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wassermann11
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Israels Führung verpasst das Frühlingserwachen Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

15.08.2011, 10:57 Uhr

Immer mehr Israelis schließen sich den Demonstrationen gegen die Innenpolitik Netanjahus an

Mit ihrer passiven Rolle hat die israelische Führung eine einmalige Chance vertan. Die Umbrüche im Nahen Osten hätten von der einzigen Demokratie in der Region gestützt werden müssen, doch stattdessen: Schweigen. Nun ertönt der Ruf nach Wandel auf der Straße.

Benjamin Netanjahu ist wahrlich nicht zu beneiden. Erst kommt dem israelischen Premier mit Husni Mubarak einer der zuverlässigsten Verbündeten abhanden. Dann wirft der Arabische Frühling scheinbar ewige außenpolitische Weisheiten in wenigen Tagen über den Haufen. Und schließlich protestieren vor der Tür des Regierungschefs 300.000 Menschen lautstark für mehr soziale Gerechtigkeit im jüdischen Staat. Es scheint, als würde „Bibi“ über kurz oder lang der ganze Laden um die Ohren fliegen.


Gelegenheit vertan

Armer Tropf, werden die Wohlmeinenden mitleidig rufen. Doch der so Getröstete ist an diesem Elend selbst schuld. Netanjahu läuft seit Monaten sehenden Auges in sein Unglück. Und mit ihm das politische Israel. Die Zeichen der Zeit, sie werden weiterhin ignoriert und – gefährlicher noch – falsch interpretiert. Denn Neues, egal, woher es kommt und wohin es weist, wird als bedrohlich empfunden. Jerusalem wähnt sich verlassen, allein auf weiter politischer Flur. Und wie reagieren die Regierenden auf die gefühlte Einsamkeit? Mit trotziger Wagenburgmentalität. Nach dem Motto „Wir sind uns selbst genug“ fehlt ein Konzept, das den neuen Herausforderungen im Nahen Osten Rechnung trägt.

Dabei boten die Brot-und-Freiheit-Aufstände von Tunis bis Kairo gerade in den Anfangswochen eine große Chance für Israel. Arabische Bürger nahmen ihr Schicksal selbst in die Hand, wollten sich von den korrupten Herrschern nicht mehr alles diktieren lassen. Das wäre der ideale Zeitpunkt für Jerusalem gewesen, als einzige Demokratie in der Region Sympathie für die Revolten zu bekunden. Ja, wir unterstützen eure Ziele. Ja, wir helfen euch. Ja, lasst uns gemeinsam einen neuen, einen friedlichen Nahen Osten schaffen. Solche Sätze hätten den Menschen auf dem Tahrir-Platz und anderswo Mut machen können, das scheinbar Unmögliche zu wagen: den Versuch eines gedeihlichen Miteinanders von Juden und Arabern. Doch Israel hüllte sich lieber in Schweigen. Aus Furcht, die Zukunft könnte noch viel schlimmer werden, als es die Vergangenheit jemals war. Die einmalige Gelegenheit für einen Neuanfang – vertan.


Die Zeichen stehen auf Sturm

Stattdessen ist Israel inzwischen wirklich von Feinden umzingelt. Syriens Machthaber Assad lässt sein eigenes Volk blindwütig niedermetzeln, versucht aber bei jeder Gelegenheit, dem „zionistischen Feind“ die Schuld dafür in die Schuhe zu schieben. Ungemach droht zudem im Norden. In Beirut hat mittlerweile die Hisbollah das Sagen. Und dass die von Teheran hochgerüstete Schiitenmiliz nicht nur den Libanon beherrschen, sondern vor allem den „Judenstaat“ vernichten will, ist alles andere als ein Geheimnis. Auch, in welche Richtung sich Ägypten entwickeln wird, ist ein Dreivierteljahr nach dem Sturz Mubaraks unklarer denn je. Ebenso wie die geostrategische Zukunft des Nahen Ostens insgesamt. Eines ist allerdings für Israel klar: Die Zeichen stehen auf Sturm.

Als wäre die außenpolitische Lage nicht schon brenzlig genug, kommt innenpolitisches Ungemach hinzu. Von Tel Aviv bis Haifa protestieren immer mehr Menschen gegen Wohnungsnot, hohe Steuern und niedrige Löhne. Sie wollen am Wirtschaftswachstum teilhaben, sehen nicht länger ein, warum Milliarden zum Beispiel in den Siedlungsbau gepumpt werden. „Das Volk fordert soziale Gerechtigkeit!“, skandieren nun die Wutbürger und berufen sich auf den Arabischen Frühling. So hält der Geist des Wandels auch in Israel Einzug. Für das Führungspersonal des Landes heißt das: Es muss dringend ein Konzept her. Eines, das außen- und innenpolitischen Herausforderungen gleichermaßen Rechnung trägt. Anderenfalls sind Benjamin Netanjahu und Co. schon jetzt Geschichte.


Der Journalist Christian Böhme arbeitete acht Jahre lang beim Tagesspiegel. Dann bekam Böhme das Angebot, stellvertretender Chefredakteur der Jüdischen Allgemeinen Wochenzeitung zu werden. Seitdem hat Böhme dem Blatt, das 2003 aus Geldknappheit nur vierzehntäglich erschien, aus der Krise geholfen. Heute ist er Chefredakteur des Blatts. Beim Tagesspiegel war er Chef vom Dienst und zwischenzeitlich auch Leiter des Ressorts Politik.




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15.08.2011 15:40 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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17.08.2011, 13:49 Uhr | Ein Kommentar von Rick Rowden


Die amerikanische Demokratie steckt in der Krise

Die US-Wirtschaft bleibt bettlägerig, während die Arbeitslosenquote im Juni auf 9,2 Prozent angestiegen ist. Beinahe die Hälfte der Erwerbslosen war mindestens sechs Monate ohne Anstellung - ein historischer Wert, der selbst in der Great Depression in den 1930ern nicht erreicht wurde. Während der Mittelstand seit 1969 um rund zehn Prozentpunkte dahingeschmolzen ist, war Armut seit Beginn der empirischen Erfassung nie verbreiteter als heute. Und der kometenhafte Anstieg des Einkommens der oberen zehn Prozent - und im Besonderen des oberen einen Prozents - ist seit der wirtschaftlichen Blütezeit Amerikas zum Ende des 19. Jahrhunderts beispiellos.

Tragischerweise erleben wir dieser Tage die Neuinszenierung der Fehler von 1937, als die US-Regierung versuchte, sich durch Kürzungen aus dem Fangnetz der Krise zu schneiden und dadurch die Rezession noch beschleunigte. Der heute vorgeblich „demokratische“ Präsident hat die Logik konservativer Republikaner adaptiert, die Schulden und Staatsdefizit als Grund für das wirtschaftliche Siechtum Amerikas sehen – und nicht die hohe Arbeitslosigkeit und fehlenden Konsum. Dabei bedeuten Ausgabenkürzungen inmitten einer sich abkühlenden Konjunktur die Aufgabe von 75 Jahren keynesianischer Grundlehren und die Wiederholung der tragischen Fehler von 1937.


Es gibt keine Linke in den USA

Dass in Washington allein das "Wo" und "Wie" von Ausgabenkürzungen debattiert wird, ist keineswegs bloß ein episodischer Sieg für die aufsteigende Tea Party, sondern die logische Fortführung eines 30 Jahre anhaltenden Abdriftens des amerikanischen Politsystems nach rechts. Um die Pathologie Amerikas verstehen zu können, muss man sich zunächst bewusst machen, dass der Kalte Krieg die gesamte linke Hälfte des politischen Spektrums ausgelöscht hat. Linksaußen ist in den USA dort, wo in den meisten Ländern die rechte Mitte verortet würde.

Doch noch bedeutender für die wachsende Adhäsionskraft von rechts war die Regierungszeit von Ronald Reagan in den 1980ern, seine Angriffe auf das kollektive Arbeitsrecht und die Liberalisierung der Wirtschaftspolitik. Die Stellung der Gewerkschaften wurde so stark untergraben, dass der gewerkschaftliche Organisationsgrad in Amerika heute tiefer liegt als in jeder anderen fortgeschrittenen Industrienation. Die Reallöhne von Arbeitern stagnieren auf dem Niveau der 70er Jahre, trotz substanziell gestiegener Arbeitsproduktivität.

Das Ergebnis dieses Trends: Beide Parteien lassen ihre Wahlkampfkassen von Großunternehmen füllen und haben das Mantra "keine neuen Steuern" verinnerlicht. Der Steuersatz für Unternehmen und Reiche ist auf einem historisch niedrigen Niveau, der Anteil des Steueraufkommens am BIP beträgt nur noch 16 Prozent. Hinzu kommen circa 4 Billionen Dollar Schulden für Auslandskriege und Steuerverluste aufgrund der aktuellen Rezession.


Der Traum ist tot

Während die Republikaner seit jeher mit den Gewerkschaften und sozialen Programmen zur Förderung des Mittelstandes auf Kriegsfuß stehen, nutzt die Tea-Party-Bewegung ihre vorgespielte Sorge um das Haushaltsdefizit, um ungeniert der Sozialversicherung für Ruheständler, der Arbeitslosenversicherung, der Krankenversicherung und dem Gesundheitsdienst für die Armen ein Ende zu bereiten. Das Ziel ist ein schlanker Staat – auch wenn dadurch der Mittelstand ausgeschlachtet und die Wirtschaft ruiniert wird.


Die jüngsten Entwicklungen sind jedoch nur Ausdruck einer tieferen Malaise, die die amerikanische Psyche umhüllt: Der gefühlte Verlust der sagenumwobenen upward mobility, der Aufstiegsmöglichkeit vom Tellerwäscher zum Millionär und die Trübung des einst eisern-optimistischen Blickes in die Zukunft. Derartige Entwicklungen legen nahe, dass der Rest der Welt bald nicht länger nach Amerika als den Hort von Freiheit, Aufstiegschancen und Gerechtigkeit wird blicken können. Der lebendige politische Aktivismus des amerikanischen Bürgertums in den 60er und 70er Jahren, den Gil Scott-Heron in seiner Hymne "The Revolution Will Not Be Televised" beschreibt, schlummert oder ist tot. Passender scheint heute sein melancholisches Folgewerk "Winter In America".


An der Jawaharlal Nehry University in Neu-Delhi promoviert Rick Rowden in Wirtschaftswissenschaften. Er war Berater der UN-Konferenz zu Handel und Entwicklung (UNCTAD) und Senior Policy Analyst der NGO ActionAid. Rowden unterrichtete an der California State University und der Golden Gate University in San Francisco.




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17.08.2011 19:14 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Falken und Tauben Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

18.08.2011, 14:18 Uhr | Ein Kommentar von Marcus Mohr


"Homo homini lupus – der Mensch ist dem Menschen ein Wolf“, so wird es dem englischen Staatsphilosophen Thomas Hobbes zugeschrieben. Nur eines der, Verzeihung, "Totschlagargumente“, die in der wohl schon ewig währenden Auseinandersetzung zwischen Friedensfreunden und Befürwortern militärischer Gewalt von Letzteren eingesetzt werden. Die Natur des Menschen sei eine gewaltsame, Pazifismus hingegen naiv und schlimmstenfalls gefährlich.

In der Bundesrepublik wird diese Debatte seit der Wiederbewaffnung in den 1950ern anders geführt als bei ihren westlichen Verbündeten. Für die Alliierten ist der Zweite Weltkrieg Prototyp des "gerechten Krieges“ gewesen, wie ihn der spätantike Philosoph Augustinus erdacht hatte; die Deutschen hingegen mussten sich eingestehen, Europa für eine ungerechte, verabscheuungswürdige Sache mit der Geißel der Menschheit überzogen zu haben. Die Lehren über Sinn oder Unsinn militärischer Gewalt ziehen die heute Verbündeten aus diametral entgegengesetzten Erfahrungen.


Verbogene Argumente einer über zweitausendjährigen Debatte

"Stell Dir vor, es ist Krieg, und es geht keiner hin“, hielten Friedensbewegte in den 1980ern bisweilen den Befürwortern militärischer Gewalt entgegen. Ihre Gegner wie etwa Otto Graf Lambsdorff oder Richard Löwenthal drehten den Spieß um und erklärten den Friedensfreunden, wie das vermeintliche Brecht-Zitat eigentlich gemeint sei: "Stell Dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin. Dann kommt der Krieg zu Dir.“ Legitimation damals für einen gerechten Verteidigungskrieg und heute für die humanitäre Intervention – Herbert Wulf und Winfried Nachtwei kennen das Argument sicher gut.

