ungerechter Regimes infrage.


Demokratie ist wünschenswert

Aber mussten sie darum so tun, als sei ein Regimewechsel hin zur Demokratie gar nicht universal wünschenswert? Warum flüchteten sich so viele in einen Relativismus der Werte? Um nur ja nicht imperialistisch, um möglichst tolerant zu erscheinen? Liberale Toleranz beruht auf dem Recht der Individuen, dem eigenen Gewissen zu folgen. Eine Rechtfertigung für "nichtwestliche" Regierungen, ihre Völker zu knechten, gibt sie nicht her.

Wie beschämend muss heute für solche hasenherzigen Relativisten die Erfahrung der arabischen Revolutionen sein! Was auch immer aus diesen wird, hier berufen sich Menschen unter Lebensgefahr auf liberale Grundsätze und Werte, die nach Ansicht vieler Freunde "kultureller Dialoge" für Araber oder Muslime gar nicht gemacht waren. Das aber wäre die einzig produktive Antwort auf die ungerechtfertigten Vormachtsansprüche des Westens: eine selbstbewusste Anverwandlung seiner Werte. "Der Westen" taugte nicht länger als Feindbild und Ausrede, weil seine Werte nicht mehr nur westlich wären.


An der FU Berlin lehrt Bernd Ladwig politische Theorie und Philosophie. Zu Ladwigs Forschungsschwerpunkten gehören Theorien der Gerechtigkeit und der Menschenrechte, Gesellschaftstheorien, Moralphilosophie und Angewandte Ethik.




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10.09.2011 12:28 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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12.09.2011, 13:37 Uhr | Ein Kommentar von Michael Thumann

Geht auf Konfrontationskurs zum früheren Verbündeten Israel: der türkische Regierungschef Recep Tayip Erdogan


Ein muslimisches und ein jüdisches Land, zwei enge Verbündete der USA drohen einander. Nahostpolitik wird schwerer werden für Amerika und Europa. Der Nahe Osten wird unangenehmer für die Türkei und für Israel. Die Türkei eskaliert unnötig, aber es ist Israel, das am Ende am meisten zu verlieren hat.

Schuld am Zerwürfnis haben beide Seiten. Niemand stellt die Vernunft über den verletzten Stolz. Der neue Gegensatz zwischen Israel und der Türkei wird sich zu den ohnehin schon zahlreichen Nahostkonflikten addieren. In den Vereinten Nationen, am Nahostverhandlungstisch, in den EU-Außenbeziehungen – überall wird er seinen Schatten werfen. Der türkische Premier Tayyip Erdogan plant, die Blockade des Gazastreifens durch Israel vor internationale Gerichte zu bringen. Er will Hilfsschiffe nach Gaza vom türkischen Militär begleiten lassen. Israels Regierung denkt über die Ausweisung türkischer Arbeiter nach. Eine Entschuldigung für die Erschießung türkischer Aktivisten vor Gaza 2010 verweigert sie strikt. Mitten im Arabischen Frühling entsteht hier eine neue Front in Nahost.


Held der Israelkritik

Wie konnte es so weit kommen? Weil beide die einzigen Demokratien in Nahost sind, lautet die erste Erklärung. Die neunziger Jahre, als israelische Piloten über Anatolien übten, wie man aufständische Palästinenser in Schach hält, sind vorbei. Damals war Außenpolitik in der Türkei eine Sache des Militärs und einer kleinen Elite. Seither hat sich viel geändert. Erdogan entmachtet das Militär und hat ein sicheres Gespür für das Bauchgefühl des kleinen Mannes. Anfangs hatte der Premier sogar noch ein gutes Verhältnis zu Israel. Doch Krieg und Wahlen brachten die Wende. Im Gazakrieg Anfang 2009 wurde er mit harscher Israelkritik zum Helden der türkischen und arabischen Straße.

Hier kommt die zweite Erklärung: die rücksichtslose Zuspitzung durch Wahltaktiker und Populisten. Jeder für Erdogan wichtigen Abstimmung in der Türkei ging nicht zufällig Zoff mit Israel voraus. Systematisch gießt er Öl ins Feuer. Auf seiner Nahostreise ab dem 12. September will er sich von den Arabern feiern lassen. Umgekehrt zielt Netanjahu mit einer „Keinen-Schritt-zurück“-Politik auf die nationalistischen Wähler seiner Rechtskoalition. Egal, ob gegenüber Barack Obama oder eben den Türken. Israel gibt nicht nach. So kittet er die Koalition.

Was kostet der Ego-Trip? Die Türkei kann ihre „Null-Problem-Politik“ mit den Nachbarn vergessen. Sie wird auf Touristen aus Israel verzichten müssen, sie wird sich auf manche unangenehme Entscheidung im US-Kongress einstellen dürfen, wo Israel viel Einfluss hat. Erdogan festigt nicht nur dort seinen Ruf als streitsüchtiger Außenpolitiker.


Israel bezahlt den Preis

Doch richtig teuer wird es für Israel. Seine Wirtschaft verliert den größten Markt in Nahmittelost. Seine Soldaten missen eine Manöverfläche. Seine Politiker verlieren einen wichtigen Partner. Die Türkei – Schaltstelle in Nahost, Wirtschaftsmacht und Konkurrent gegen Irans Hegemoniestreben. Ausgerechnet jetzt, da die Türkei zum wohl einflussreichsten Staat der Region heranwächst, überwirft sich Israel mit dem Land.

Doch damit nicht genug. Mit Ägypten, dem arabischen Friedenspartner von Camp David, steuert Netanjahu auf ein ähnliches Problem zu. Die Erschießung ägyptischer Soldaten nach einem Terroranschlag gegen Israel war ihm auch keine echte offizielle Entschuldigung wert. Tayyip Erdogan wird auf seiner Nahostreise nach Ägypten, Libyen und Tunesien ab kommenden Montag neue Bande knüpfen. Die Türkei und die möglicherweise entstehenden arabischen Demokratien nähern sich weiter an. Israel muss aufpassen, dass es am Ende nicht ganz allein in der Region dasteht.


Michael Thumann leitet die ZEIT-Redaktion für den Nahen und Mittleren Osten in Istanbul. Bis Ende 2007 koordinierte Thumann die außenpolitische Berichterstattung der ZEIT, von 1996 bis 2001 war er der ZEIT-Korrespondent in Moskau. 2000 war er als Public Policy Scholar am "Woodrow Wilson International Center for Scholars(WWIC) in Washington, D.C. Sein aktueller Buchtitel ist: Der Islam-Irrtum. Europas Angst vor der muslimischen Welt, Die Andere Bibliothek, Eichborn, Frankfurt/M. 2011.



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12.09.2011 16:03 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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13.09.2011, 11:15 Uhr | Ein Kommentar von Margit Reiter

Antiamerikanische Ressentiments sind allgegenwärtig


Die Terroranschläge vom 11. September 2001 waren zweifellos die bisher extremste Manifestation eines gewalttätigen, die USA fundamental negierenden Antiamerikanismus. Entsprechend groß war auch die Betroffenheit fast überall auf der Welt. Doch schon bald nach dem ersten Schock bekam die spontane Solidarität Risse und es verlagerte sich der Diskurs – weg von den Opfern und hin zu den möglichen Ursachen und Folgen von 9/11.
Das Jahrhundert des Antiamerikanismus

Die Angst vor einem (Welt-)Krieg dominierte die öffentliche Stimmung, besonders in Deutschland, wobei es zu diesem Zeitpunkt noch nicht um die tatsächliche Reaktion der USA ging, sondern um den ihr unterstellten blinden „Rachefeldzug“. Fallweise trat auch eine gewisse Genugtuung zu Tage, ja Schadenfreude darüber, dass es nun mal „die Amis selbst“ erwischt habe. Es kam zu Opferaufrechnungen und Verschwörungstheorien blüh(t)en keineswegs nur im paranoiden Dickicht des Internets.

Das Bedürfnis nach Erklärungen der monströsen Tat war groß – doch manche der verwendeten Deutungsmuster (US-Außenpolitik, Aufstand der Dritten Welt, Gegensatz Arm-Reich usw.) gerieten zu Verharmlosungen des Terrors und zu Schuldzuweisungen an die USA – bis hin zu einer sukzessiven Opfer-Täter-Umkehr. All das zeigt, wie schwer es vielen hierorts fiel, die USA einmal vorbehaltlos als Opfer gelten zu lassen.

Mit den Kriegen in Afghanistan und im Irak verstärkte sich diese Tendenz noch. Massive Kritik an den USA war in den Jahren nach 2001 allgegenwärtig – manche intellektuellen Beobachter sprachen daher vom Antiamerikanismus als „master narrative of the age“ (Tony Judt) oder erklärten das noch junge 21. Jahrhundert gar zum „anti-American century“ (Krastev/McPherson).

So weit würde ich nicht gehen. Die Kritik an den USA war teilweise durchaus berechtigt und auch Präsident Bush bot sich aufgrund seiner Politik und seines Habitus als ideales Feindbild an. Aber vielfach ging die weit verbreitete USA-Schelte nach 9/11 über eine sachliche Kritik an der US-Politik hinaus. Sie war oft nur ein Vorwand für ohnehin vorhandene Vorurteile und auch nicht immer frei vom Dünkel der moralischen Überlegenheit. Immer wieder wurden antiamerikanische Ressentiments aktiviert, wobei man sich – je nach politischer Sozialisation und Generation – aus dem historischen Fundus des Antiamerikanismus (der in Deutschland bekanntlich eine lange Tradition hat) bediente.

Eine klare Trennlinie zwischen einem Antiamerikanismus „rechter“ und „linker“ Provenienz lässt sich kaum mehr ziehen, wie etwa die verbreitete Globalisierungskritik im Kontext von 9/11 gezeigt hat.


Abgrenzung durch kulturelle Ressentiments

Mit der Wahl Barack Obamas und seiner geradezu euphorischen Aufnahme in Deutschland schien das (kurze) antiamerikanische Jahrzehnt sein Ende gefunden zu haben. Der intellektuelle Obama entsprach ganz den europäischen Vorstellungen und wurde deshalb als „un-amerikanisch“ geliebt. Doch lang ließ die Enttäuschung nicht auf sich warten.

Mittlerweile verlagert sich das antiamerikanische Ressentiment wieder stärker auf die kulturelle Ebene und findet seine Nahrung an Nebenfronten, etwa in der Affäre Strauss-Kahn, als das konsequente Verfolgen des Vergewaltigungsvorwurfs als übertriebene, typisch amerikanische Prüderie und Political Correctness angeprangert wurde. Die „Sorge“, dem Antiamerikanismus könnte einmal der Stoff ausgehen, ist jedenfalls unbegründet. Ein gewisses Maß davon gehört – allein schon zum Zwecke der Abgrenzung – zum Bestandteil unserer Kultur. Wie die Geschichte zeigt, ist er überaus anpassungsfähig und wird auch künftig seine zeitgemäßen Konjunkturen erleben.


Am Institut für Zeitgeschichte an der Universität Wien leitet Margit Reiter das Projekt “Perzeption von ‘Amerika’ in Deutschland und Österreich seit dem 11.September 2001”. Zu ihren Forschungsschwerpunkte zählen unter anderem die NS-Vergangenheitspolitik, linker Antisemitismus und Israelkritik. Reiter ist Mitherausgeberin und Co-Autorin des zum zehnten Jahrestag von 9/11 erschienen Buches: “Europa und der 11. September 2011”.




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14.09.2011 00:15 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Das verlorene Jahrzehnt Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

14.09.2011, 12:47 Uhr | Ein Kommentar von Dirk Emmerich


9/11 war eine Zeitenwende. Für Amerika und für die Welt. Die USA wurden bis ins Mark getroffen, so hart und so unvorstellbar wie nur möglich. Die Folgen sind bis heute spürbar, vielleicht sogar heute erst richtig. Die Dekade nach 9/11 war für Amerika ein verlorenes Jahrzehnt.

Die Reaktion auf den Angriff strotzte vor Selbstbewusstsein, sie war hart und unmissverständlich. Präsident Bush rief zur Vergeltung auf. Nicht nur die Terroristen, sondern auch die Staaten, die hinter ihnen vermutet wurden, sollten bestraft werden. Bush tat das mit dem Selbstverständnis der einzig verbliebenen Supermacht nach dem Ende des Kalten Krieges. Nicht mehr der Kommunismus, sondern der islamistische Extremismus werde fortan der Hauptgegner sein.


Amerika hebt sich einen Bruch

Diese Vorstellung erwies sich als Missverständnis. Der kurze Moment einer Welt mit Amerika als einzigem Machtzentrum hat sich schnell wieder verflüchtigt. Amerika hat das zunächst nicht wahrgenommen, tut sich noch immer schwer damit und hat sich letztlich verhoben – militärisch, politisch und wirtschaftlich.

Die beiden Kriege in Afghanistan und im Irak forderten bislang über 250.000 Todesopfer und sind noch immer nicht gewonnen. Die Region ist so instabil wie damals vor zehn Jahren. Und schlimmer noch: In Afghanistan stehen die Taliban vor der Rückkehr an die Macht. Die Spur von Osama bin Laden verlor sich ohnehin noch 2001 in den Bergen von Tora Bora und konnte erst knapp zehn Jahre nach den Anschlägen wiederaufgenommen werden – in Pakistan, einem vermeintlichen Verbündeten im Kampf gegen den Terror.

Und al-Qaida? Die Terrororganisation ist zwar geschwächt, hat ihre Strategie aber längst angepasst. Die Angst vor neuen Terroranschlägen bleibt allgegenwärtig. Die US-Sicherheitsbehörden haben in dieser Woche alle Amerikaner aufgefordert, Flugreisen rund um den zehnten Jahrestag zu vermeiden.

Das Ansehen Amerikas in der Welt hat durch die Kriege und den Antiterror-Kampf gelitten, auch weil das Land dabei ist, seine eigenen Werte zu verraten. Homeland Security, immer neue Sicherheitsvorschriften und Einschränkung persönlicher Grundrechte als Maßnahmen im Inland … Guantanamo, geheime Gefängnisse, gezielte Tötungen im Ausland … Das alles passt nicht zu den das amerikanische Image lange prägenden Grundsätzen wie Freiheit, Gleichheit und Aufstiegschancen für jedermann.

Barack Obama hat zu Recht den Weg seines Vorgängers als Irrtum gebrandmarkt: „Die Reaktion von Präsident Bush auf die Anschläge hat Amerika kompromittiert, die Wirtschaft untergraben und seine Sicherheit geschwächt.“

Doch längst weiß er, wie schwer es ist, die einmal in Gang gesetzte Maschinerie zu stoppen und umzukehren. Guantanamo und gezielte Tötungen gibt es immer noch. Die geheime Kommandoaktion gegen Osama bin Laden in Abbottabad genehmigte und beaufsichtigte er aus dem Weißen Haus.
Erschöpft und müde

Amerika wirkt zum Jahrestag von 9/11 erschöpft und müde. Die finanziellen Ausgaben haben zu einer Verschuldung geführt, die alle Maßstäbe sprengt. China, die aufstrebende Macht und zugleich größter Konkurrent um die wirtschaftliche Vorherrschaft, ist inzwischen größter Gläubiger der USA. Ohne Peking hätte Amerika schon 2008 während der Lehman-Krise einen Kollaps erlitten.

Amerika hat an Macht und Einfluss verloren in den zehn Jahren danach. Die Zeit, in der Washington fast alleine bestimmen konnte, ist vorbei. Das ist vielleicht die entscheidende Veränderung seit 9/11. Das wird so bleiben.


Dirk Emmerich ist seit 1992 beim Fernsehen. Dabei war er lange Jahre für n-tv in Russland. 2000 wurde er Chef vom Dienst in Berlin, 2003 und 2004 war er Sonderkorrespondent während der Umbrüche in Georgien und der Ukraine. 2007 bis 2011 war Emmerich Leiter der Politikredaktion im RTL-Hauptstadtstudio, seit April 2011 ist er Internationaler Korrespondent. Emmerich lebt in Washington, DC.




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14.09.2011 18:32 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Schön formuliert! Es wäre kaum noch was hinzu zu fügen... Außer vielleicht:

Ich möchte US-amerikanische Western-Mentalität nicht ersetzt haben durch chinesisches Plastikspielzeug, das zuhause schon mal auf Studenten schiesst...

Geht das Machtgerangel nicht auch irgendwie mit Vernunft und Menschlichkeit? Ja, geht: Linux!

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15.09.2011 02:14 Email an nettman42 senden Homepage von nettman42 Beiträge von nettman42 suchen
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Ja, das wird bei all der Euphorie leider vergessen.
Aber gehört das denn nicht der Vergangenheit an?

Ich hoffe jedenfalls !

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15.09.2011 08:42 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
nettman42
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Zitat:
Original von wassermann11
Ja, das wird bei all der Euphorie leider vergessen.
Aber gehört das denn nicht der Vergangenheit an?
...

Jein.

Es wird zwar nicht mehr intern für die Welt sichtbar geschossen. Aber es ist noch immer eine zentralistische Diktatur! Sie kümmert sich einen Dreck um Umweltschutz oder Menschenrechte kleiner Bauern. Hauptsache billig produzieren. Das ist quasi DDR 2.0 in XXL! Deswegen haben sie jetzt Geld und werden aktuell sogar von Italien angebettelt...

Pessimisten lernen jetzt Chinesisch! großes Grinsen

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16.09.2011 03:01 Email an nettman42 senden Homepage von nettman42 Beiträge von nettman42 suchen
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Daumen hoch! Deutsche Israelpolitik ist ein Hindernis für den Frieden Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

16.09.2011, 14:23 Uhr | Ein Kommentar von Abdel Mottaleb El Husseini


Außenminister Guido Westerwelle mit Israels Staatspräsident Schimon Peres

Es ist richtig und ein Musterbeispiel, dass das demokratische Deutschland die Lehren aus dem Holocaust gezogen hat und eine besondere Verantwortung für seine jüdischen Opfer trägt. Dies verpflichtet alle Menschen, auch die Araber, gegen jede Form vom Antisemitismus, Rassismus und Unrecht zu kämpfen.