Doch die Pazifisten irrten und die "Bellizisten“ logen. Die Sätze stammten nicht von Brecht und verdrehen den Sinn, den der Literat tatsächlich niedergeschrieben hatte: "Nicht einmal den Kampf vermeidet, wer den Kampf vermeiden will: Denn es wird kämpfen für die Sache des Feinds, wer für seine eigene Sache nicht gekämpft hat.“ Auch ich zitiere Brecht ohne den Kontext, in dem seine Zeilen entstanden sind. Trotzdem scheint klar: Brecht war kein prinzipiengeleiteter Pazifist, er scheint einen legitimen Einsatz von Gewalt gekannt zu haben.


Warten auf den demokratischen Frieden

Die beiden unterschiedlichen Sichtweisen finden sich in den beiden großen Theorieschulen des politologischen Forschungsfelds "Internationale Beziehungen“ wieder: "Idealisten“ setzen auf die Stärke des Rechts, "Realisten“ glauben an das Recht des Stärkeren. Bei Hobbes begegnen sie sich eigentlich, denn auch der Engländer wird häufig unkorrekt zitiert. Er schrieb 1642: "Der Mensch ist ein Gott für den Menschen, und der Mensch ist ein Wolf für den Menschen – jener, wenn man die Bürger untereinander, dieser, wenn man die Staaten untereinander vergleicht.“ Als Individuen gehen Menschen in der Regel also friedlicher miteinander um, denn als Organisationen.

Darüber hinaus kennt die Politiktheorie das Prinzip des "demokratischen Friedens“: Demnach habe noch nie eine demokratisch verfasste Gesellschaft Krieg gegen eine andere Demokratie geführt. Unter ihnen herrscht in der Tat die Stärke des Rechts. Der Frieden in Europa heute ist das beste Beispiel für die Wahrheit des Konzepts. Leider trifft das auf den Rest der Welt nicht zu. 193 Mitgliedstaaten haben die Vereinten Nationen; der "Democracy Index“ des Economist (PDF) zählt unter seinen 167 ausgewerteten Staaten aber nur 26 voll und 53 bedingt funktionsfähige Demokratien.

Solange echte Volksherrschaft nicht wirklich global geworden ist, bleibt die Sichtweise der "Realisten“ auf die Welt und die Natur des Menschen gültig. Auf unabsehbare Zeit lassen sich die beiden Positionen, "Krieg ist grundsätzlich falsch, und damit alle militärischen Mittel“ und "Krieg kann gerechtfertigt sein, und mithin auch militärische Mittel“, nicht wirklich vereinen. Anhänger beider Theorien werden sich bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag oder bis zum Eintritt eines globalen demokratischen Friedens streiten. Den Kürzeren in diesem Disput ziehen einstweilen die "Idealisten“ und die Pazifisten.


Der Politologe und Historiker Marcus Mohr arbeitet als Redakteur für "ADLAS – Magazin für Außen- und Sicherheitspolitik“ und bei "zenith – Zeitschrift für den Orient“. Er ist Vorstandsmitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Berlin/Potsdam.




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18.08.2011 19:51 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Showdown in Kairo Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

19.08.2011, 11:15 Uhr | Ein Kommentar von Thomas Wandinger


Unterdrückung - Revolution - Reformer

Obwohl die blutigen Ereignisse in Libyen und Syrien die Aufmerksamkeit seit Monaten binden, darf der Blick nicht auf die kriegerischen Ereignisse verkürzt bleiben, die im Kern mehr einer Implosion strukturmaroder und politisch isolierter Staaten gleichkommen, als einem Export von Instabilität bedeuten.

Aus geostrategischer Perspektive unterscheiden sich die Anrainer des westlichen Mittelmeerbeckens (mit den Maghreb-Staaten) gegenüber dem Konfliktgeschehen des östlichen Mittelmeerbeckens (mit den Maschrek-Staaten) schon allein durch den arabisch-israelischen, den trilateral-kurdischen und sunnitisch-schiitischen Gegensatz ganz erheblich.


In Kairo entscheidet sich das Schicksal der Region

Während das östliche Mittelmeerbecken - mit der Ausnahme Israels - nur schwache ökonomische Perspektiven liefert, wartet mit den nordafrikanischen Staaten ein Markt mit rund 90 Millionen Einwohnern. Nordafrika bietet die Brücke zur logistischen Erschließung der Ressourcen des gesamten afrikanischen Kontinents, seine Küsten die Perspektive für eine gigantische energetische Zukunftsregion. Während Nordafrika, befeuert durch die mittlerweile demokratisch motivierten Transformationsprozesse, zu einer perspektivreichen politischen Gestaltungs- und Partnerschaftsregion der europäischen Nachbarschaft aufsteigt, verlängert der Maschrek einmal mehr, durch seine Substanz verzehrenden Generationenkonflikte, sein Profil als traditionelle Problemregion.

Obwohl der epochebildende politische Wandel am 13. Januar 2011 in Tunesien seine visionäre Kraft in die arabische Welt getragen hat, bleiben dennoch die politischen Folgeentwicklungen in Ägypten für den gesamten geopolitischen Großraum strukturbestimmend. In Kairo entscheiden sich das Schicksal der sunnitischen Welt, die freie Passage für den Euro-Asienhandel sowie der sich anbahnende außenpolitische Konflikt um die künftige arabische Führungsrolle zwischen Ägypten und Saudi-Arabien.

Stürzt die reformresistente saudische Autokratie, die ihren demokratischen Frühling mit rund 120 Mrd. USD schlichtweg aufgekauft hat, fallen die Golfstaaten zu einer strategischen Pufferzone zwischen der schiitischen Vormacht Iran und Ägypten zurück. Den beiden Flügelstaaten im Nordosten (Syrien) und Südwesten (Jemen) kommt im Rahmen der sich abzeichnenden strategischen Rochade nur noch eine Flankenrolle zu. Beide Staaten haben schon jetzt ihr strategisches Zukunftspotenzial über Jahrzehnte absorbiert. Während Syrien als einer der am meisten überschätzten Staaten im Sinne einer doppelten Sandwichlage zwischen der Türkei und Israel (strategisch) und zwischen Iran und Libanon (ethno-religiös) retardiert, steht der Jemen in einer ernsten Erosionsphase.


Stabilisierung der morgenländischen Demokratie

Da jede Region der Welt bislang ihren eigenen demokratischen Weg, gewissermaßen als Brückenschlag von der Vormoderne in die Globalisierung, finden muss, kommt der kulturpolitischen Leitfunktion Kairos die Aufgabe zu, arabisch-demokratische Prinzipien zu implementieren, die in vielen anderen nahöstlichen Transformationsstaaten als Orientierung politische und gesellschaftliche Akzeptanz finden. Gelingt das Experiment des Brückenschlags, wofür viele gute Gründe sprechen, geraten Saudi-Arabien und ebenso der Iran in eine kulturelle und gesellschaftliche Defensive von strategischer Dimension.


Im Ergebnis führt die Stabilisierung Ägyptens damit direkt zur indirekten Stabilisierung der Demokratie im Morgenland. Auf den Punkt gebracht gilt für die weitere Entwicklung im Nahen Osten folgende Kurzformel: Israel avanciert (Leviathan-Erdgasfeld), Ägypten reüssiert, Syrien retardiert, Saudi-Arabien stagniert, der Jemen erodiert und der Iran bleibt isoliert.



Thomas Wandinger war wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich "Stabilitätsorientierte Sicherheitspolitik“ am Max-Planck-Institut sowie Mitarbeiter am Sonderforschungsvorhaben "SVP III“ der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Wandinger absolvierte zahlreiche Spezialverwendungen und steht als Oberst d.R. seit 2007 in der "Division Spezielle Operationen“ (DSO) ununterbrochen in Kommando- und Führungsfunktion. Seit 1994 leitet er das Institut für Politik und Internationale Studien (IPIS) und seit 2002 die IAP GmbH mit Sitz in München.



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19.08.2011 13:54 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Wer überflüssig ist, braucht keine Moral Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

20.08.2011, 13:46 Uhr | Ein Kommentar von Eberhard Lauth


Unruhen in London im August: Wer überflüssig ist, hat keine Moral

Viel wird von der Moral geredet dieser Tage. Doch wer sich in unserer Gesellschaft überflüssig fühlt (und das ganz objektiv auch ist), braucht keine Moral - warum auch?!

Die einen, etwa Charles Moore, ein Fan von Margaret Thatcher, und Frank Schirrmacher von der FAZ, haben erkannt, dass die Neokonservativen die Moral aus den Augen verloren haben und stiften damit eine dringend notwendige Diskussion darüber, dass unsere politischen Systeme nur den Reichen dienen, weil die Neoliberalen unter Freiheit bloß freie Marktwirtschaft verstehen, und unter Individualismus bloß Egoismus.

Und die anderen berufen sich darauf wie Großbritanniens Premierminister David Cameron, der sich keine Ratlosigkeit im Umgang mit den August-Unruhen in London und anderen britischen Städten leisten durfte und daher zum Schluss kam: Die Gesellschaft ist kaputt. Sie hat ihre Moral verloren. Und so geht das nicht weiter.


Ein Luxusproblem

Um die Moral wieder herzustellen, werden die Plünderer auch mit beispielloser Härte bestraft. Es ist sicher nicht das letzte Mal, dass jemand dem Missverständnis aufsitzt, Moral mit der Einhaltung von Gesetzen gleichzusetzen.

Die Moral, die sie alle meinen, gehört einem sehr exklusiven und elitären Club. Natürlich ist Gewalt keine Lösung, aber ich bin auch nicht verzweifelt. Und vor allem: Ich kann mich nicht wegen wirtschaftlichen Misserfolgs beklagen, sondern höchstens auf hohem Niveau jammern. Ein Luxusproblem also.

Am Beispiel Englands zeigte sich einmal mehr, dass Unruhen überall dort entstehen, wo die Staatsverschuldung und der Spardruck zu groß sind - und wo das Leben am unteren Ende der Gesellschaft von einem wirtschaftlichen Misserfolg geprägt ist, der so an die persönliche Existenz geht, dass er jegliche soziale Bindung auflöst.

In einer Diskussion im Schweizer Radio DRS zum Thema war auch Carlo Knöpfel von der Caritas zu Gast. Er nannte die an den Unruhen beteiligten Jugendlichen die "Überflüssigen in der Gesellschaft". Überflüssig als Arbeitskräfte, weil sie nichts gelernt haben. Überflüssig als Konsumenten, weil sie sich nichts leisten können. Und überflüssig als Wähler, weil sie kein Stimmrecht haben.


Ausschreitung statt Revolution

Wer überflüssig ist, der taugt nicht einmal mehr als Klassenkämpfer. Statt Revolution gibt’s Ausschreitungen. Statt politischen Forderungen gibt’s eine neue Kapuzenjacke mit Markenlogo, die man sich auf legalem Wege nicht leisten kann. Und wer das als Taten eines unmoralischen Mobs abtut, bestätigt nur das Selbstbild der Täter: Sie waren überflüssig - und sie werden es bleiben.

Um auch in diesem Text noch einmal auf die kluge Analyse meines Kollegen Michel Reimon hinzuweisen: Solange in vielen europäischen Gesellschaften, die über Jahrzehnte immer reicher wurden, die Mehrheit der Bevölkerung glaubt, dass ihr Wohlstand in Gefahr ist, Sozialleistungen daher dringend gekürzt gehören, und der Abstieg wahrscheinlich trotzdem schon nächsten Montag stattfindet, wird auch bei vielen das Gefühl steigen, überflüssig zu sein.

Und angenommen, ich fühlte mich tatsächlich überflüssig: Da pfeife ich doch auf das Gerede von der Moral, oder? Die, die sie sich leisten können, sind sich schließlich auch selbst am nächsten.


Eberhard Lauth: Der Journalist arbeitete viele Jahre als freier Autor und in den Chefredaktionen der österreichischen Magazine "Wiener" und Seitenblicke Magazin. 2009 gründete er das Meinungsmagazin ZiB21. Eberhard Lauth ist Jahrgang 1974 und lebt und arbeitet in Wien.