Was man jedoch an der deutschen Israelpolitik besonders im vergangenen Jahrzehnt kritisieren muss, sind Irrationalität, Einseitigkeit und Ungerechtigkeit gegenüber den Palästinensern. Das größte Problem besteht darin, dass sie sich auf einer verzerrten Wahrnehmung des Wesens des israelischen Staates gründen. Israel ist der Schuldkomplex der Deutschen, das Land bleibt konstant in der Rolle des Verfolgten und Bedrohten. Deshalb muss die Israel-Debatte die Frage stellen, ob die deutsche Israelpolitik einen gerechten und dauerhaften Frieden im Nahen Osten fördert oder verhindert.


Das Existenzrecht Israels steht außer Frage

Zwischen dem idealisierten Israel in den deutschen Köpfen und dem real existierenden israelischen Staat – der aufgrund einer national-religiösen Ideologie und im Zuge der britischen Kolonialexpansion entstanden ist – gibt es einen großen Unterschied. Israel verfolgt seit seiner Entstehung eine expansive Politik, die auf militärische Überlegenheit und Stärke in seinem Verhältnis zu den Palästinensern und zu seinen arabischen Nachbarn setzt.

Die Rechtfertigung dieser Politik mit einer Bedrohung des Existenzrechts Israels durch die arabischen Länder ist schon lange überholt. Israel ist nicht nur die stärkste militärische, sondern auch die einzige atomare Macht in der Region. Es hat mit Ägypten und Jordanien Friedensverträge unterzeichnet und wurde von der PLO anerkannt. Zudem bietet die arabische Friedensinitiative, die 2002 auf der arabischen Gipfelkonferenz in Beirut verabschiedet wurde, dem israelischen Staat die völlige diplomatische Anerkennung und Normalisierung an, wenn er die Besatzung Westjordaniens und Gazas beendet und die Entstehung eines palästinensischen Staates auf Basis der UN-Resolutionen akzeptiert.

Statt Israel zur Raison zu bringen, werden die eklatanten Menschenrechtsverletzungen heruntergespielt und uneingeschränkt akzeptiert. Sowohl die deutsche Politik als auch die Medien, vor allem die öffentlich-rechtlichen, übernehmen die israelische Sicht buchstäblich. So hören und lesen die Menschen Begriffe wie "gezielte Tötung" zur Bezeichnung der Ermordung palästinensischer Aktivisten, das Recht auf "Selbstverteidigung" als Begründung für die Kriege in Libanon 2006 und in Gaza Ende 2008. Und die israelische Mauer, die die palästinensischen Gebiete zerschneidet, heißt im deutschen Jargon "Schutzwall"!
Einseitige Parteinahme

Die einseitige deutsche Unterstützung ist unabhängig von der jeweiligen Farbe der Regierung in Jerusalem. So wird auch die jetzige ultrarechte Regierungskoalition uneingeschränkt anerkannt. Auf der anderen Seite wird die Hamas-Regierung in Gaza, die ebenfalls demokratisch gewählt wurde, boykottiert.

Im Endeffekt dient die absolute deutsche Parteinahme für Israel weder dem Frieden noch der politischen Stabilität in der Region. Das gerne geglaubte und verbreitete Märchen von der deutschen Beliebtheit in der arabischen Welt gehört schon lange der Vergangenheit an. Eine ausgewogene deutsche Nahostpolitik, die die Realitäten des 21. Jahrhunderts in der Region und vor allem den arabischen demokratischen Umbruch beachtet, ist fällig.

Israel muss von der internationalen Gemeinschaft gezwungen werden, die Entstehung eines palästinensischen Staates im Rahmen eines gerechten Friedens zu akzeptieren. Dies würde auch der deutschen Staatsraison dienen.


Abdel Mottaleb El Husseini ist Journalist und Publizist beschäftigt sich mit der politischen Landschaft der arabischen Welt und den Beziehungen der Golfstaaten zum Westen. Seine Texte sind unter anderem erschienen in der Frankfurter Rundschau, im Handelsblatt, bei taz, NZZ, Focus, N24, n-tv, WDR, ZDF und der Deutschen Welle. Husseini wurde 1949 im Libanon geboren.




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16.09.2011 16:12 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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17.09.2011, 14:11 Uhr | Ein Kommentar von Stefan Winkler

Die Rebellen haben in Libyen über Gaddafi triumphiert


Der Regimewechsel in Libyen ist de facto vollzogen – die Ära Gaddafi ist zu Ende. Obwohl der Umbruch langwierig und blutig war, gilt bei diesem Staat ganz besonders: Der schwierigere Teil steht noch bevor. Warum das so ist, liegt am System Gaddafi, der Libyen unter dem Deckmantel eines von den Massen regierten Landes in ein totalitäres Staatswesen verwandelt hatte, das seine Bürger bis ins letzte Detail kontrollierte und weitgehend isoliert von der Außenwelt war.

Über das Innenleben der "Großen Sozialistischen Libysch-Arabischen Volks-Dschamahiriyya" – so der offizielle aus einem (von "Dschamahir" – die Massen – abgeleiteten) Kunstwort gebildete Titel – wusste man wenig oder wollte wenig wissen.


Im bizarren Reich eines Despoten

Neben den Terroranschlägen auf die Diskothek La Belle in Berlin 1986 und auf den Pan-Am-Flug über Lockerbie 1988 brachten nur die bizarren Auftritte und Aussagen des Despoten Libyen ins Licht der Öffentlichkeit. Doch über die Berichte von amnesty international und andere seriöse Quellen konnte man sich seit Jahren über die Realitäten im Gaddafi-Staat informieren. Gipfel der Verschleierung: Gaddafi selbst hatte seit 1979 kein offizielles Regierungsamt mehr inne und nannte sich Revolutionsführer.

Die Grundzüge seiner politischen Philosophie, der sogenannten "Dritten Universaltheorie" – neben Kapitalismus und Kommunismus – schrieb er in seinem "Grünen Buch" nieder. Statt eines Parlaments gab es den Allgemeinen Volkskongress, gebildet aus Mitgliedern der Basis-Volkskongresse. Statt Ministerien gab es Sekretäre des Allgemeinen Volkskomitees und statt Botschaften Volksbüros. Parteien waren nicht erlaubt. Das Volkskomitee und der Volkskongress wurden jeweils von einem Generalsekretär angeführt, in Wirklichkeit jedoch lag die Macht in den Händen der 1977 gebildeten Revolutionskomitees, einer Parallelstruktur, die nur dem Revolutionsführer untergeordnet waren.

Der prominente libanesische schiitische Geistliche Imam Musa Sadr "verschwand" 1978 auf einer Reise nach Libyen, ebenso wie 1993 der ehemalige libysche Außenminister Mansur Kikhiya in Kairo. Kikhiya hatte sich 1980 vom Regime losgesagt und sich in seinem Londoner Exil für die Opposition engagiert. Untersuchungen zu seinem Schicksal liefen ins Leere. Kikhiya und Sadr waren nur zwei Fälle unter vielen – aber bald in der öffentlichen Wahrnehmung vergessen. Das "Verschwindenlassen" von missliebigen Personen, Inhaftierungen ohne Gerichtsverfahren oder Anklage (zum Teil für 10, 15 Jahre), waren an der Tagesordnung. Gaddafi rief einmal öffentlich dazu auf, Regimegegner, die er "streunende Hunde" nannte, im Ausland zu liquidieren. Hinrichtungen wurden zum Teil öffentlich in Sportstadien durchgeführt und im Fernsehen übertragen.


Herausforderung Aufarbeitung

Selbst in Deutschland kam es zu Verbrechen: 1982 wurden in der libyschen Botschafter-Residenz oppositionelle Studenten gefoltert, die beteiligten Personen wurden später ausgewiesen.

Die Aufarbeitung dieses Unrechts und der Aufbau eines Rechtsstaates und von zivilgesellschaftlichen Strukturen in einem Land, in dem 80 Prozent nur Gaddafi als Führer kennen, wird gewaltiger Anstrengungen bedürfen, dazu benötigt Libyen Hilfe. Hier sind die EU und ihre Mitgliedstaaten gefragt, denn schon aus eigenem Interesse ist ein stabiles Libyen für Europa wichtig. Ägypten und Tunesien werden ebenfalls eine entscheidende Rolle spielen. Auch ist eine zügige Einbindung in die Strukturen der euro-mediterranen Partnerschaft erforderlich, an der Libyen nie teilnahm. Das wird zur dringend notwendigen Öffnung des Landes beitragen.


Der Islamwissenschaftler Stefan Winkler arbeitet seit 2004 für das Goethe-Institut und koordiniert seit 2009 das deutsche Netzwerk der Euro-mediterranen Anna-Lindh-Stiftung für den Dialog der Kulturen. Sein Arbeitsschwerpunkt ist “Kultur und Entwicklung”, seine Interessen sind Kultur, Kulturpolitik und aktuelle Diskurse der arabischen Länder.




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17.09.2011 18:28 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Brot für Palästina Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

18.09.2011, 12:26 Uhr | Ein Kommentar von Gerhard Fulda

Lässt der Westen Palästina im Nahost-Konflikt im Stich?


In einem Brief an Bundeskanzlerin Merkel und Außenminister Westerwelle haben es 32 ehemalige Botschafter als ein "Gebot der Menschlichkeit" bezeichnet, für die Aufnahme Palästinas in die Vereinten Nationen einzutreten. Kein anderer Satz ihres Briefes an die Bundeskanzlerin und an den Außenminister ist so oft zitiert worden.

Die Formulierung ist ein Vorwurf. Der Satz, anders gewendet, besagt, die Bundesregierung trage mit ihrer Politik dazu bei, unmenschliche Zustände in den besetzten Gebieten aufrechtzuerhalten. Wir alle wissen: In den besetzten Gebieten geschieht Unrecht, systematisch und andauernd – willkürliche Verhaftung, Häuserzerstörung, Enteignung, Bombardierung, Krieg als politisches Instrument, permanente Demütigung eines ganzen Volkes, jetzt in der zweiten Generation.


Netanjahu will einen palästinensischen Staat verhindern

Wie kann man behaupten, Netanjahu sei ohne Vorbedingungen bereit zu Verhandlungen, wenn dieser darauf beharrt, weiterhin Siedlungsbauten im Westjordanland genehmigen zu wollen? Wenn Jerusalem nicht Gegenstand der Verhandlungen werden darf? Wenn von den Palästinensern verlangt wird, als Vorleistung den "jüdischen Staat Israel" anzuerkennen (obwohl in letzter Zeit beunruhigende, israelische Araber diskriminierende Gesetze verabschiedet worden sind)?

Wir kommen nicht um die Erkenntnis herum, dass die gegenwärtige Regierung Israels einen Staat Palästina verhindern will. Das Ergebnis der Abstimmung in New York könnte den Menschen in Israel deutlich machen, dass sie die falsche Regierung gewählt haben.

Netanjahu setzt alle Hebel in Bewegung, die Abstimmung in den Vereinten Nationen als Schritt ins Chaos zu diskreditieren. In Wirklichkeit hat er als unmittelbare Sorge den Internationalen Strafgerichtshof im Blick. Ein "Staat" Palästina könnte in Den Haag Strafverfahren gegen israelische Politiker und Militärs anstrengen. Warum hat Israel Angst davor, wenn es so sicher ist, sich immer nur im Rahmen des Völkerrechts bewegt zu haben?


Auch ein anerkanntes Palästina wird verhandeln

Palästina sei nicht reif für die Unabhängigkeit; noch fehle die erforderliche staatliche Infrastruktur – so lautet ein wiederum unhaltbares Argument. Genau das Gegenteil wurde der palästinensischen Autonomiebehörde gerade von der Weltbank und vom Internationalen Währungsfonds bescheinigt.

Die Palästinenser haben selbst hervorgehoben, dass sie natürlich mit Israel verhandeln müssen und wollen, auch nach einer Aufnahme in die Vereinten Nationen. Sie würden es dann – ein bisschen – leichter haben: Die Grenzen von vor 1967 wären die (immer noch verhandelbare) Ausgangslage. Und für das Ziel "eigener Staat" brauchten sie in den Verhandlungen keine besonderen Zugeständnisse zu machen. Die großen Themen: Terrorismus, Sicherheit, Jerusalem, Flüchtlinge, Wasser, dies alles kann gar nicht anders als in Verhandlungen gelöst werden. Das wissen die Palästinenser, und sie sagen es auch. Auch die engagierten Vertreter israelischer Interessen sollten deshalb aufhören, ihre Nachbarn als verhandlungsunwillig zu verunglimpfen.

Um es in einem Bild zu sagen: Am Tisch sitzen zwei Männer und wollen verhandeln, wer das auf dem Tisch liegende Brot essen darf. Nach jedem Satz greift der Satte hin und beißt kräftig ab. Schließlich verzweifelt der Hungrige – zu schwach, um sich dem Verschwinden des Brotes entgegenzustellen. Er will diese Ungerechtigkeit in die Welt hinausschreien – er will gehört werden. In diesem Moment treten unsere Bundeskanzlerin und die amerikanische Außenministerin heran mit der Mahnung, der um Hilfe Rufende solle erst einmal anfangen zu verhandeln!


Der ehemalige Botschafter Gerhard Fulda hat 12 Jahre lang in arabischen bzw. islamischen Ländern gelebt, zuletzt bis 2004 als deutscher Botschafter in Indonesien. Seit 2005 betreibt er die IZNIK GALERIE BERLIN für alte islamische Kunst. Fulda ist zudem Mitglied im Vorstand der Deutsch-Arabischen Gesellschaft DAG. Seine lebhafte Vortragstätigkeit konzentriert sich sowohl auf kunst- und kulturhistorische als auch auf aktuelle politische Themen im Zusammenhang mit dem Nahen Osten.




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18.09.2011 13:09 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Klaus W. und die Wilde 15 Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

20.09.2011, 11:15 Uhr | Von Martin Eiermann


Können Sie sich an die Situation bei der Einschulung erinnern, am Anfang des ersten Semesters, bei der ersten Vorstellungsrunde mit den lieben Kollegen? Wer sich gleich zu Anfang als Klassenclown versucht, wird dieses Image auch so schnell nicht wieder loswerden. Der Streber bleibt der Streber, der Nerd bleibt Nerd, und wer seine Mütze nicht auszieht, ist wahrscheinlich sowieso zu cool für tiefgründige Unterhaltungen. Erster Eindruck und so.

Ein wenig beschreibt das die verdatterten Reaktionen auf den sonntägigen Wahlerfolg der Piratenpartei in Berlin. "Noch vor wenigen Monaten war der 33-Jährige völlig unbekannt", schreibt "Spiegel Online" über den Spitzenkandidaten der Berliner Piraten, Andreas Baum. Und plötzlich steht der junge Mann vor der Kamera und erklärt den Vertretern der

Nie sahen die Grünen so bürgerlich-gesetzt aus wie dort, neben den jungen, dynamischen, basisdemokratischen … ja, neben wem eigentlich? Die erste Aufgabe der Medien war es ab den 18-Uhr-Hochrechnungen am Sonntagabend, das "Phänomen Piratenpartei" zu erklären. Wer ist das eigentlich? Und wo zur Hölle kommen die neun Prozent her?

Die mediale Schnitzeljagd kann beginnen.


Hot or not?

Die Piraten seien eine "inhaltsleere Partei", eine "Form der Protestwahl", hatte der Berliner SPD-Chef Michael Müller mit steifer Oberlippe vor der Wahl verlauten lassen. Aber der muss das ja sagen, immerhin waren die Piraten zur ernsthaften Gefahr für die Wunschoption Rot-Grün geworden. Der "Spiegel" versucht es daher mit vorsichtiger Sympathie. Die Piraten seien ein "völlig neues Phänomen", parlamentarische Neulinge, "14 Männer und eine Frau, viele unter 30 Jahre alt und mit naturwissenschaftlichem Studium". Es gehe ihnen vor allem um die Öffnung verkrusteter Strukturen, und auf die Arbeit im Abgeordnetenhaus habe man sich auch schon eingestellt. "Verwaltungs-Klein-Klein" eben, ein Experte habe das erklärt.

Zugegeben: Die Partei hat es einem nicht immer einfach gemacht, in ihr eine seriöse politische Kraft zu sehen. Spitzenkandidat Andreas Baum hat sich zwar tapfer durch sein RBB-Kandidateninterview gestottert, dem Image seiner Partei dabei allerdings nicht unbedingt einen Dienst getan. Der Bundesverband hat sich mit internen Rangeleien beschäftigt, anstatt die netzpolitische Agenda mit zu gestalten. Und auch die Fotos der 15 Listenplatz-Piraten versprühen noch eher den amateurhaften Charme der außerparlamentarischen Opposition. Piraten? Das sind doch die mit den langen Haaren und kruden Vorschlägen.

Genauso wie bei den Klassentreffen und Antrittsvorlesungen und ersten Arbeitstagen ist der erste Eindruck wahrscheinlich der beständigste. Millionen von Deutschen - wahrscheinlich sogar eine Million Berliner - haben eigentlich gar keine Ahnung, wer denn da plötzlich in den Abgeordnetensesseln Platz nimmt und die Hauptstadt mitregieren soll. Gerade jetzt ist also die Zeit, in der solche Beschreibungen immens wichtig sind - die Zeit, in der sich beim Souverän neben dem Bild der neuen Partei auch die Erwartungshaltung verfestigt.


Ehre, wem Ehre gebührt

Die Hauptaufgabe der Piraten wird es in den kommenden Wochen und Monaten sein, offene Kritik in konstruktive, progressive Politik umzumünzen. Und die Aufgabe der Medien ist es, diesen Prozess auch journalistisch zu begleiten, ohne dabei in die immer gleichen Kerben zu hauen. Viel deutet darauf hin, dass die Piraten momentan selber noch gar nicht genau wissen, wie denn mit dem plötzlichen Erfolg umzugehen sei, und wohin man denn jetzt eigentlich wolle. Warum sollten es die Medien besser wissen?

Das ist neben dem Vorsprung an Wählerstimmen der zweite Vorteil der Piraten gegenüber der FDP: Sie sind ein relativ unbeschriebenes Blatt. Die Liberalen haben die Imagewende versucht und sich dabei die Karre erst richtig in den Graben gelenkt. Dafür gibt es zu Recht Kritik, Spott, Hohn et cetera. Und das alles unter der wichtigen Prämisse, dass die FDP aller Bedeutungslosigkeit zum Trotz weiterhin zum Kanon der ernsthaften politischen Parteien gehört und dementsprechend von den Medien behandelt wird.