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21.08.2011 09:58 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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23.08.2011, 12:25 Uhr | Ein Kommentar von Alexander Kissler

Papst Benedikt XVI. empfiehlt die Rückkehr zum ganzheitlichen Menschenbild


Der Weltjugendtag ging friedlich und fromm zu Ende. Bis zu anderthalb Millionen junge Christen, vornehmlich Katholiken, beteten und feierten und lauschten in Madrid dem Papst. Dessen Angstüberwindungsprogramm, das benediktinische Modul wider Mittelmaß und Gleichgültigkeit, war auch in Spanien zu besichtigen. Woraus besteht es, wie soll es funktionieren, wo liegen die Risiken?
Wir denken in Nützlichkeitserwägungen

Am Beginn aller Problemlösung steht die Diagnose, der ungeschönte Blick auf die Welt, in der wir leben. Realismus ist der erste Schritt zur Besserung; dieser Zusammenhang gilt in fast allen Lebenslagen, ob wir uns den sozialen oder ökonomischen, den philosophischen oder emotionalen Malaisen zuwenden. Schon bei der Begrüßungszeremonie auf dem Flughafen charakterisierte Benedikt XVI. die Welt anno 2011 als gekennzeichnet von „Oberflächlichkeit, Konsumismus und Hedonismus“ und „großem Mangel an Solidarität und viel Korruption“. Später benannte er als deren Quelle eine „utilitaristische Logik“, die sowohl auf dem Markt als auch in der Bildung und erst recht in der Anthropologie faule Früchte hervorbringe.

Wenn die Diagnose stimmt, dann beherrscht das Denken in Nützlichkeitserwägungen unser Sinnen und Trachten; dann ist es weitgehend common sense, dass unsere Entscheidungen uns vor allem nützen müssen; dass wir Produkte kaufen, die unserer Bequemlichkeit abhelfen, auch wenn sie unter fragwürdigen Bedingungen hergestellt wurden; dass wir die Natur uns unterwerfen, auch wenn wir ihr besser gehorchten; dass wir dem Ich einen Altar errichten und keine anderen Götter neben ihm dulden.




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24.08.2011 08:06 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Das Kind und das Bad

24.08.2011, 13:51 Uhr | Ein Kommentar von Alexander Görlach

Ratlosigkeit in der Finanzmarktkrise: Neuer Wachstumsbegriff?


Der Debatten-Auslöser von Frank Schirrmacher wurde natürlich von vielen Seiten kritisiert. Auch von Jan Fleischhauer vom „Spiegel“, den ich sehr schätze und der auf The European schon kolumniert hat. Von daher sehe ich mich veranlasst, auch in dieser Woche noch einmal etwas zur Frage zu schreiben „Hatten die Linken nicht doch recht?“

Zum einen habe ich diese Frage rhetorisch verstanden als Zuspitzung der Ratlosigkeit im bürgerlichen Lager: Alles, was uns in den vergangenen drei Jahren an Finanzmarkt-Unbilden widerfahren ist, haben wir nicht in dieser Dramatik vorhergesehen. Wir haben weder das Wissen noch die Sprache, den Finanzmarkt zu umzäunen und zu zähmen. Mehr als „Monster“ haben wir in der Tat nicht hervorgestammelt. Da hat Frank Schirrmacher recht.


Linke Sozialkunde-Lehrer ohne theoretischen Unterbau

Wir haben, und diesen Gedanken hatte Botho Strauß in ähnlicher Form jüngst in der „FAZ“ geäußert, in diesem Land Unsummen für politische Bildung ausgegeben. Zu Recht! Wir, also weite Teile der Bevölkerung, können menschenverachtende oder populistische politische Aussagen, Utopien und Gruppierungen erkennen und enttarnen. Nicht so, wenn es um die Wirtschaft, die Prozesse des Wirtschaftens oder die Finanzwelt geht.

Sie glauben doch nicht im Ernst, dass meine linken Sozialkunde-Lehrer, die mich zu unterrichten am humanistischen Rudi-Stephan-Gymnasium in Worms die Ehre hatten, uns solide eingeführt hätten in die Grundlagen des Wirtschaftens. Globalisierung als Phänomen wurde auf einem ideologischen Raster betrachtet und bewertet, bar jeder Sachkenntnis. Wir brauchen ein Schulfach Ökonomie, um gegen die scheinbar unumstößlichen Narrative der Finanz- und Wirtschaftswelt immun zu werden beziehungsweise, um sie verstehen zu können.


„Lesen Sie Marx!“

An dieser Stelle möchte ich Botho Strauß das Wort geben: „Schumpeter, Eucken, Müller-Armack, von Mises, erst recht Keynes und Friedman gehören nicht nur zur Theorie-Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts, im Vergleich zu anderen Denkern, Historikern oder Philosophen nahmen nicht wenige auch einen erheblichen Einfluss auf die Politik und das soziale Leben .“ Die Theoretiker und Denker der Wirtschaft und des Marktes sind ähnlich bedeutend wie Rousseau, Locke und Voltaire für das Staatsdenken der Moderne. Wie kommen wir in unserem Ethik-, Politik-, Sozialkundeunterricht so ganz ohne sie aus?

In einem Streitgespräch mit einem linken Print-Kollegen, den ich sehr schätze, musste ich mehrfach die Entgegnung auf meine Kolumne vergangene Woche hören: „Lesen Sie doch nach! Das steht so alles schon bei Karl Marx!“ Gut. Danke für den Hinweis auf das Quellenstudium. Für mich ist das genauso, als wenn fromme Muslime aktuelles Weltgeschehen deuten, indem sie sagen: „Das steht alles schon so im Koran.“ Es mag sein, dass einige der Gedanken von Karl Marx nichts an Aktualität verloren haben. Gleichwohl folgt die Geschichte aber nicht einem bestimmten Plan. Denn am Ende, so wissen wir, stand nicht und wird nie stehen der Sieg des Proletariats. Der übersteigerte Verweis auf Quellen – religiöse, quasi-religiöse und nicht-religiöse – führt in Tyrannei und nicht zu Erkenntnisgewinn. Siegesgeheul aufgrund konservativer Versuche einer Neuverortung, einer Selbstvergewisserung ist daher absolut fehl am Platze.


Dem Guten dienen

Und noch was: Ich habe mir erlaubt, vergangene Woche darauf zu verweisen, dass Wirtschaften und Moral in einem Zusammenhang stehen. Auch dafür wurde ich auf The European von Stefan Gärtner heftig kritisiert. Ich habe dazu das Brecht-Diktum „Erst das Fressen, dann die Moral“ umgedreht. Natürlich sei das der Trick der herrschenden Klasse, meint Gärtner, um die Geknechteten dieser Erde in Moralin und Vorgaben zu ertränken, die die Besitzenden selbst nicht einzuhalten gewillt sind.

Ich meinte an der Stelle in meiner Kolumne, lieber Kollege Gärtner, nicht die christliche Moral, für die man das Wirtschaften passend machen müsste. Ich meinte, dass das Wirtschaften selber, die Finanz selber Werten verpflichtet sein soll, weil sie eigentlich dazu da ist, Werte zu schaffen. Eine Ethik des Wirtschaftens bedeutet, dass die Prozesse und Maßnahmen des Wirtschaftens selbst Kriterien zugrunde legen, die dem Guten dienen.


Wie leben ohne die zweite Fabrik?

So und nun komme ich dazu, was das mit Linken und Rechten gleichermaßen zu tun hat: Unser Wirtschaftssystem geht von immer mehr Wachstum aus. Warum? Weil im Wettbewerb mit der globalen Konkurrenz der obsiegt, der effizienter arbeitet. Effizienter bedeutet mit mehr Maschinen, in jedem Fall mit weniger Menschen. Um diese aus dem Raster fallenden Menschen aufzufangen, muss, um es im Bilde zu sagen, eine zweite Fabrik gebaut werden, um diesen Menschen wieder Arbeit zu bieten. Geben wir diesen Wachstumsbegriff auf, kollabiert der Sozialstaat – den in Deutschland SPD wie CDU nicht abschaffen wollen. Also, meine Freunde des linken Spektrums: Nicht das Kind mit dem Bade ausschütten!

Wir müssen diesen Wachstumsbegriff aufgeben, weil die Ressourcen der Erde knapp werden. So einfach ist das. Wen die Linken also mit dem Siegesgeheul fertig sind und die Konservativen die vollgerotzten Flenntücher weggelegt haben, können wir ja mal anfangen, das Problem zu lösen. Die Zeit läuft davon.


Der Journalist Alexander Görlach ist Herausgeber und Chefredakteur von The European. Zuvor war Görlach der Online-Redaktionsleiter des Magazins Cicero und Chefredakteur der BMW-Initiative Club of Pioneers. Seine journalistischen Stationen führten ihn nach New York, London und Rom. Görlach war sieben Jahre lang für das ZDF tätig. Als freier Autor hat Görlach für die FAZ, die Süddeutsche Zeitung und Die Welt geschrieben. Unter anderem war er Pressesprecher der Stiftung des Profifußballers Christoph Metzelder. Der 1976 geborene Journalist ist promovierter Theologe und promovierter Germanist.




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24.08.2011 17:34 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Der ewige Guido Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

Der ewige Guido

25.08.2011, 11:15 Uhr | Kommentar von Christoph Giesa, "The European"


Guido Westerwelle bringt die Nation wieder einmal gegen sich auf. Selbst diejenigen, die in der Frage, wie man sich in der Abstimmung im UN-Sicherheitsrat verhalten solle, auf seiner Seite standen, kommen mehrheitlich nicht umhin, Westerwelles seltsamen Triumphzug dieser Tage peinlich zu finden. Der Pathos, den der Außenminister dabei anbringt, passt allerdings bei einem genaueren Blick ins Bild. Guido war sich selbst schon immer am nächsten. Und wenn ihn schon sonst keiner feiern will, dann feiert er sich selbst. Obwohl noch gar nicht so alt hat er damit einen Wesenszug mit Helmut Kohl, Heide Simonis und sogar Gaddafi gemein: Er erkennt nicht, dass seine Zeit abgelaufen ist und es besser wäre, endlich zu gehen.

Bald ist es ein Jahr her, dass ich das erste Mal gefordert habe, dass sich die FDP von Guido Westerwelle emanzipiert. Lange – zu lange – zog sich der Prozess hin, bis auch bei den maßgeblichen Akteuren die Erkenntnis reifte, dass es unter einem Parteivorsitzenden Guido Westerwelle nicht weitergeht. Aus unerfindlichen Gründen traute man sich dann nicht, die Ära Westerwelle endgültig zu beenden – und muss jetzt feststellen, dass der Außenminister der Partei und der deutschen Außenpolitik weiterhin wie der vielzitierte "Klotz am Bein" hängt.

Das Scheitern des Politikers Guido W. war dabei seit langem absehbar. Dafür gibt es zwei Gründe, die beide in der Persönlichkeitsstruktur des Außenministers angelegt sind. Zum einen fehlt ihm die Fähigkeit, sich Themen mit der notwendigen Ernsthaftigkeit zu nähern, die es zumindest in einer Regierungsrolle braucht. Als Bundesvorsitzender der Jungen Liberalen, als Generalsekretär der FDP und auch als Bundesvorsitzender einer Oppositionspartei wurde das zwar auch immer wieder offenbar, fiel aber nicht allzu stark ins Gewicht, weil für alle drei Positionen galt: Plakativ reicht, mehr wird sowieso nicht wahrgenommen.

Zum anderen ist die Art der Kommunikation, die Guido Westerwelle präferiert, nicht die, die als Außenminister gefragt ist. Während es dort in erster Linie gilt, Demut zu zeigen und auch einmal den geeigneten Moment zu finden, um nichts zu sagen, scheint Westerwelle auch hier immer noch in seinem alten Rollenschema gefangen, ging es doch früher immer in erster Linie darum, möglichst laut zu trommeln, um überhaupt gehört zu werden.


Vom Staubsaugervertreter zum Wirtschaftsprüfer

Man muss es so hart sagen: Guido Westerwelle ist in seinem Amt eine absolute Fehlbesetzung. Ihm fehlte von Anfang an der notwendige inhaltliche Tiefgang und die Nähe zum Thema. Beide Punkte, gepaart mit dem ihm eigenen kranken Ehrgeiz, sind auch die Gründe für die Ausgestaltung eines Koalitionsvertrages, der voll von Prüfaufträgen zwar dazu taugte, auf einem Parteitag fleißig die vor der Wahl versprochenen Punkte mit "versprochen – gehalten" abzuhaken, seit bald zwei Jahren aber im Praxistest schlimmer versagt als die A-Klasse von Mercedes vor einigen Jahren im Elchtest.

Guido Westerwelle verhält sich wie ein erfolgreicher Staubsaugervertreter, der plötzlich zum Wirtschaftsprüfer geworden ist: In der Theorie hat er wohl verstanden, dass die Stelle andere Anforderungen hat und er wird auch nicht müde, jedem zu erzählen, was für unglaubliche Fortschritte er selbst macht. In der Realität allerdings zieht er weiterhin seinen Stiefel durch – und fährt damit auch als Beifahrer die FDP weiterhin gegen die Wand – und was viel schlimmer ist: die deutsche Außenpolitik gleich mit dazu.

Dass Angela Merkel sich genauso wenig wie die FDP selbst dazu durchringen kann, dem traurigen Schauspiel ein Ende zu setzen, ist tragisch, vermutlich aber auch sinnbildlich dafür, dass auch sie die Fäden nicht mehr wirklich in der Hand hält. Guido Westerwelle deckt mit seinen Harakiri-Aktionen nicht nur die eigene Schwäche auf, sondern lässt auch überdeutlich werden: Es herrscht Kanzlerinnendämmerung in Berlin. Dass die beiden dabei gemeinsam von genau dem Mann harsch kritisiert werden, den sie vor einem Jahr unter dem Kopfschütteln weiter Teile der Bevölkerung auf den Bundespräsidentenschild gehoben haben, spricht dabei für sich. Wenn das kein Weckruf für die Koalitionsparteien ist, was soll dann noch fruchten?

Dabei bin ich weiterhin davon überzeugt, dass es auch in den Unionsparteien und insbesondere innerhalb der FDP kluge Köpfe gibt, die sehr viel besser sind als der Ruf ihrer Parteien. Solange diese es allerdings nicht schaffen, sich endlich aus dem Schatten des inhaltsleeren Lautsprechers Westerwelle zu lösen und nicht nur über einen Neuanfang zu reden, sondern Fakten zu schaffen, sind sie Mitschuld daran, dass man derzeit erleben kann, wie eine Partei sich durch Nichtstun faktisch selbst abschafft.


Unternehmensberater Christoph Giesa arbeitet für einen großen Handelskonzern in Hamburg, war Landesvorsitzender der Jungen Liberalen Rheinland-Pfalz und scheiterte 2004 knapp am Einzug ins Europaparlament. Als Initiator der Bürgerbewegung zur Unterstützung von Joachim Gauck als Bundespräsidentschaftskandidat und Mitbegründer der linksliberalen FDP-Vereinigung "Dahrendorfkreis" machte Christoph Giesa sich bundesweit einen Namen. Das Zeitgeschehen kommentiert er auch in seinem Blog unter blog.christophgiesa.de. Sein zweites Buch “Bürger. Macht. Politik.” ist gerade im Campus Verlag erschienen.




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25.08.2011 11:48 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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26.08.2011, 11:15 Uhr | Kommentar von Nicholas Siegel, "The European"

Die Hagia Sofia in Istanbul


Kaum ein europäischer Staatschef würde wohl auf die Idee kommen, im Spätsommer noch einmal schnell in der somalischen Hauptstadt Mogadischu vorbeizuschauen. In den letzten zwanzig Jahren haben sich ausnahmslos afrikanische Staatsoberhäupter in Mogadischu blicken lassen. Die Stadt gilt zu Recht als extrem gefährlich; seit dem Sturz Siad Barres im Jahr 1991 gibt es keine stabile Regierung in Somalia.

Doch in der vergangenen Woche waren Flughafen, Hafen und zahllose kriegsgeschädigte Gebäude mit Postern eines Staatsgastes tapeziert. Vor dem Hintergrund der roten Landesflagge posierte ein stolzer Recep Tayyip Erdogan. Doch warum reist er nach Mogadischu, gemeinsam mit seiner Familie und fünf Ministern? Die Gründe hatte Erdogan einige Tage zuvor während einer Parteisitzung in Ankara dargelegt: "Jeden Tag sterben Hunderte unserer afrikanischen Brüder. Was macht der Rest der Welt, was macht der Westen? Reichen sie ihre Hand?"


Nichts geht mehr ohne Ankara

Während einer Pressekonferenz in Mogadischu mit dem somalischen Präsidenten Sharif Scheich Ahmed versprach Erdogan, eine Botschaft zu eröffnen (es wäre die sechste Vertretung eines anderen Landes in Somalia) und den Bau von Schulen, Brunnen, Häusern und Kliniken zu unterstützen. Er kündigte auch an, die Hilfszahlungen der Türkei über die bereits vereinbarten 110 Millionen Dollar hinaus zu erweitern und die schlimmste Dürreperiode seit 60 Jahren zu bekämpfen.

Und doch ist es vor allem der Besuch in Mogadischu selber, der am meisten Eindruck hinterlassen hat. Er geht Hand in Hand mit der Politik eines Präsidenten, der in den letzten acht Jahren seine nationale Stellung zementiert und gleichzeitig für die internationale Prominenz der Türkei gesorgt hat. Eine offensive Außenpolitik hat dazu geführt, dass das Land sich zum eindrucksvollen regionalen Akteur gewandelt hat. Nichts geht auf dem Balkan, im Nahen Osten, in Nordafrika und in Teilen Zentralasiens ohne die Mitwirkung der Türkei. Der Arabische Frühling hat die Dinge verkompliziert – man denke nur an den Grenzkonflikt der Türkei mit Syrien – aber die Außenpolitik des Landes nicht nachhaltig verändert.

Zu Hause ist er unangreifbar. Nach dem dritten Wahlsieg in Folge hat Erdogan nun auch das Militär in seinen Einflussbereich gebracht. Zehn Prozent der türkischen Generäle sitzen mit Putschverdacht im Gefängnis, die anderen geben sich entweder unterwürfig oder sind zurückgetreten. Erdogan ist der stärkste türkische Führer seit Atatürk. Doch seine zukünftige Türkei wird weniger säkular und westlich geprägt, als es den Gründungsvätern vorschwebte.


Die Macht am Bosporus

Der Besuch in Mogadischu war daher eine große Chance für Erdogan. Vor allem während des Fastenmonats Ramadan gab es kaum eine bessere Gelegenheit, Solidarität und Großzügigkeit in der muslimischen Welt zu demonstrieren. Die Welt sah, wie ein unerschrockener muslimischer Staatschef in eine Krisenregion flog, um Hilfe und Stabilität zu bringen. Die Menge jubelte, türkische Flaggen wurden gehisst – und die Stellung der Türkei in der Region wurde nachhaltig gestärkt. "Istanbul", so sagt Erdogan, "ist inzwischen der populärste Mädchenname in Somalia."

Es steht außer Frage, wer als Verlierer aus diesem Besuch hervorgeht. Erdogan hat seine Worte bewusst deutlich gewählt und in Ankara all jene angeklagt, die "seit Jahrhunderten geplündert haben und die Region an diktatorische Regimes überlassen haben, wenn es den eigenen Interessen entsprach". Der Traum vom EU-Beitritt ist verblasst, die Türkei wird ohne den Westen zu neuem Glanz kommen. Und das ist – da ist Erdogan überzeugt – ein Verlust für Europa.


Nicholas Siegel ist Programmdirektor der "Transatlantic Academy" des Marshall-Funds. Zuvor war Siegel stellvertretender Direktor des transatlantischen Programms des "Atlantic Council of the United States" und Mitarbeiter der historischen Fakultät der Diplomatischen Hochschule in Wien und der UN Industrial Development Organization. Nicholas Siegel lebt in Washington, DC.




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26.08.2011 12:15 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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27.08.2011, 15:35 Uhr | Ein Kommentar von Howard Leathers


Technisch betrachtet ist das Problem der Unterernährung gelöst. Die Welt produziert genügend Lebensmittel, um für jeden eine ausreichende Ernährung zu gewährleisten. Dennoch sind noch immer nahezu 15 Prozent der Weltbevölkerung unterernährt. Da Lebensmittel nach Einkommen verteilt sind, ist der Ruf nach Umverteilung eine häufige erste Reaktion: „Der Westen soll weniger essen und den Überschuss den Afrikanern geben.“ Das ist jedoch keine zweckmäßige Lösung.


Freiwillige Konsumänderungen

Oft hört man die Behauptung, „ethischer Konsum“ – meist ist damit verringerter Fleischkonsum oder Vegetarismus gemeint – würde das in der Fleischproduktion verwendete Getreide „freisetzen“, womit man hungrige Menschen ernähren könne.

Dieser Gedankengang ist falsch. Würden Menschen weniger Geld für Lebensmittel ausgeben und dabei gleichzeitig mehr für – sagen wir – sehr teure Haarpflegeprodukte, produzierte das globale Wirtschaftssystem weniger Nahrung und dafür mehr Haarpflegeprodukte. Auf geringere Lebensmittelpreise würden Landwirte antworten: „Lasst uns produzieren, was die Leute kaufen wollen; oder lasst uns die Landwirtschaft ganz aufgeben und in die Stadt ziehen, wo wir uns in der aufstrebenden Haarpflegeproduktindustrie betätigen können.“

Es genügt also nicht, den eigenen Lebensmittelkonsum zu ändern. Wenn man eine Wirkung erzielen möchte, müsste man seinen kompletten Konsum verringern, den gesparten Betrag spenden und hoffen, dass dieses Geld effektiv genutzt wird, um den Hunger zu bekämpfen. Aber seien wir ehrlich: So großzügig sind wir nicht. Wir wissen bereits, wie Spenden funktionieren und trotzdem verwenden wir unser Geld lieber anders.

Europäer geben ca. 200 Milliarden Euro pro Jahr für Reisen ins Ausland aus. In Schwarzafrika gibt es 200 Millionen unterernährte Menschen. Man könnte eine Regelung schaffen, die es den Europäern verbietet, Auslandsreisen zu machen und jedem Hungernden in Schwarzafrika 1.000 Euro zur Verfügung stellt.

Die Probleme mit Vorschlägen wie diesem sind mehr als offensichtlich. Die Europäer würden solch eine drakonische Beschneidung ihrer persönlichen Freiheit nicht akzeptieren. Und wie könnte man es selbst realisieren? Selbst wenn europäische Regierungen es schaffen würden, diese Mittel einzufordern, wie würden sie verteilt? Durch die (möglicherweise korrupten) nationalen Regierungen in Afrika? Direkt an die Unterernährten? Dies würde einen Anreiz schaffen, sich als unternährt klassifizieren zu lassen.


Der praktische Weg zur Lösung

Jede umsetzbare Lösung muss daher zwei komplementäre Elemente beinhalten: Der Anstieg sowohl der Ernteerträge als auch des Wirtschaftswachstums, um das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen in armen Ländern zu erhöhen.

In den letzten 50 Jahren haben asiatische Länder unbestreitbar demonstriert, dass Anstieg des Pro-Kopf-Einkommens Unterernährung reduziert. Aber Ökonomen kennen keinen klaren Weg zum Wirtschaftswachstum: Die Effektivität von Auslandshilfe und wie konstruktive Globalisierung auszusehen hat, sind umstritten. Zudem gibt es keine Einigkeit darüber, wie bessere Institutionen zur Förderung des Wirtschaftswachstums geschaffen werden könnten. Die Schritte, die benötigt werden, um die Ernteerträge zu erhöhen, sind bekannt, aber auch hier ist die Umsetzung nicht immer einfach.

Doch Erfolg ist möglich. Unterernährung ist in Asien von 41 Prozent in den frühen Siebzigern auf 16 Prozent 35 Jahre später gefallen; in Ghana von 27 Prozent auf weniger als fünf Prozent innerhalb von 15 Jahren. Dennoch sollten wir nicht auf Umverteilung als einfache Versprechen zur Lösung des Welthungerproblems hereinfallen.


Howard Leathers, ist Associate Professor of Agricultural Economics and der Universität von Maryland, College Park. Er schreibt regelmäßig über Landwirtschaft und Hungersnöte, unter anderen in seinem Buch "The World Food Problem".



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27.08.2011 22:31 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Republikaner - Die Partei der Klimasünder Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

28.08.2011, 14:25 Uhr | Ein Kommentar von Harry Tisch, The European

Der republikanische Präsidentschaftskandidat Rick Perry spricht in Texas vor Anhängern


Großer Unmut macht sich in der progressiven Welt breit, wenn der Blick auf das Feld der potenziellen Präsidentschaftskandidaten der Republikanischen Partei in den USA fällt.
Klimaschutz ist erst der Anfang

Dabei wirken nicht nur die einhellig dem Klassenstandpunkt zuwiderlaufenden Thesen aller Kandidaten zum Menschenrecht, ungeborene Kinder über den Jordan zu befördern, oder zu Bildungsfreiheit und Staatsausgaben verstörend, sondern auch dass mit Ausnahme des ewigen Zweiten Mitt Romney und des 1-Prozent-Kandidaten Jon Huntsman kein Einziger von der Notwendigkeit überzeugt ist, den Klimaschutz zum Thema zu machen. Der Weltfeind Nummer eins in spe, Rick Perry, rückt diesen sogar in die Nähe der Esoterik.