Über die Partei "Die Partei" können wir angesichts der Absurdität des Ganzen herzlich lachen. Bei der FDP kann man selbst als überzeugter Nicht-FDPler eigentlich nur noch weinen. Und bei den Piraten wissen wir noch gar nicht genau, was denn eigentlich einmal werden kann aus dem Potenzial der vielen Stimmen und mutigen Ideen. Transparenz oder Trallala, beides ist drin.

Eiermann, Martin: Der gebürtige Mainzer ist Leitender Redakteur bei "The European". Martin Eiermann studierte von 2006 bis 2010 Geschichte und politische Philosophie an der Harvard-Universität. Er schrieb unter anderem für "The European", "Cicero Online" und die Bundeszentrale für politische Bildung.



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20.09.2011 16:47 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Oh Gott, die Piraten kommen Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

21.09.2011, 14:26 Uhr | Von Alexander Görlach

Der Papst wird im Bundestag sprechen


Im Moment ist die Frage, was schlimmer ist: Der Papst, der vor dem Bundestag spricht oder die Piraten, die künftig im Berliner Abgeordnetenhaus das Wort an sich ziehen dürfen werden? Die Hauptstadt kennt im Moment nur diese beiden Themen: Darf so was wie der Papst überhaupt vor dem Hohen Haus, dem Parlament sprechen? Und: Wohin geht die Politik in Deutschland, wenn so was wie die Piraten am öffentlichen Gerät alimentiert ihre Ein-Themen-und-Spaß-Partei beatmen lassen können?

Also arbeiten wir uns an diesen beiden Themen ab. Wir? Pluralis modestiae versteht sich, nicht majestatis. Das wird noch einmal entscheidend werden. Also gut: Der Papst. Der Spiegel (dessen wöchentliche Kritik eigentlich meinem geschätzten Kollegen Martin Eiermann obliegt) titelt diese Woche "Der Unbelehrbare" und spannt damit den Bogen zum Unfehlbaren. Der Papst ist nicht als solcher und insoweit unfehlbar als er seine persönlichen Meinungen und Wünsche kundtut ("Wir entscheiden: Ab morgen ist das Wasser grün"), sondern in der Weise, wenn er mit der Kirche, in ihrer Tradition und der kollegialen Verbundenheit mit dem höchsten Gremium in der Kirche, dem Konzil, eine Glaubenswahrheit verkündet.


Großes und erhabenes Spaghetti-Monster

Deswegen sagt er dann "wir", weil es ja nicht um ihn alleine geht. Der Papst ist, übrigens anders als der hierzulande so beklatschte Dalai Lama, keine Emanation des Göttlichen. Der Papst wird bisweilen genannt "Statthalter Christi" oder "Stellvertreter Gottes". Beide Bezeichnungen weisen deutlich darauf hin, dass er der Platzhalter, die Erinnerung an Gott in der Welt wach hält und sich nicht selber für Gott oder gar göttlich hält.

Nun kommt Benedikt XVI. auf Einladung in den Deutschen Bundestag. Alltagsgeschäft für den Pontifex. Vor den Vereinten Nationen war er, wie sein Vorgänger auch schon. Dort sind ja nun weiß Gott/Allah/Krischna/Jahwe/Spaghettimonster mehr Religionen vertreten als in unserem Parlament. Von einer ähnlichen Erregung ob der Ansprache des Bischofs von Rom ist nichts überliefert, von einer rhetorischen Aufmunitionierung, dass in New York die Trennung von Kirche und Staat aufgehoben worden wäre, war nichts zu hören. Und das auf dem Boden eines Landes, in dem man sich aus lauter religiöser PC-igkeit nicht "Frohe Weihnachten", sondern "Frohe Feiertage" wünscht.


Deutschland annektieren!

Wladimir Putin hat auch vor dem Bundestag gesprochen. Oh my God! Hat er Berlin damit für Russland als Territorium reklamiert. Genau. Hat er nicht. Wird der Papst morgen im Bundestag stehen und rufen "Gehört alles mir hier"? Ähm, nein. Also ihr peinlichen Jungs und Mädels von der SPD, den Grünen und der Linken: Geht doch heim und nervt nicht. Die Behauptung, Benedikt brächte mit seiner Rede die Grundfesten der freiheitlichen Gesellschaft zum Einsturz, ist grotesk. Vielleicht spricht er ja von der Freiheit. Da kann die FDP sicher was lernen im Hinblick auf ihren ehemaligen Markenkern, den Liberalismus. Und die Mauer-und-Diktatur-Gedächtnis-Partei kann etwas erfahren von dem, was echte Freiheit bedeutet. Vielleicht wollen sie ja deswegen nicht zuhören, weil es für sie unangenehm werden kann.

Und die SPD? Träumt von rot-grün, so bald wie möglich, vielleicht noch in diesem Jahr. Diesen Traum wird ihnen nicht der Papst nehmen, sondern die Piratenpartei. Die Spontis sind weiter gewandert, weg von den Grünen und den Sozialdemokraten. Bei den Piraten entsteht, das sehen Wahlforscher so, ein neues Milieu, eine eigene Gruppe mit einem eigenen Lebensgefühl, ein neuer Weg. So hieß das Christentum in seinen Anfängen auch einmal: Neuer Weg. Es geht hierbei nicht darum, dass die Piraten nur das Thema Internet hätten, sondern dass mit dem Internet ein umfassender Wandel des Lebens einer bestimmten Gruppe einhergegangen ist, der so viele eigene Merkmale in sich bindet, dass von einem neuen "wir" die Rede ist. Zu "wir“ siehe oben.


Zottelig und angeranzt

Also: Diese neue Bewegung hat bei der letzten Bundestagswahl knapp zwei Prozent gemacht. Wenn sie bei der nächsten Wahl drei oder vier Prozent holen, woher kommen die Stimmen dann? Richtig: Von SPD und von den Grünen. Dann war’s das mit der Traum-Koalition, der Neuauflage von 1998 unter der Ägide von Agenda2010-Politikern. Not lehrt beten. Vielleicht gehen die Abgeordneten dieser beiden Fraktionen dann nach der Rede mit dem Heiligen Vater noch mal auf einen Abstecher in die Kapelle des Bundestages, um übernatürlichen Beistand zu erflehen. Von den Linken kommt bestimmt keiner mit, aber ohne die wird es dann nicht gehen, wenn es für Öko-Sozial nicht reicht.

Die Piraten und der Heilige Vater, sie haben doch mehr gemeinsam, als sich beide Seiten auf den ersten Blick zutrauen. Bei beiden wird es laut im Raum, wenn sie sagen „wir“. „Religion privatisieren“ war eine der Forderungen auf den Wahlplakaten der Piraten. Immerhin Ihr Piraten: Der Stifter der Kirche, Jesus Christus, hatte auch lange zottelige Haare. Und ein Sponti soll er bisweilen auch gewesen sein.


Alexander Görlach ist Herausgeber und Chefredakteur von The European. Zuvor war Görlach der Online-Redaktionsleiter des Magazins Cicero und Chefredakteur der BMW-Initiative Club of Pioneers. Seine journalistischen Stationen führten ihn nach New York, London und Rom. Görlach war sieben Jahre lang für das ZDF tätig. Als freier Autor hat Görlach für die FAZ, die Süddeutsche Zeitung und Die Welt geschrieben. Unter anderem war er Pressesprecher der Stiftung des Profifußballers Christoph Metzelder. Der 1976 geborene Journalist ist promovierter Theologe und promovierter Germanist.



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22.09.2011 11:25 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Papst mit Schüssen begrüßt! Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

Salut-Böller statt Ave Maria - wer genau hinsieht und -hört, erkennt die Perversion der eigentlichen Grundidee des Christentums durch die große Sekte mit eigenem Staat Vatikan...

Hanni, Nanni und Manni, drei junge Christen, pilgern denn zur Predigt ins Berliner Olympiastadion, das vorsichtshalber mit Pilgern aus Polen aufgefüllt wird, damit nicht zu offensichtlich wird, dass immer mehr Sektenmitglieder die Schnauze voll davon haben, wie pompös der heilige Pappa ante portas auch Steuergelder der Ungläubigen verprasst und zu wenig dagegen unternimmt, dass Kinder in kirchlichen Einrichtungen missbraucht werden. Dabei hatten sie schon bei "Switch" erkannt, dass der Unterschied der Kirche zu einer Sekte nur darin besteht, dass nicht der Oberguru selbst die Kinder unsittlich berührt, sondern der Pastor...

Benedikt Ratzefummel ist davon offenbar wenig berührt: Zwar heuchelt er Verständnis, wenn sich Gläubige wegen der zahlreichen Fälle von Kindesmissbrauch von der Kirche abwenden, aber er fordert dennoch dazu auf, dies nicht zu tun. Als Begründung labert er von der Kanzel im Bundestag was von "Wahrheit" (die von der unbefleckten Empfängnis etwa??) und drückt sich sogar um eine Entschuldigung für die Verfehlungen des im Zölibat lebenden Bodenpersonals des Herrn.

"Die Politik soll nicht nach Geld streben!" predigt der Papst noch. Derweil schreiben seine Anwälte schon eifrig Abmahnungen an Wirte, die anlässlich seines Besuchs "Papstbier" ausschenken...