In der Wissenschaft herrscht ein 90-prozentiger Konsens, dass der Mensch durch CO2 die – obwohl sie ab und an eine Pause einlegen mag – rasant fortschreitende Erderwärmung herbeiführt, einige sprechen von 95 Prozent. Auch wenn dies immer noch knapp unter jenem 99,97-prozentigen Konsens liegt, der in den Leuchttürmen der progressiven Welt die weitsichtige Politik der Partei der Arbeiterklasse getragen hatte, hat der Genosse Huntsman völlig recht, wenn er dazu aufruft, sich hier nicht gegen diesen zu stellen.

Dass Lehrstühle, öffentliche Fördergelder und Aufträge für Klimatologen möglicherweise wegfallen könnten, würden sie inhaltlich zu anderen Ergebnissen gelangen, da sie ja gerade dafür bezahlt werden, die Erwärmung zu erforschen, kann keine Begründung dafür sein, diesen Konsens infrage zu stellen. Zum Vergleich: Hat es etwa jemals in unseren Breiten eine mit hauptamtlichen Mitarbeitern betriebene Forschungsstelle "gegen Rechts" gegeben, die zu dem Ergebnis gekommen wäre, grottige Wahlergebnisse der NPD oder abnehmende Mitgliederzahlen in rechtsextremistischen Parteien wären ein Zeichen für deren sinkende Bedeutung? Und wie bereits der Genosse Lyssenko korrekt herausgearbeitet hat, bringen regressive Auffassungen zur Wissenschaftlichkeit von Erkenntnis uns nicht weiter auf einem Weg in eine bessere, sozial gerechtere und ökologisch nachhaltigere Gesellschaft.


Die Partei hat immer recht

Deshalb ist es sinnvoll, gerade auf Gebieten wie der Klimaforschung weiterhin die bewährte Vorgehensweise zu pflegen: Die Partei gibt ein Ziel vor, die Wissenschaft greift es auf, setzt sich bei seiner Verfolgung beherzt über kleinbürgerliche technokratische Dogmen hinweg und kann sich im Gegenzug der vollen Unterstützung der Partei sicher sein. Sozialistische Staatswesen konnten in der Vergangenheit auf diese Weise unter anderem bahnbrechende Erkenntnisse auf Gebieten wie "Rassenkunde", "Erbgesundheitslehre" bzw. nach 1945 "Marxismus-Leninismus" gewinnen. Diese endeten jäh, als der Imperialismus eines wissenschaftsfeindlichen Landes wie der USA, wo es noch Homeschooling oder Lehrpläne mit Intelligent Design gibt, seine Einmischungspolitik in Europa probte und damit auch noch Erfolg hatte.

Dass die Lehre von der menschengemachten Erderwärmung – ähnlich wie die oben genannten Forschungsdisziplinen – keine Wissenschaft wäre, sondern eine politische Ideologie, deren Grundlage der Hass auf die Menschheit wäre, können hingegen nur von den Ölkonzernen bezahlte, gewissenlose Lobbyisten behaupten.

Die meisten Klimaaktivisten, etwa aus den Volkskirchen, würden sich niemals offen für Ziele wie Zwangsmaßnahmen zum Zwecke der Depopulation bzw. umfassenden staatlichen Bevölkerungskontrolle aussprechen. Allerdings würden auch sie sich wohl logischen Schlüssen am Ende nicht verweigern. Und wenn die Klimaforschung entdeckt, dass es schlecht ist, wenn viele Menschen in Städten leben, aber genauso, dass es schlecht ist, wenn sie die Landgebiete zersiedeln, ist es ja nur eine naheliegende Schlussfolgerung, zu behaupten, dass es schlecht ist, wenn überhaupt so viele Menschen leben.

Wie dringlich einschneidende Maßnahmen geboten sind und wie ernst die Lage wirklich ist, unterstreichen die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Klimaforschung unter dem Dache der NASA. Sie hat herausgefunden, dass es möglicherweise nicht einmal einer ökosozialistischen Welteinheitsregierung bedarf, um den Planeten vom Schädling Mensch zu befreien. Es könnten vielmehr Aliens aus entfernten Dimensionen den rasanten Ausstoß an Treibhausgasen als aggressiven Akt deuten und zu Gegenmaßnahmen greifen.


Das gab es doch alles schon einmal

Gegen so viel an überzeugendem, unwiderlegbarem wissenschaftlichem Weitblick kommt ein Rick Perry mit seiner Leugnerdemagogie nicht an. Wie wir aus den 80er-Jahren wissen, hatte mit dem Melmac, dem Heimatplaneten der Außerirdischen Lebensform ALF, bereits ein Planet jenes Schicksal erlitten, das der Erde droht, und war, nachdem er zu heiß gelaufen war, explodiert. Die umfassenden Klimaschutzbemühungen dieser Zivilisation – wie Ächtung ehelicher Kinder oder Verzehr von Hauskatzen – konnten am Ende die Katastrophe nicht verhindern.

Von diesem Schicksal aufgeschreckt dürften die Aliens keinen Augenblick zögern, uns Klimasünder zu vernichten, um andere Zivilisationen zu schützen.

(Dank für sachdienliche Hinweise an den Genossen Daniel Fallenstein)


Durch die kapitalistische Restauration in der DDR an einer großen Karriere bei den Thälmannpionieren gehindert, nutzte der Harry Tisch die Jahre nach der Wende, um sich die Grundlagen der Weltanschauung des Marxismus-Leninismus in Eigenregie anzueignen. Seit dessen Gründung 2009 schreibt er regelmäßig für das Blog http://bluthilde.wordpress.com/ und begleitet auf seine Weise von der Hilde-Benjamin-Geburtsstadt Bernburg aus die unaufhaltsame Transformation der spätkapitalistischen Produktionsverhältnisse im großdeutschen Ausbeuterstaat hin zu Fortschritt und Sozialismus.





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28.08.2011 14:23 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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29.08.2011, 14:42 Uhr | Ein Kommentar von Richard Schütze


Schatten über Merkels Kanzlerschaft

Als in Gegenwart von Finanzminister Wolfgang Schäuble auch noch SPD-Altkanzler Helmut Schmidt bei einer Veranstaltung der „Zeit“ dem von beiden Politikern aus unterschiedlichen Gründen nicht besonders geliebten Schmidt-Nachfolger Helmut Kohl „vollständig recht“ gab, war das Image-Debakel vollendet. Das Schmidt’sche Abkanzeln der Euro- und Außenpolitik der Regierung Merkel wirkte wie ein Schlussstein in einer langen Reihe von Kritiken, die sich die Führungen von Union und FDP in der vergangenen Woche vorwiegend auch aus den eigenen Reihen zugezogen hatten. Bemängelt wurde - allen voran von Kohl - nicht nur ein außerparlamentarischer Aktivismus ohne Kompass und Ausrichtung, Werte und Prinzipien, Verlässlichkeit, Berechenbarkeit und Führung in der Außen- und Sicherheitspolitik, sondern auch ein eklatanter Mangel an Erklärungen und Standortbestimmungen in der Europapolitik und in grundsatzpolitischen Fragen.


Die Euro- und NATO-Krisen der Regierung

Die deutsche Politik bringe Europa in Verruf und den Zusammenhalt in der NATO in Gefahr. Im Zusammenhang mit den Eurorettungsschirmen und besonders dem Griechenland-Rettungspaket wird die Regierung bereits am 7. September eine schon heute sorgenvoll erwartete Antwort des Bundesverfassungsgerichts erfahren. Arbeitsministerin von der Leyens mit den Kabinettskollegen offenbar nicht abgestimmter Vorschlag, durch bundesdeutsche Steuerzahler „gegenfinanzierte“ (um ein Modewort der deutschen Politik zu gebrauchen) Kredite an bonitätsferne Länder nur noch gegen Sicherheitsleistungen in Gold zu vergeben, sollte der Regierung eine gut gemeinte Entlastung bringen. Doch gerade von den wohlwollend Bedachten wurde diese Idee als skurril abgetan.

Deutschland gerät international zwischen die Stühle und besonders in den USA und in Europa in Verruf. Bei den Wählern der bürgerlichen „Koalition der Mitte“ macht sich Ratlosigkeit breit. Das Schweigen des Auslands zu den Auftritten des von der Kanzlerin ungebremsten deutschen Außenministers ist brüllend laut; mit bloßen Händen versucht Verteidigungsminister de Maizière zu retten, was noch zu retten ist und bietet deutsche Soldaten für eine Schutztruppe im Maghreb an, die niemand will und braucht. Finanzminister Schäuble unternahm in der CDU/CSU-Fraktion immerhin den Versuch, in einen Dialog mit den Abgeordneten zu kommen. Aber weder er noch Kanzlerin Angela Merkel konnten einflussreiche Parlamentarier wie Wolfgang Bosbach, Ruprecht Polenz oder den Chef der mit 126.000 Mitgliedern stärksten Organisation in der Union, Philipp Mißfelder, überzeugen. Die Kanzlermehrheit für die Verabschiedung der mit Frankreichs Neonapoleon Nicolas Sarkozy abgestimmten Eurorettungsmaßnahmen im deutschen Bundestag ist in Gefahr. Und auch die CSU will nun die mit Sarkozy vereinbarte „echte Wirtschaftsregierung“ in Europa mit einem „europäischen Wirtschaftsminister“ nicht mehr mittragen und findet nur noch die Festschreibung von Verschuldungsobergrenzen in den Verfassungen der Eurostaaten gut. Die Aus-Rede der Kanzlerin, jede Zeit habe eben ihre spezifischen Herausforderungen und heutzutage sei alles viel komplexer als zu Zeiten ihrer Amtsvorgänger, bringt politische Schwergewichte wie den Einheitskanzler Kohl, aber auch Weltökonom Schmidt erst recht in Rage. Aus der Krisenforschung weiß man, dass Menschen sogar extrem belastbar sind, wenn für die Problembewältigung ein klarer Lösungsweg aufgezeigt und eine sinnvolle Perspektive geboten werden.


Die programmatischen Krisen in Union undFDP

Aber im Umfeld der Kanzlerin wird stattdessen fleißig weiter gezündelt. Forschungsministerin Annette Schavan reicht es noch nicht, dass sie als stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende von der eigenen Parteibasis nur noch als Ersatzdelegierte für den nächsten CDU-Bundesparteitag nominiert wurde. Hatte sie schon mit ihrem dezidierten Eintreten für die Zulassung der embryonalen Stammzellforschung die (im Jargon der Märkte) wertegetriebenen und sich den Themen Lebensrecht und Lebensschutz verpflichtet fühlenden Anhänger der Union vergrätzt, so sattelt sie unverdrossen weiter drauf. Als hätte die Regierung nicht schon genug Ärger am Hals, werden mit immerhin 230.000 Euro Steuergeldern Schwangerschaftsfrühtests mit dem Fokus auf das Down-Syndrom gefördert. „Das ist Behindertendiskriminierung in der schlimmsten Form“, wettert der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung Hubert Hüppe; hier gehe es „nicht um Therapie, sondern um Selektion“ argwöhnt der CDU-Politiker im Berliner „Tagesspiegel“. Es handele sich ganz offensichtlich um eine „Rasterfahndung mit dem einzigen Ziel, Menschen mit Behinderung auszusortieren und zu töten“.

Währenddessen ist die FDP mit ihrer programmatischen Neuausrichtung auch noch keinen sichtbaren Schritt weiter gekommen. Nicht einmal zum Thema Eurobonds gibt es eine klar einheitliche Linie. Das Versprechen des sympathisch wirkenden Vorsitzenden und Wirtschaftsministers Philipp Rösler auf dem Parteitag im Mai, von nun an werde den Wählern „geliefert“, harrt seiner Erfüllung. Statt irgendeines stringenten Ansatzes zu wenigstens einer Steuervereinfachung – mit einer Entlastung rechnet ernsthaft niemand mehr – schaut die FDP zu, wie trotz Abschaltung der Atomkraftwerke die Regierung völlig unbeirrt weiter die neu geschaffene Brennelementesteuer erhebt und auch mit der neuen Luftverkehrssteuer Unternehmen wie Air Berlin mit vielen Arbeitsplätzen in Gefahr geraten. Dass das nicht nur die „Reichen“, sondern am Ende auch viele Lebensversicherte und kleine Aktienanleger trifft, die sich eine Rücklage fürs Alter schaffen wollten, kümmert niemand.


Auch Wulff reicht’s

Auch Bundespräsident Christian Wulff ist nun bedient. In einer von den Medien als „Donnerhall vom Bodensee“ betitelten Rede am 24. August vor 17 Nobelpreisträgern und 350 Ökonomen in Lindau geißelte er das ungebremste Schuldenmachen in der Politik. „Wir haben die Wahl zwischen Sparsamkeit und Freiheit oder Überfluss und Knechtschaft“, warnte Wulff und resümierte mit Blick auf Bürger und Steuerzahler: „Wer rettet am Ende die Retter?“

Für Angela Merkel und die Führung der bürgerlichen Koalition wird es höchste Zeit, einen stimmigen Masterplan vorzulegen, aus dem sich die Grundprinzipien des politischen Handelns der bürgerlich konservativen Koalition und Perspektiven für eine planvolle Gestaltung der Zukunft ergeben. Sonst droht dieser Regierung der Showdown.


Seit mehr als 30 Jahren nehmen Akteure aus Politik und Wirtschaft die Expertise von Richard Schütze als Medienmanager und Kommunikationstrainer in Anspruch. Richard Schütze ist Geschäftsführer der Berliner Politik- und Kommunikationsberatung Richard Schütze Consult. Der Rechtsanwalt hat sich in zahlreichen Publikationen und Medien als Autor und Interviewgast mit dem Image von Politikern beschäftigt. Als Horst Köhler am 31. Mai 2010 als Bundespräsident zurücktrat, prognostizierte der PR-Berater die Kandidatur von Christian Wulff.



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29.08.2011 16:22 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Präsident Wulff kritisiert die EZB: Hier spricht Bellevue - Sie sind umzingelt! Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

30.08.2011, 12:40 Uhr | Kommentar von Martin Eiermann, "The European"

Bundespräsident Wulff hat sich zu Wort gemeldet.


Als Bundespräsident Wulff sich letzte Woche in Lindau hinter das Rednerpult schwang, hatte er ein Manuskript vor sich, bei dem ich auch nach mehrmaligem Durchlesen immer noch nicht so genau weiß, was der höchste Mann im Staate denn damit eigentlich bezwecken wollte. Ein bisschen Europanostalgie, ein bisschen Kapitalismuskritik; Wulff eierte etwas planlos durch das kleine Einmaleins des modernen Konservativen und erntete dafür – soviel Anstand muss sein – den pflichtbewussten Applaus der anwesenden Intelligentsia. Die Frage, warum er sich ohne äußeren Anlass mehrere Wochen nach dem EU-Beschluss zum ausgeweiteten Rettungsschirm ex post facto gegen den Aufkauf von Staatsanleihen durch die EZB ausspricht, ist er genauso schuldig geblieben wie Antworten auf die Frage, wie europäische Solidarität denn zu definieren sei wenn, Zitat Wulff, Solidarität allein an der Bereitschaft zu bemessen [sei], andere finanziell zu unterstützen, für sie zu bürgen oder gar mit ihnen gemeinsam Schulden zu machen.

Im Rest der Republik las sich das dann so: Wulff rechnet ab, warnt, greift scharf an, brandmarkt, tadelt mit seiner Strafpredigt die Kanzlerin, banalisiert, übt als oberster Populist barsche Kritik. Man konnte den Eindruck haben, dass der bisher eher blasse Bundespräsident nach Monaten des wütenden Sinnierens derwischgleich auf die große Bühne drängte, um endlich Einhalt zu gebieten und das finanzpolitische Lotterleben mit klaren Worten und großen Gesten zu beenden. Hier spricht Bellevue – Sie sind umzingelt!

Das wäre eine nette Geschichte gewesen, die – aller präsidialen Gelassenheit zum Trotz – in Zeiten der Verunsicherung und der ausufernden Systemkritik durchaus als Signal hätte gelten können. Qua Amt ist Wulff wahrscheinlich der einzige, der bei einer Grundsatzrede nicht direkt niedergebrüllt worden wäre. Aber – ein Euro ins Phrasenschwein –, das Leben ist kein Wunschkonzert. Auch die Medien können sich keinen Präsidenten herbeischreiben, den die Realität nicht hervorgebracht hat. Wulff hat, da hat Sven Böll vom SPIEGEL ausnahmsweise Recht, vor allem viel von dem nacherzählt, was seit einer gefühlten Ewigkeit alle wissen also die Allgemeinplätze präsidial geadelt.

Und seine schärfste, beißendste, vernichtendste Kritik? Wulff schreibt: Mich stimmt nachdenklich, wenn erst im allerletzten Moment Regierungen Bereitschaft zeigen, Besitzstände und Privilegien aufzugeben und Reformen einzuleiten. Erst recht, wenn die obersten Währungshüter dafür auch noch weit über ihr Mandat hinausgehen und massiv Staatsanleihen derzeit im Volumen von über 110 Milliarden Euro aufkaufen. Dies kann auf Dauer nicht gut gehen und kann allenfalls übergangsweise toleriert werden. Auch die Währungshüter müssen schnell zu den vereinbarten Grundsätzen zurückkehren. Ich halte den massiven Aufkauf von Anleihen einzelner Staaten durch die Europäische Zentralbank für rechtlich bedenklich.

Diese Bedenken – mag könnte sie auch als gesunden Menschenverstand umschreiben – werden seit Monaten diskutiert. Unter anderem von Wulff selber, der sich im Februar 2011 mit dem italienischen Präsidenten über die Praktiken der EZB unterhielt und seine Sorgen bereits dann öffentlich machte. Oder eben von jenen Staats- und Regierungschefs, die seit Monaten um die Ausgestaltung des Rettungsschirms ringen. Oder von den Mitgliedern der EZB, für die ein massiver Aufkauf von Staatsanleihen eine Abkehr von der Tradition und Grund für interne Diskussionen darstellt. Wenn die Schuldenkrise in trauter Einigkeit abgehandelt worden wäre, dann wärs auch keine Krise gewesen. Unter den zig Stimmen, die aktuell um die finanz- und währungspolitische Interpretationshoheit ringen, ist Herr Wulff sicherlich nicht derjenige, der sich als großer Kritiker oder Populist hervorgetan hätte. Er lobt die EU (Unser Europa muss uns alle Anstrengung wert sein), macht offensichtliches explizit (Wer rettet aber am Ende die Retter?) und warnt vor Kurzschlussreaktionen (Viele Maßnahmen sind umstritten). Wer das als beißende Kritik interpretiert, ist wohl noch nie von Professoren, Eltern oder Chefs einmal richtig zusammengefaltet worden.
Zu den Waffen!

Es ist en vogue in diesen Tagen, die Märkte zu kritisieren; ich selbst tue es mit Hingabe und Ausdauer. Einer der Kritikpunkte: Wie ein wild gewordene Horde rempeln sich die Händler von einem Gerücht zum nächsten und lassen die Kurse dabei Achterbahn fahren. Jedes Quäntchen Optimismus droht zum Hype zu werden, jede schlechte Bilanz zum Inferno. Doch Herdentrieb ist meistens Mist – egal, ob er sich in schmelzenden DAX-Werten manifestiert oder in der Tatsache, dass die Mär des keifenden deutschen Präsidenten für zwei Tage ein munteres Eigenleben im Netz zu führen schien (und dann zu Recht tief in der Versenkung verschwand).

Zum Abschluss daher die offensichtliche und offensichtlich rhetorisch gemeinte Frage: Wer hat hier angegriffen und abgerechnet? Das Bundespräsidialamt? Oder doch eher die Presse? Viel Zeit zum Überlegen bleibt nicht. Die nächsten Säue warten schon drauf, durch die nächsten Dörfer getrieben zu werden.


Der gebürtige Mainzer Martin Eiermann ist leitender Redakteur bei The European. Er studierte von 2006 bis 2010 Geschichte und politische Philosophie an der Harvard University. Er schrieb unter anderem für The European, Cicero Online und die Bundeszentrale für politische Bildung.




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30.08.2011 13:12 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Menno! Endlich redet das amtierende Bundespräsi mal wenigstens ansatzweise Klartext, und schon pisst ihm ein Eiermann ans Bein ...

Doc meistens

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31.08.2011, 13:50 Uhr | Ein Kommentar von Alexander Görlach, The European

Welches Bild gibt die Regierung ab - mit Abstand betrachtet?


Manche Dinge stehen in besserem Licht da, wenn man sie mit Abstand betrachtet. Manche nicht. So wie die Politik der Bundesregierung. Auch acht Stunden hinter der deutschen Zeit und mit der Gelassenheit, die man entwickeln sollte, wenn man durch die Berge Wyomings wandert, wird es nicht besser. Das zweite Jahr der zweiten Legislatur der zweiten Regierung Merkel geht zu Ende. Die Sommerpause hat den Erosionsprozess der Christdemokraten beschleunigt. Teufel schlägt die CDU, Kohl schlägt Merkel. Die Anhängerschaft der Union reibt sich die Augen, alles andere als devot wartet sie darauf, bei den nun anstehenden Treffen mit der Kanzlerin Dampf abzulassen.

Das politische Berlin hatte sich vor meiner Abfahrt in die USA schon wieder leise auf das Ende der Sommerpause eingesummt. Aus dem SPD-Umfeld heißt es, dass die Koalition die Griechenland-Abstimmung im Bundestag nicht überleben wird. Die FDP würde nicht mitziehen. Die Kanzlerin würde nach dieser Blamage und dem Ende von christlich-liberal mit wechselnden Mehrheiten weiterregieren. Aus dem Unionslager wurde und wird eifrig gestreut, dass es Angela Merkel gewesen sein soll, die den irrlichternden Außenminister gerade und mit größter Kraft davon abhalten konnte, im Sicherheitsrat bei der Libyen-Abstimmung nicht mit Nein zu stimmen. Die Betroffenen, also CDU und FDP, bestreiten die jeweiligen Darstellungen.


In der Welt der Spinning-Märchen

Apropos Dampf ablassen: Es ist ja kein Geheimnis, dass mich der Kurs dieser Regierung psychisch stark lädiert. Ich habe mich Anfang Juli mit letzter Kraft in die Sommerpause geschleppt. Klar, ich bin ja eigentlich ein schwarz-grüner. Und klar: Ich hätte mir 2009 auch noch eine Verlängerung der Großen Koalition vorstellen können. Beides ist nicht gekommen. Der Wähler wollte es so. Aber mit dieser Quittung hat ja keiner rechnen können.

Wann wurde Frau Merkel zur Machttaktikerin? Wann hat sie begonnen, Politik mit den Umfragen im Blick zu machen? Alles in ihrer zweiten Legislatur. In der Großen Koalition war das noch anders. Nicht, weil die SPD nur großartig gewesen wäre. Die Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten hat aber immer besser funktioniert als das in der jetzigen Konstellation der Fall ist. Die SPD hat aber - und das ist auch wieder so ein Spinning-Märchen in Berlin - nicht nur unter Deck geknüppelt und hart gearbeitet, während Frau Merkel auf dem Sonnendeck spaziert ist und alles Lob für sich alleine eingestrichen hat.


Zuflucht zu den Umfragen genommen

Merkel hat hart gearbeitet, das ganze Kabinett hat geliefert, Deutschland wurde gut regiert. Weil Frau Merkel und die CDU sich seit 2009 nicht sicher sein konnten, ob die beiden kleinen Koalitionspartner CSU und FDP nicht jeweils auf die Kosten des anderen losschlagen und alle Disziplin fahren lassen, wurde sie unruhig, suchte Sicherheit außerhalb ihres direkten Umfeldes in den Umfragen.

Die Krise hat in den vergangenen Wochen gezeigt, dass Leadership gefragt ist. Nur so bleibt Vertrauen in die Politik erhalten oder wird wieder gewonnen. Frau Merkel hätte jeden Tag erklären müssen, warum wir den Euro retten, wie wir das machen, was unsere Vision für Europa ist. Das geschah eher verhalten bis ganz wenig.


Spielplätze gehen vor Währungsunion

Zwei Jahre sind noch eine lange Zeit, um das Ruder herumzureißen - auch ein Bild, das gerade in Berlin häufiger bemüht wird. Die FDP, so wird gestreut, wird im Bundestag bleiben. Sie wird ihren Außenminister austauschen (hierzu gibt es auch gegenläufige Behauptungen, die im Umlauf sind). Die SPD wird sich auf Frank-Walter Steinmeier als Kanzlerkandidaten festlegen (auch hier verschiedene Versionen; die ist im Moment für mich die wahrscheinlichere). Steinmeier hat sich, nach zwei Jahren in der Opposition, gut positioniert, als er der Kanzlerin Zusammenarbeit bei dem zweiten Griechenlandpaket angeboten hat.