Heiliger Bimbam - Amen!

nettman42 ist getaufter Freiberufler und freier Journalist im Piazza-Forum.

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22.09.2011 19:52 Email an nettman42 senden Homepage von nettman42 Beiträge von nettman42 suchen
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ich habe den Kommentar dieser Bundestagsrede unter "aktuell" eingestellt.
Oberflächlich betrachtet, läuft ja alles bestens ... naja, mit ein paar netten Hinweisen und Eingeständnissen, soweit des dem Papst denn möglich war.

Da ist man ja schon fast wieder versöhnt und viele Gläubige werde sagen: siehste pausbert

Angeprangert wird ja auch, dass der Papst sich gegen Schwule und Lesben verwahrt.
Schon die alten Griechen hatten ihre "Liebesdiener" in Form von gerne auch Jünglingen, in Rom wurden diese Praktiken gerne im Verborgenen übernommen. Der "Sextourismus Rom -> Griechenland" florierte auch eine Zeitlang ... unter dem Vorwand, man sei philosophischer Schüler. Nun denn - die Zeiten haben sich geändert.

Dennoch ist ein Paarungsritual und -Ausführung ja nur zweckmäßig, wenn man sich dabei fortpflanzen kann - und das geht ja nicht bei gleichgeschechtlicher Liebe ... das ist aber ein Naturgesetz, was sich nicht eine Religion auf die Fahne schreiben dürfte.

Ich sag's ja: Spätrömische Dekadenz winkewinke

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22.09.2011 20:02 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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SPD-Troika würde Wowi gern im Dorf lassen Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

22.09.2011, 11:15 Uhr | Christian Böhme für "The European"

Klaus Wowereit strahlt nach seinem Wahlsieg in Berlin


Das ist ein Ergebnis so recht nach Sigmar Gabriels Geschmack. Mit knapp über 28 Prozent zwar die Hürde zur großen Volkspartei gerissen, aber immer noch ausreichend Stimmen, um in Berlin erneut den Regierenden Bürgermeister zu stellen. Ja, die Sozialdemokratie ist wieder wer, lautet die Botschaft nach außen. Kein bemitleidenswerter Haufen mehr wie noch vor zwei Jahren. Die Parteihymne braucht einen neuen Titel: Brüder, zur Sonne, zum Sieg.

Doch die 28 Prozent zaubern dem SPD-Chef noch aus einem ganz anderen Grund ein zufriedenes Lächeln ins Gesicht. Unausgesprochen könnte, ja sollte Klaus Wowereits Abschneiden nämlich den eigenen Genossen nach innen klar signalisieren: Als Anwärter auf die Kanzlerkandidatur ist der Tempelhofer aus dem Rennen. Denn ein Erfolg mit bundespolitischer Ausstrahlung sieht anders aus. Dafür hätte der Wowi schon deutlich über 30 Prozent holen müssen. Schade, Klaus. Hat einfach nicht gereicht.


Wann wir schreiten Seit’ an Seit’

Zum Glück – in dieser Einschätzung wird sich Gabriel mit seinen Troika-Kollegen Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier einig sein. Schließlich sind die Herren überzeugt davon, dass sie allein untereinander ausmachen, wer Angela Merkel spätestens 2013 herausfordern kann. Klar, jeder hält sich selbst für am besten geeignet bei diesem Job. Und der eine sollte dem anderen in dieser Angelegenheit tunlichst nicht über den Weg trauen. Nur lässt man sich das in der Öffentlichkeit kaum anmerken. Der Parteivorsitzende, der Ex-Finanzminister und der Fraktionschef geben die drei Musketiere – alle für einen, einer für alle. Schließlich geht es ums Große und Ganze: das Ende von Schwarz-Gelb. Da darf nichts und vor allem niemand die demonstrativ zur Schau getragene Eintracht stören. Sorry, lieber Klaus, kein Interesse an einer Wowi-Show. Bleib du mal im Roten Rathaus. Das muss reichen.

Aber wird es dem so Ausgeschlossenen tatsächlich reichen? Wenn sich das derzeitige SPD-Führungstrio da mal nicht täuscht. Freund und Feind bescheinigen Wowereit einen ausgeprägten Machtwillen. Noch einmal fünf Jahre als Chef einer kleinen Landesregierung könnte aus seiner Sicht deutlich zu wenig sein. Dann schon lieber Hoffnungsträger. Ein ziemlich populärer zumal. Anders als Gabriel, Steinbrück und Steinmeier verbreitet Wowereit massenkompatiblen Glamour. Auch in der Provinz kennt und schätzt man den Promi. Er wirkt auf die Menschen anziehend. Ein Sympathieträger. Einer, der sich wie Altkanzler Gerhard Schröder aus einfachen Verhältnissen hochgearbeitet hat. Das mögen die Leute. Da fallen mangelnde Inhalte und programmatische Schwächen kaum ins Gewicht. Hauptsache, der macht was her.


Mit uns zieht die neue Zeit

Beliebtheit ist ein Pfund, mit dem Wowereit auch ohne Weiteres parteiintern wuchern könnte. Immerhin soll der SPD-Kanzlerkandidat per Mitgliedervotum bestimmt werden. Die Basis hat also das Sagen. Das könnte den Hauptstadtgenossen animieren, am Willen der dreiköpfigen Führungsmannschaft vorbei in den Ring zu steigen. Schwergewichte sind sie zwar alle, doch im leichtfüßigen, selbstbewussten Austänzeln hat der Berliner den anderen womöglich einiges voraus. Mal abwarten, wer letztendlich am Boden liegt und wer siegreich die Faust ballt.

An Unterstützung mangelt es Wowereit jedenfalls nicht. Gerade der linke Parteiflügel würde auf den 57-Jährigen setzen, weil er einer von ihnen ist. Und weil mit seiner Hilfe der unbeliebte Peer Steinbrück verhindert werden könnte. Der ehemalige Bundesschatzmeister gilt vielen nach wie vor als Agenda-2010-Buhmann, als Verräter an der sozialdemokratischen Sache. Und als einer, der sein Ding durchzieht, sich um Partei-Befindlichkeiten herzlich wenig schert. Ein rotes Tuch für die Roten. Also lieber Wowi gegen Steinbrück in Stellung bringen. Selbst auf die Gefahr hin, dass am Schluss keiner von beiden antritt und Steinmeier als Kompromisskandidat erneut ins Rennen gegen Merkel geschickt wird. Mit ihm könnten Linke wie Rechte ihren Frieden machen. Ober-Sozi Gabriel wiederum würde für sich zusätzlich den Fraktionsvorsitz sichern. Das garantiert ein Höchstmaß an Einfluss.

Und Wowereit? Der bliebe bei dieser Konstellation vermutlich Berlin verbunden, vorerst. Denn falls es 2013 für Rot-Grün im Bund reichen sollte, wären ja einige Pöstchen zu vergeben. Minister – das hätte nach dann zwölf Jahren Regierender Bürgermeister durchaus Charme. Eine neue Herausforderung, bis die nächste vielleicht wartet: 2017 Kanzlerkandidat der SPD. Und falls daraus nichts wird, hätte der Mann mit einem Hang fürs Mondäne wenigstens endlich Zeit, sein Handicap beim Golfen zu verbessern. Wenn das keine Aussichten sind.


Christian Böhme ist Chefredakteur der Jüdischen Allgemeinen Wochenzeitung. Der Journalist arbeitete acht Jahre lang beim Tagesspiegel. Dann bekam Böhme das Angebot, stellvertretender Chefredakteur der Jüdischen Allgemeinen Wochenzeitung zu werden und nahm es an. Seitdem hat Böhme dem Blatt, das 2003 aus Geldknappheit nur vierzehntäglich erschien, aus der Krise geholfen. Heute ist er Chefredakteur des Blatts. Beim Tagesspiegel war er Chef vom Dienst und zwischenzeitlich auch Leiter des Ressorts Politik.




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22.09.2011 20:15 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Zitat:
Original von wassermann11
...
Angeprangert wird ja auch, dass der Papst sich gegen Schwule und Lesben verwahrt.

Apropos: Wo war eigentlich unsere "First Lady" Klaus Wowereit, als Ratze seine Vorlesung im Plenarsaal hielt?
Ratzte er die zwanzig Minuten auf seinem Stuhl ab? Oder blies er in der Zeit eine lustige Luftballonkette aus Kondomen auf? großes Grinsen

Zitat:
Original von wassermann11
Schon die alten Griechen hatten ihre "Liebesdiener" in Form von gerne auch Jünglingen, in Rom wurden diese Praktiken gerne im Verborgenen übernommen. Der "Sextourismus Rom -> Griechenland" florierte auch eine Zeitlang ... unter dem Vorwand, man sei philosophischer Schüler. Nun denn - die Zeiten haben sich geändert.

Haben sie tatsächlich? Kopfkratzen

Vielleicht ist das die Idee zur Rettung Griechenlands!? verwegen

Zitat:
Original von wassermann11
Dennoch ist ein Paarungsritual und -Ausführung ja nur zweckmäßig, wenn man sich dabei fortpflanzen kann - und das geht ja nicht bei gleichgeschechtlicher Liebe ... das ist aber ein Naturgesetz, was sich nicht eine Religion auf die Fahne schreiben dürfte.

Nun hat aber der Herrgott in seiner unendlichen Güte auch im Tierreich gleichgeschlechtliche Sinnesfreuden ins Design der Welt geschrieben und implementiert! (Vielleicht war er darüber selbst so entzückt, dass er aus Versehen das Recht des Stärkeren als Motor der Evolution vorsah. Fressen oder gefressen werden; später ruderte er verzweifelt zurück: "Du sollst nicht töten!") Naja, Gottes Wege sind unbegründet (oder so)...

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Die spinnen, die Römer! großes Grinsen

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[quote]Original von wassermann11
...
Angeprangert wird ja auch, dass der Papst sich gegen Schwule und Lesben verwahrt.

Apropos: Wo war eigentlich unsere "First Lady" Klaus Wowereit, als Ratze seine Vorlesung im Plenarsaal hielt?
Ratzte er die zwanzig Minuten auf seinem Stuhl ab? Oder blies er in der Zeit eine lustige Luftballonkette aus Kondomen auf? großes Grinsen

Zitat:
Original von wassermann11
Schon die alten Griechen hatten ihre "Liebesdiener" in Form von gerne auch Jünglingen, in Rom wurden diese Praktiken gerne im Verborgenen übernommen. Der "Sextourismus Rom -> Griechenland" florierte auch eine Zeitlang ... unter dem Vorwand, man sei philosophischer Schüler. Nun denn - die Zeiten haben sich geändert.

Haben sie tatsächlich? Kopfkratzen

Vielleicht ist das die Idee zur Rettung Griechenlands!? verwegen

wäre durchaus möglich Zahn

Zitat:
Original von wassermann11
Dennoch ist ein Paarungsritual und -Ausführung ja nur zweckmäßig, wenn man sich dabei fortpflanzen kann - und das geht ja nicht bei gleichgeschechtlicher Liebe ... das ist aber ein Naturgesetz, was sich nicht eine Religion auf die Fahne schreiben dürfte.

Nun hat aber der Herrgott in seiner unendlichen Güte auch im Tierreich gleichgeschlechtliche Sinnesfreuden ins Design der Welt geschrieben und implementiert! (Vielleicht war er darüber selbst so entzückt, dass er aus Versehen das Recht des Stärkeren als Motor der Evolution vorsah. Fressen oder gefressen werden; später ruderte er verzweifelt zurück: "Du sollst nicht töten!") Naja, Gottes Wege sind unbegründet (oder so)...

Das ist wohl wahr ... aber das wurde ja auch als "Anomalität" eingestuft, als Desorientierung oder sowas in der Art. Auch beim Menschen wurde diese gleichgeschlechtliche Neigung als abnorm und krank angesehen. Beim Menschen konnte man diejenigen ausgrenzen ... Tiere lassen sich von so einer Denke jedoch nicht beeinflussen - und das ist auch gut so.
Es sind wohl die "Moralvorstellungen" irgendwelcher Strenggläubigen, Bigotterie or what ever ...


Zitat:
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Ich sag's ja: Spätrömische Dekadenz winkewinke

Die spinnen, die Römer! großes Grinsen

Jawoll - Obelix


Ich habe gestern Abend auf Phönix noch eine Sendung gesehen, die sich um den Papstbesuch drehte. Ein Bischof war dabei, eine aus der Politik und eine Kirchenfrau sowie ein keine Ahnung und der Philosph Richard David Precht.
Ich hatte leider zu spät eingeschaltet, um die Namen alle mitzubekommen.
Das, was R.D.Precht in Bezug auf die Institution Kirchen von sich gab, war sehr schlüssig.

Mal schaun, ob ich das irgendwo im Internet finde.

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23.09.2011 13:34 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Der erfundene Konflikt Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

23.09.2011, 13:14 Uhr | Ein Kommentar von Jost Kaiser

Die Mehrheit der deutschen scheint sich für den Besuch von Pabst Benedikt XVI. nicht zu interessieren


Im Zusammenhang mit dem Thema Plebiszit hat der Historiker Heinrich August Winkler vor einer „Herrschaft aktivistischer Minderheiten“ gewarnt, die, gut organisiert, die Themensetzung bestimmen.

Wir haben die „Herrschaft der aktivistischen Minderheit“ schon bei Stuttgart 21 erlebt – wahrscheinlich. Das wird ja in einem Volksentscheid, der übrigens eine rechtlich irrelevante Fragestellung zum Inhalt hat und der von dieser hysterisierten Gruppe erzwungen wurde, in Kürze geklärt.

Jetzt erleben wir die aktivistische Minderheit wieder: Laut Forsa halten 86 Prozent der Befragten die Deutschlandreise von Benedikt XVI. vom 22. bis zum 25. September für eher unwichtig oder überhaupt nicht wichtig. Selbst unter den Katholiken hält sich der Anteil derjenigen, die den Besuch aus dem Vatikan für wichtig halten, mit lediglich 36 Prozent in Grenzen.


Es gibt nur Gewinner

Dennoch beherrscht das Thema Papstbesuch die gedruckten und sendenden Medien. Von „Spiegel“ und „Stern“ bis hin zu „Hart aber Fair“. Die „aktivistische Minderheit“ besteht aus zwei scheinbar antagonistischen Gruppen, die sich ähnlicher sind als sie glauben und die voneinander profitieren, ja nahezu wie Pech und Schwefel aneinanderkleben: radikalen Papst- und Kirchengegnern mit bekannten Thesen auf der einen Seite und einem neochristlichen Milieu auf der anderen Seite.

Die jetzt medial ausgetragene Schlacht pro und contra Papst entspringt nicht einer von der Mehrheit der Deutschen empfundenen Notwendigkeit, sie entspringt ausschließlich dem Bedürfnis der Protagonisten, sich über den Papstbesuch lautstark zu entzweien, in der medialen Klopperei das narzisstische Ego zu stärken und sich so etwas wie eine klar abgrenzbare lebensweltliche Identität einzureden. Dadurch hat der Glaube gleichzeitig eine mediale Präsenz, die er im realen Leben der überwältigenden Mehrheit der Bundesbürger seit Jahrzehnten nicht mehr hat. Alle gewinnen also.

Das Bedürfnis beider Seiten ist nachvollziehbar: Einer Partei, die sich nicht mal darauf einigen kann, ob der Mauerbau Unrecht war, bietet der Papstbesuch zum Beispiel die seltene Gelegenheit, im Bundestag mit theatralischer Geste des Auszugs im gemeinsamen Feindbild Einigkeit zu demonstrieren und einen „Reaktionär“ zu boykottieren – der Boykott Israels hatte sich sogar in diesem Milieu überraschenderweise nicht als identitätsstiftend herausgestellt.

Die Protagonisten der Neochristen hingegen haben sich einer zumeist harmlosen, sich antimodern und rebellisch gebenden, in Wahrheit aber topmodernen Kritik des „Zeitgeistes“ und des „Relativismus“ verschrieben – ohne zumeist im Traum daran zu denken, wirklich mit einem katholischen Lebensstil ernst zu machen.

Ein anderer Teil dieses Milieus zieht aus der freiwilligen Selbstbeschränkung des harten Katholizismus einen romantischen, schwärmerischen Impuls – es ist kein Wunder, dass viele dieser Protagonisten sich zu einer Gruppe („Generation Benedikt“) zusammengeschlossen haben mit vielen Charakteristika, die schon frühere Jugendbewegungen ausmachten: Star-Anschmachterei, die Idee, einer von der Mehrheit unverstandenen und diskriminierten Minderheit anzugehören, Avantgarde-Bewusstsein. Auch das: topmodern und keineswegs „wider den Zeitgeist“.


Die meisten interessiert der Trubel nicht

Auch das Ankämpfen gegen eine angeblich verkommene, sinnentleerte Moderne, die „keine Moral mehr hat“ („Benedikt“-Aktivistin Reinhild Rössler im Deutschlandfunk) gehörte zur Grundausstattung früherer Jugendbewegungen. Die Demoskopie widerlegt Woche um Woche zwar die These vom Werteverfall – aber leider vergeblich. Die Behauptung vom Werteverfall begleitet die Moderne, seit es sie gibt.

Für Papstfans wie -gegner gibt es eine schlechte Nachricht: aufgerundete 100 Prozent der Deutschen interessiert der Trubel nicht. Die Parodie eines Kulturkampfes, die wir gerade erleben, letztlich auch die Harmlosigkeit der verbalen Klopperei, macht uns klar, dass wir in Wahrheit in einem befriedeten, weil säkularisierten Land leben: Kein Katholik setzt in den Talkshows seine körperliche Unversehrtheit aufs Spiel, weil er den Papst verehrt.

Und gerade deshalb muss man auch daran denken, dass in anderen Ländern das eine Tatsache ist, was hier nur theatralisch aufgeführt wird: Religion als todernste Angelegenheit. Dass uns das vor Augen geführt wurde, allein dafür gebührt dem Papst schon Dank.


Jost Kaiser war Blogger bei Vanity Fair und kommentierte dort das politische Geschehen im In- und Ausland. Zudem ist er Autor für die Süddeutsche Zeitung, die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, die Zeit und den Tagesspiegel.