Und was wird die CDU in den nächsten zwei Jahren machen? Das ist - horribile dictu - leider nicht vorauszusagen. Wir können Blei gießen oder Karten legen. Denn die Verlässlichkeit der Christdemokraten ist dahin. Jetzt zählen Spielplätze in Wahlkreisen mehr als die Währungsunion. Wechselnde Mehrheiten im Sicherheitsrat gehen vor transatlantischer Verlässlichkeit. Die konservative Welt ist aus den Fugen. Um es mit Martin Heidegger zu sagen: "Nur noch ein Gott kann uns retten". Oder mit Gernot Hassknecht: "Habt ihr noch alle Latten am Zaun?"

Kurz vor Beginn des Parlamentsbetriebs bleibt mir nur der erschöpfte Ruf: Nur halb so viel Energie ins parlamentarische Schaffen wie ins Streuen von Geschichten legen, dann klappt’s vielleicht auch bald wieder mit den Inhalten. Es hilft alles nichts, ich muss wieder in die Wälder. Mich zurückziehen, in mich gehen. Was wird nur aus meiner CDU? Vielleicht finde ich irgendwo einen Stock, in den ich beißen kann. Ich möchte mit meinem Schreien nicht die Tiere des Waldes verschrecken.


Alexander Görlach: Der Journalist ist Herausgeber und Chefredakteur von The European. Zuvor war Görlach der Online-Redaktionsleiter des Magazins Cicero und Chefredakteur der BMW-Initiative Club of Pioneers. Seine journalistischen Stationen führten ihn nach New York, London und Rom. Görlach war sieben Jahre lang für das ZDF tätig. Als freier Autor hat Görlach für die FAZ, die Süddeutsche Zeitung und Die Welt geschrieben. Unter anderem war er Pressesprecher der Stiftung des Profifußballers Christoph Metzelder. Der 1976 geborene Journalist ist promovierter Theologe und promovierter Germanist.




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31.08.2011 22:52 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Visionslose Kanzlerin: Wo Kohl ins Schwarze trifft Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

02.09.2011, 12:50 Uhr | Kommentar von Hans-Peter Schütz, "The European"


Angela Merkel: Gelassener Umgang mit Kohl-Kritik

Helmut Kohl hat mit seiner spektakulären Interview-Attacke auf Angela Merkel ein zeitgeschichtliches Ausrufezeichen gesetzt. Vergleichbar kritisch ist noch kein amtierender deutscher Regierungschef mit einem Amtsvorgänger in den Clinch gegangen. Nicht Konrad Adenauer mit Ludwig Erhard, noch Willy Brandt mit Helmut Schmidt.

Angela Merkel hat so eisgekühlt auf die Attacke von Altkanzler Kohl reagiert, wie es wohl nur einer Politikerin möglich ist, die Machtpolitik nach den Regeln betreibt, mit denen sich Physiker ihren Experimenten zuwenden. Da kommt ein Amtsvorgänger aus der eigenen Partei daher und wirft ihr vor, ihr fehle rundum der politische Kompass. Sei nur getrieben von machtpolitischer Taktiererei, lasse feste Standpunkte jederzeit außen vor. Rede gerne von der Politik der kleinen Schritte, ohne jemals verlässlich zu sagen, wo sie hin wolle. Heute her mit noch mehr Kernkraft, morgen raus, so schnell es geht.


Inhaltsleere Coolness

Und dann antwortet diese Frau cool, jede Zeit habe eben ihre spezifischen Herausforderungen. Übersetzt in Klartext heißt das: Dieser Abkanzler ist aus der Zeit der modernen Politik gefallen, spricht aus seiner längst vergangenen eigenen politischen Welt ahnungslos in die politische Neuzeit hinein.

Wie kann man damit so gelassen umgehen, wie dies Angela Merkel tut? Man kann in ihrem Fall natürlich so argumentieren, wie dies Sachsen-Anhalts CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff tut. Wer wie Merkel als Mädchen das Physikstudium absolviert habe, sei geprägt fürs Leben. Führe und agiere in der Männerwelt der Politik mit speziellem Stil, mit der notwendigen Intuition und dem gebotenen Maß an Instinkt.

Betrachtet aus der Sicht des Reiner Haseloff, hat Angela Merkel in der Tat perfekt reagiert. Sie beantwortet die Fragen, die an den Kern ihrer Politik gehen, einfach nicht. Weder wenn sie von einem Helmut Kohl kommen, aber auch nicht, wenn sie in eher verdeckter Weise von Bundespräsident Wulff gestellt werden. Wo gehen wir hin? Wo ist der Standort der Bundesrepublik in Europa? Wie sieht die Zukunft der CDU aus? Weg mit dem großen „C“ auf immer und ewig? Und sei es, dass damit sogar der Verlust des Charakters der Volkspartei verbunden ist?

Längst kursiert in ihrer Partei die Überzeugung, dass die nächste Bundestagswahl bereits verloren, die Partei inhaltlich wie personell ausgeblutet ist. Und beinahe tagtäglich verschlimmern sich die innerparteilichen Depressionen. Die selbst vom Koalitionspartner FDP dokumentierte Untauglichkeit des deutschen Außenministers Westerwelle fällt auf die CDU-Kanzlerin zurück. Die oberste politische Verantwortung für die Enthaltung in der Libyen-Frage trägt schließlich sie und nicht Westerwelle. Hat sie ihn dazu gezwungen? Oder überredet?


Wer kann noch Kanzler?

Andere Fragen in der Partei lauten: Weshalb gibt es in den Reihen der CDU nicht wenigstens noch einen, dem man stillschweigend Kanzlerformat zutraut? Alle weg ein Merz, ein Koch, ein Mappus. Rat- und hoffnungslos blickt die Basis auf die Parteizentrale, wo ebenfalls seit Jahren keiner mehr mit einem programmatischen Kompass sitzt. Genauer: nicht mehr sitzen darf. Und vordenken kann, wie dies einst einem Heiner Geißler möglich war. Männer mit politischen Führungseigenschaften und Standpunkten hat Angela Merkel nie um sich geduldet.

Doch wer in diesen Zeiten der rapiden globalen wirtschaftlichen und finanzpolitischen Veränderungen, wie ein Helmut Kohl sie nie meistern musste, politische Verantwortung trägt, müsste einen klar über den Tag hinausweisenden Kurs erkennen lassen. Bei Merkel ist das nicht der Fall. Die CDU ist am Ende, in diesem Punkt hat Helmut Kohl bei der Nachfolgerin tatsächlich ins Schwarze getroffen.


Die Laufbahn von Hans-Peter Schütz begann in der Bonner Politik, erst als Korrespondent für die Stuttgarter Nachrichten, später als Leiter des Bonner Büro des “stern”. Von 1996 bis 1999 war er Ressortleiter Politik des “stern”, seit 2007 arbeitet er als freier Autor und Kolumnist für den “stern”.




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02.09.2011 12:47 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Tschüss, Wikileaks – guten Tag, Transparenz Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

03.09.2011, 14:07 Uhr | Ein Kommentar von Eberhard Lauth


Wikileaks hat als globaler Schlüssellochgucker vielleicht bald ausgedient

Mag sein, dass Wikileaks tot ist. Gut möglich, dass letztendlich Julian Assanges Egomanie und Größenwahn dafür verantwortlich sind, wie mancherorts gemutmaßt wird. Und gut möglich, dass die Vorgänge um die Whistleblowing-Plattform und deren Hintermänner (gab’s da eigentlich Frauen?) bei historischer Betrachtung irgendwann gerade einmal für eine Fußnote taugen werden: Wikileaks, im Jahr 2010 oft verwendetes Synonym für Transparenz und Aufklärung, im Jahr 2011 Schauplatz der Nachwehen einer zerbrochenen Männerfreundschaft, danach offline.

Fest steht, dass das Projekt Wikileaks tatsächlich viel von seiner ursprünglichen Strahlkraft eingebüßt hat. Der letzte Akt dieser Entmystifizierung waren die unredigierten Diplomatendepeschen, die nun Informanten aus aller Welt in Gefahr bringen. Ob nun der „Guardian“-Journalist David Leigh die Schuld daran trägt, weil er das Passwort zur Datei mit diesen Depeschen in einem Buch veröffentlicht hatte – so die Wikileaks-Darstellung – oder die Organisation selbst, ist eigentlich nebensächlich. Vielmehr muss man sich fragen, ob nicht von Anfang an zu viel Hoffnung in dieses Projekt projiziert wurde.


Absolute Kontrolle der Mächtigen?

Wikileaks war die einfachste Lösung, um sich zu Transparenz zu bekennen. Es gab eine Star-Figur dazu. Weil viele der geleakten Dokumente die globalen Aktivitäten der USA in wenig vorteilhaftem Licht zeigten, passte es einem leicht ins Weltbild. Und die Geschichte von der Kulturrevolution des Hackings als Metaebene dazu war auch schön.

Oder klang die Vorstellung etwa nicht toll, dass mit Wikileaks endlich die absolute Kontrolle der Mächtigen über ihr Herrschaftswissen gebrochen werde? Mehr Demokratie, powered by Internet? Davon darf’s gerne ein wenig mehr sein.

Zugegeben, dieser Text ist auch eine Selbstkritik, denn auch ich habe mich von der Person Julian Assange und all dem Brimborium drumherum beeindrucken lassen. Doch die gute Nachricht lautet: Es ist letztendlich egal, ob er ein hoffnungsloser Egomane ist, der über Leichen geht, denn für die Kulturtechnik Transparenz ist es ohnehin besser, wenn keine Selbstdarsteller involviert sind.


Es gibt keine Guten und keine Bösen

Transparenz beruht auf Vertrauen und Verantwortung, wie Jörg Wittkewitz auf „Telepolis“ schreibt: „Es geht um das Recht der informationellen Selbstbestimmung. Wenn ein Mensch Informationen übermittelt, muss er die Chance haben, die Art und Weise und den Umfang der anschließenden Verarbeitung dieser Daten zu kontrollieren. Im geringsten Fall sollte jeder erfahren können, wer was von ihm oder ihr weiß, um einen Antrag auf Löschung zu initialisieren.“

Diese Verantwortung hat Wikileaks nicht übernommen und damit das Vertrauen zerstört, das der Plattform sehr lange entgegengebracht worden ist. Es lässt sich eben doch nicht über die besseren Algorithmen und Verschlüsselungstechniken allein herstellen, sondern auch über den Menschen. Und der handelt – vor allem, wenn er mit dem Rücken zur Wand steht – eben auch dumm und egoistisch.

Das zeigt, dass immer hinterfragt gehört, in wessen Hände man Informationen legt. Es gibt keine Guten und keine Bösen. Es gibt höchstens mündige Bürger. Solange manche von ihnen weiterhin auf ihr Recht pochen, zu erfahren, was Regierungen mit ihrem Geld, ihren Daten und auch sonst so treiben, hat Wikileaks einen guten Dienst erwiesen. Irgendwer musste das Thema ja in den Mainstream tragen.


Der Journalist Eberhard Lauth arbeitete viele Jahre als freier Autor und in den Chefredaktionen der österreichischen Magazine "Wiener" und "Seitenblicke Magazin". 2009 gründete er das Meinungsmagazin "ZiB21". Lauth ist Jahrgang 1974, lebt und arbeitet in Wien.




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04.09.2011 16:15 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Bitte zwing mich, zum Wohle der Gesellschaft Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

04.09.2011, 14:12 Uhr | Der Presseschauer, "The European"


War Warren Buffetts und Bill Gates’ Idee, mindestens die Hälfte ihres Vermögens für einen wohltätigen Zweck zu spenden, vielleicht etwas zu großspurig? Hat diese Idee daher nicht gefruchtet? Oder warum wirbt Buffett jetzt für die Kampagne "Besteuert uns!“, bei der sogar Liliane Bettencourt scheinbar bereitwillig ihre Geldschatulle öffnet? Oder handelt es sich bei ihr schlicht um wahlkampftechnisches Kalkül, um Nicolas Sarkozy den Rücken – und damit ihren eigenen – zu stärken?

Abseits von Wahlkampf und prinzipieller Aufmerksamkeit ist es eine hehre Idee, der gesellschaftlichen Spaltung entgegenzuwirken. Aber handelt es sich dabei nicht viel mehr um ein Schuldeingeständnis von Warren Buffett und seinen Freunden, diese Spaltung durch das eigene Handeln erst verursacht zu haben? Und weil die Reichen einer freiwilligen Absolution nicht nachkamen, soll diese jetzt unter Zwang erfolgen?