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23.09.2011 14:21 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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26.09.2011, 12:35 Uhr | Von Markus Meckel

Beim Libyen-Einsatz zog es Herr Westerwelle im Sicherheitsrat vor, sich zu enthalten


Mit Sorge musste man sich in den vergangenen Monaten die Frage stellen, ob die deutsche Außenpolitik ihre Orientierung verloren hat. Ein besonderer Anlass für diese Frage war die deutsche Enthaltung zum Libyen-Einsatz im Sicherheitsrat. Wer heute im Kontakt mit Verbündeten ist, spürt, dass dieses Verhalten nicht ohne Folgen geblieben ist. Die Enttäuschung gegenüber Deutschland hat aber eine längere Geschichte.

Es ist durchaus aufgefallen, dass Deutschland in der Diskussion um das neue strategische Konzept der NATO keinerlei Initiativen entwickelte. Auch die plötzliche Abschaffung der Wehrpflicht mit der öffentlich benannten Begründung, dass es zu sparen gälte, hat das Vertrauen in Deutschland als Partner nicht gerade erhöht, zumal die Spareffekte sich als wenig tragfähig erwiesen.


Wieder verlässlich werden

Es wird für die Zukunft von entscheidender Bedeutung sein, dass Deutschland sich wieder Vertrauen als verlässlicher Partner erwirbt. Kein Land in Europa kann heute seine Interessen noch allein angemessen zur Geltung bringen und Sicherheit schaffen. Dies ist nur im Rahmen von NATO und EU möglich. Weil Deutschland sich über Jahrzehnte sehr glaubwürdig für die gemeinsamen europäischen Interessen stark gemacht hat, genoss es großes Vertrauen. Das Zustandekommen des Lissabonner Vertrages war dafür das letzte große Beispiel. Doch schon mit der Implementierung des Vertrages begannen die Probleme. Man musste den Eindruck gewinnen, dass Deutschland und Frankreich für die Besetzung der wichtigsten Positionen in der EU nicht nach den geeignetsten Personen suchten, sondern darauf achteten, dass die eigene Führungsrolle nicht infrage gestellt wird. Dies aber widersprach nicht nur den eigenen Erklärungen, sondern auch den deutschen Interessen einer möglichst starken und kohärenten Vertiefung der europäischen Integration. Das gilt für die Außen- und Sicherheitspolitik ebenso wie für den Euro, wie sich gerade dieser Tage zeigt.


Vom Konsumenten zum Hersteller

Nach den Umbrüchen in Europa 1989 und der Vereinigung 1990 hat Deutschland sicherheitspolitisch einen weiten und allseits anerkannten Weg zurückgelegt. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit im Nationalsozialismus hatte der Bundesrepublik seit Ende der 60er-Jahre viel internationale Anerkennung gebracht. Dies war dann eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Akzeptanz der Wiedervereinigung. Nach 1990 aber musste diese Verantwortung neu buchstabiert werden. Deutschland wurde, angesichts der Kriege auf dem Balkan, seiner internationalen Verantwortung für Konfliktverhütung und Krisenmanagement auch durch die Teilnahme an militärischen Einsätzen gerecht. So wurde es von einem security consumer zu einem security producer.

Das war innenpolitisch nicht einfach und setzte einen Prozess des Umdenkens voraus. Deutsche Truppen im Ausland – das wollte die große Mehrheit der Deutschen nach dem 2. Weltkrieg „nie wieder“ – und glaubte, mit diesem "Nie wieder Krieg" seine Lektion aus der Vergangenheit gelernt zu haben! Nun aber galt es zu lernen, dass Partizipation in integrierten Sicherheitsstrukturen, der Schutz des Völkerrechts und immer wieder notwendige Konfliktverhütung wie Krisenmanagement auch bedeutet, den angemessenen Teil der damit verbundenen Lasten und Risiken zu tragen. Der für diese öffentliche Akzeptanz nötige gesellschaftliche Diskussionsprozess hat im Grunde erst im Zusammenhang mit dem Krieg in Afghanistan begonnen. Er müsste von der Politik mit Mut und der nötigen Klarheit initiiert werden. Leider fehlt es oft an diesem Mut – aber auch an klarer Konzeption und der Bereitschaft zur Führung.


Markus Meckel ist studierter Theologe und war von April bis August 1990 Außenminister der DDR in der Regierung von Lothar de Maizière. Oppositionell politisch aktiv seit den 70er Jahren, initiierte er zusammen mit Martin Gutzeit die Gründung der SDP und vertrat diese auch am Zentralen Runden Tisch. Von 1990 bis 2009 saß er für die SPD im Deutschen Bundestag. Meckel ist unter anderem Ko-Vorsitzender des Stiftungsrates der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit und Vorsitzender des Stiftungsrates der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.




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27.09.2011, 11:15 Uhr | Ein Kommentar von Wichard Woyke

Deutschlands Position in Europa muss neu bestimmt werden


Es ist richtig: Im Ausland kommen Zweifel über die deutsche Position in den internationalen Beziehungen auf. Vertrauen ist verloren gegangen. Alte Gewissheiten scheinen sich aufzulösen. Eine Strategie der „Renationalisierung“ wird unterstellt. Ja, noch schlimmer, nachdem Deutschland zweimal in höchstem Maße durch die europäische Integration profitiert hat – Anfang der 50er-Jahre mit der Einbeziehung als gleichberechtigter Partner in die europäischen Gemeinschaften und 1990 mit der Unterstützung des erfolgreichen Wiedervereinigungsprozesses – wird nun ein Abdriften der Deutschen aus der Integration befürchtet.


Adieu, Integration!

Auch in der deutschen Bevölkerung – und vor allem bei nicht wenigen Eliten – ist derzeit ein eigentümlicher Stimmungswandel mit Blick auf die europäische Integration spürbar. Doch trotz aller Vorwürfe gilt: An den Rahmenbedingungen deutscher Außenpolitik hat sich auch durch die Überwindung des Ost-West-Konflikts nicht viel geändert. Verändert hat sich aber der außenpolitische Entscheidungsprozess in Deutschland; er hat eine größere innenpolitische Dimension erhalten.

Natürlich vertritt Deutschland seine Interessen. Aber Deutschland fehlt es an Ambitionen und einer strategischen Vision für Europa. Die Bundeskanzlerin muss die Führung dabei übernehmen, welches Europa wir haben wollen und welche Rolle Deutschland darin einnehmen soll. Deutschland muss mit Europa solidarisch sein nicht aus europäischem Altruismus, sondern aus eigenem nationalen Interesse. Europa hat die größten Errungenschaften gebracht, die je ein deutscher Staat erreicht hat. Mehr als 65 Jahre verlässlich Friede zwischen jahrhundertealten europäischen Kriegsparteien, offene Grenzen, zuverlässige Märkte und Wohlstand ohne Beispiel. Und noch heute profitiert Deutschland von Europa, insbesondere vom Euro.

Für die anderen EU-Staaten ist Deutschland derzeit ökonomisch der größte Gewinner von Binnenmarkt und Euro. Doch gerade in Deutschland fühlen sich viele Bürger von Europa betrogen. So haben wir die paradoxe Situation, dass in Deutschland sich eine Mehrheit der Bürger nun vor Europa fürchtet und im Rest Europas fürchten Mehrheiten die deutsche Macht. Das bedeutet, dass Deutschlands Position in Europa neu bestimmt werden muss. Und damit auch Europas Rolle in der Welt.


Alles für Europa

Die Antwort auf die Krise ist nicht weniger, sondern mehr Europa, ein neues Europa, das über Maastricht hinausführt. Wenn sich nun herausstellt – und das ist ja offensichtlich der Fall – dass die in Maastricht vorgenommene Supranationalisierung nicht ausreicht, muss eben der nächste Schritt gegangen werden, dass nun auch die Finanzpolitik oder Teile davon vergemeinschaftet wird. Wie auch immer die Institution auf europäischer Ebene genannt werden wird – Wirtschaftsregierung, europäischer Finanzminister, europäisches Finanzkommissariat etc. – entscheidend ist, dass sie Durchgriffscharakter besitzt und durch ihre Entscheidungen die Mitgliedstaaten zu einem bestimmten, gemeinschaftlichen finanzpolitischen Verhalten gezwungen werden.

Und wenn das deutsche Verfassungsgericht Einwände macht, muss über eine Verfassungsänderung, sogar bis hin zu einer neuen Verfassung, nachgedacht werden. Abzugebende nationale Kompetenzen müssten durch Kompetenzzuwachs des Europäischen Parlaments ausgeglichen werden. Wenn sich Deutschland allerdings mehr in Richtung Europa bewegt, muss dies auch reziprok für die anderen Mitgliedstaaten gelten. Ohne ein europäisches Deutschland, das aus seiner europäischen „Opferrolle“ herausfindet, wird Europa keine große Zukunft haben.


An den Universitäten von Münster, Bochum, Köln und Saarbrücken unterrichtete Wichard Woyke Politikwissenschaften und europäische Geschichte. Im Ausland lehrte Wichard Woyke unter anderem am Institut d’Etudes Politiques de Lille, der IEP Grenoble, der IEP Besancon, der Universität Klausenburg (Rumänien) sowie an den US-Universitäten Wesleyan und Washington. Von 2010 bis 2011 war er Herder-Professor an der Andrassy Universität Budapest.




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