Unter Vermögenden scheint es populär zu sein, wenigstens – wenn man schon Geld für die Allgemeinheit geben muss – den Verwendungszweck bestimmen zu wollen. Insofern ist es nachvollziehbar, dass man eher bereit ist, etwa Geld für Bildung anstatt staatlicher Transferleistungen geben zu wollen. Ebenso werden an den Staat Maßstäbe der Effizienz angelegt, die man aus dem unternehmerischen Umfeld kennt.
Schulden statt Gaben

Der Ex-Banker Harald Christ weiß im Interview mit "Spiegel Online" zu erwähnen: "Es fällt einem als Vermögender nämlich leichter, höhere Steuern zu zahlen, wenn man weiß, dass mit dem Geld auch sinnvoll umgegangen wird.“ Als ob es dem Normalbürger leichter fällt, unter Zwang Geld ungeachtet des Zwecks zu verteilen – wohl kaum. Insofern traf Peter Sloterdijk schon vor über einem Jahr den Punkt dieser Diskussion. Er verdeutlichte: "Es geht mir um den Grundzug unseres Steuersystems, dass es den Gaben- oder Spendencharakter der zivilen Steuer absichtlich ausblendet und stattdessen nur ihren Zwangs-, Pflicht- und Schuldcharakter hervorhebt.“

Wenn jeder, der kann, von sich aus Geld für das Wohl der Gesellschaft geben würde, wäre das nach dem deutschen Soziologen Norbert Elias zivilisiert. Er beschreibt Zivilisation mit der "prozesshaften Ausbildung individueller Selbstregulierung trieb- und affektbedingter Verhaltensimpulse. Nicht die Zivilisation ist das eigentlich fest Bestehende, sondern der sich verändernde Zwang zum Selbstzwang und das Erlernen individueller Selbstregulierungen im Zusammenleben mit anderen Menschen.“

Somit stellt sich unwillkürlich die Frage, wie primitiv die Forderung nach Gesetzen, in diesem Fall einem Steuergesetz, ist. Ebenso fällt es schwer zu behaupten, das deutsche Steuersystem wäre eine zivilisatorische Glanzleistung. Da Systeme generell dazu einladen, nach ihren Grenzen, Widersprüchen und Schlupflöchern zu suchen, ist gerade das überbordende deutsche Steuersystem prädestiniert für Versuche, dem System ein Schnippchen zu schlagen. In internationalen Unternehmen meint man gar, ganze Staaten gegeneinander ausspielen zu müssen. Teilweise zahlt man den Managern mehr als den Staaten.


Wie viel Staat ist notwendig?

Dabei sorgt der Staat für eine gesellschaftliche Stabilität, die einerseits ein wirtschaftliches Handeln erst ermöglicht und andererseits bares Geld kostet. Doch darf bezweifelt werden, dass diese Stabilität weiter existieren würde, wenn jeder nach eigener Interessenlage zweckbestimmt Geld für die Allgemeinheit gibt. Wen interessiert denn schon das Infrastrukturprojekt am anderen Ende der Republik oder ob es dort genügend Kindergärten und Schulen gibt?

Natürlich kann man sich auch hinstellen und weniger Staat fordern. Nur wie viel Staat ist tatsächlich nötig, um ein friedliches Zusammenleben zu gewährleisten? Für Anarchie sind wir wohl zu primitiv und Zustände wie in Somalia sind nicht ausgeschlossen.

Asoziale gibt es nicht nur in Form von plündernden Großstädtern, sondern auch bald auf den Luxusyachten im Porto Montenegro. Bei den einen erscheint dies offensichtlich; bei den anderen gibt man sich nach außen hin kultiviert und meint insgeheim es gäbe ein monetäres Faustrecht. Das Plündern der sozialen Sicherungssysteme ist nicht nur bei Hartz-IV-Empfängern zu verurteilen, sondern auch bei den Spitzenverdienern im Lande durch Steuervermeidungsstrategien.


Unter dem Motto "und wieder prasselt alles auf mich ein“ befasst sich der Presseschauer seit 2008 mit aktuellen Themen und Themen, die ihm persönlich relevant erscheinen. Besonders gern sieht er dabei politischen Akteuren auf die Finger und freut sich wie ein Honigkuchenpferd, wenn er Widersprüche in der Argumentation entdecken kann. Die Beteiligung am politischen Diskurs sieht er als demokratische Bürgerpflicht. Der Presseschauer betrachtet sich selbst als Hobbylobbyist, der dem Hacktivismus frönt.



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05.09.2011 08:15 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Merkel, Macht und Missverständnisse Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

05.09.2011, 12:33 Uhr | Richard Schütze, "The European"


Merkel steht in der Kritik, einen Schlingerkurs zu fahren


Kein Kompass, keine Richtung, keine Perspektive. Nahezu alle politischen Beobachter sind sich einig: Altkanzler Kohl treffe mit dieser Kritik an seiner Nachfolgerin Angela Merkel ins Schwarze. Die Kanzlerin reklamiert trotzig, jede Zeit habe ihre eigenen spezifischen Herausforderungen. Sie beantworte aber die Fragen nach dem Kern ihrer Politik nicht und lasse keine über den Tag hinausweisende Kursbestimmung erkennen, hält Hans-Peter Schütz der CDU-Chefin entgegen.

Doch reicht es nicht aus, dass Merkel Deutschland „gestärkt“ erst aus der Finanz-, dann aus der Atom- und nun aus der Euro- und Schuldenkrise herausführen will? Betont sie nicht unermüdlich, dass es gelte, Land und Leute fit für das 21. Jahrhundert und die Zukunft zu machen? Und wenn sie sich in Europa umschaut: Steht ihr dann nicht ins Gesicht geschrieben, dass sie das Pathos von Neo-Napoleon Nicolas Sarkozy, das Brimborium von Bunga-Berlusconi oder das zaristische Gepränge Wladimir Putins bestenfalls als übertrieben empfindet?


Überraschend ausgeglichen

Lehrt sie ein Rückblick in die Geschichte nicht, dass die dem Fernsehzeitalter und BILDgebenden Medien huldigenden SPD-Staatsschauspieler Schmidt-„Schnauze“ und „Glotze“-Schröder trotz schneidiger Auftritte jeweils auf halbem Wege der eigenen Kanzlerschaft verlustig gingen? Und überlebte CDU-Parteipatriarch und Dauerkanzler Kohl die Konkurrenz nicht zuvörderst mit dickfelligem Aussitzen?

Verfolgt die Kanzlerin denn nicht in der Hitze des politischen Krisenmanagements eine eigene Agenda und zeigt sich dabei überraschend ausgeglichen? Welchen Vorteil hätte es für sie, strategische Ziele und philosophische Grundlagen einer „hidden Agenda“ offenzulegen? Das Publikum kann doch beobachten, wie sich die innere Einstellung und „Denke“ der Kanzlerin in einer unaufgeregten Haltung, wie sich ihre „Corporate Philosophy“ in einem sichtbar Ruhe bewahrenden Verhalten (Behaviour) ausdrückt. Und hat Merkel nicht ihren rasant vollzogenen Glaubensabfall von der friedlichen Nutzung der Kernenergie für alle nachvollziehbar damit begründet, dass nach dem Reaktorunfall in Fukushima nichts mehr so sein könne wie zuvor?

Doch politische Führung verlangt nach mehr Kommunikation, nach Darlegung von Grundsätzen und Leitideen. Die amerikanischen Kommunikationspsychologen Joseph Luft und Harry Ingham haben schon vor einem halben Jahrhundert mit ihrem Kommunikationsmodell („JoHari-Fenster“) klar gemacht, dass die Offenbarung von Absichten und Zielen eine wichtige Grundlage für das Verständnis, ein daraus resultierendes Einverständnis und damit eine Motivation für solidarisches und engagiertes Handeln ist.

In einem Führungs- und Markenmodell zur Herausbildung einer imagebildenden Identität von natürlichen und juristischen Personen (Corporate Identity) hat der Schweizer Kommunikationsexperte und Manager Walter von Wartburg den organischen Zusammenhang von Denken, Handeln, Kommunizieren und dem Erscheinungsbild von Persönlichkeiten und Organisationen entwickelt. Danach empfinden Menschen dann ein zustimmendes und eigene Aktivitäten anregendes Gefühl (Feel) für eine planvoll vorgehende Person oder eine zielgerichtet operierende Organisation (Corporate), wenn mit Transparenz und Wahrhaftigkeit ein nachvollziehbar geordneter Zusammenhang vom Denken (Think) über ein sichtbar wahrnehmbares Verhalten der Führungspersönlichkeiten bis hin zu demonstrativ symbolischen Handlungen (Walk) erklärt (Talk) und ihnen so das gesamte Auftreten inklusive dem äußeren Erscheinungsbild (Corporate Design) einsichtig vor Augen gestellt wird (Look).


Aufklärung und Transparenz

Will Merkel also ihre Partei, die deutschen und europäischen Staatsbürger und im September 2013 auch die Wähler überzeugen, so muss sie sich im Klaren sein, dass jeder Massenbewegung eine intellektuelle Elitenbewegung vorangeht. Dann muss sie dem Bedürfnis der Menschen nach Auf- und Erklärung ihrer Intentionen und zentralen Anliegen glaubhaft Rechnung tragen. Menschen fühlen sich dann manipuliert und auch missbraucht, wenn sie über die „Denke“ der sie führenden Persönlichkeiten, die ja zu einem Verhalten aufrufen, Zustimmung einfordern und Ansprüche auf Gefolgschaft stellen, in wesentlichen Teilen im Unklaren gelassen werden.

Auch die Kanzlerberater sind verantwortlich, diese „Mission possible“ mit Merkel zu erarbeiten und sie damit im wahrsten Sinne des Wortes vertrauenswürdig zu machen. Alles hängt nun davon ab, ob Merkel tatsächlich ein mit der Philosophie der Union übereinstimmendes Anliegen in sich, oder ob sie nur unsichtbare – weil nicht vorhandene – Kleider wie in der Parabel vom nackten Kaiser trägt. Und ob sie bereit ist, aus einem grundsätzlichen Missverständnis von Kommunikation zur Herstellung einer auf mehr Wahrheit und Werten basierenden Communio zu finden.


Seit mehr als 30 Jahren nehmen Akteure aus Politik und Wirtschaft die Expertise von Richard Schütze als Medienmanager und Kommunikationstrainer in Anspruch. Er ist Geschäftsführer der Berliner Politik- und Kommunikationsberatung Richard Schütze Consult. Der Rechtsanwalt hat sich in zahlreichen Publikationen und Medien als Autor und Interviewgast mit dem Image von Politikern beschäftigt. Als Horst Köhler am 31. Mai 2010 als Bundespräsident zurücktrat, prognostizierte der PR-Berater die Kandidatur von Christian Wulff. - Der Autor möchte Angela Merkel zum Tode ihres Vaters sein herzliches Beileid ausdrücken.



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06.09.2011, 12:31 Uhr | Ein Kommentar von Gerhard Fehr


Nicht jeder ist so klug wie Albert Einstein. Nicht jeder verarbeitet Informationen so verlässlich wie IBMs Supercomputer Deep Blue. Und nicht jeder ist so willensstark wie Mahatma Gandhi. Klingt nachvollziehbar, oder? Trotzdem halten große Teile der Wirtschaftswissenschaft bis heute an einem Menschenbild fest, das genau vom Gegenteil ausgeht. Vom Homo oeconomicus, der immer rational handelt und dabei unbeirrbar seinen persönlichen Nutzen maximiert. Von einem Prototypen, der zu gleichen Teilen aus Einstein, Deep Blue und Gandhi besteht.

Dieser Übermensch ist die Grundlage unserer Wirtschaftspolitik. Sie glaubt an den Egoismus des Individuums und daran, dass das Kollektiv am meisten profitiert, wenn sich dieser Egoismus frei entfalten kann.


Der Instinkt fürs Gute

So weit die Theorie. In der Praxis zeigt sich, dass der Mensch alles andere ist als ein Homo oeconomicus. Er macht ständig Fehler, trifft unlogische Entscheidungen, wird von Verlustängsten geprägt und liebt den Status quo. Er legt großen Wert auf Fairness und Kooperation. Und er ist von Natur aus auch sozial und mit einem sicheren Instinkt fürs Gute ausgestattet.

Was auf den ersten Blick vielleicht wie das Weltbild eines naiven Träumers klingt, basiert auf unzähligen Laborexperimenten und Feldstudien von Verhaltensökonomen. Sie zeigen, dass unser Zusammenleben und Wirtschaften von sozialen Präferenzen geprägt sind – also der Motivation, etwas für andere zu tun, das weit über den materiellen Eigennutzen hinausgeht. Diese Erkenntnisse können nicht nur Unternehmen zu einem nachhaltigen Erfolg verhelfen oder das Leadership im Management verbessern, sondern erklären auch die Errungenschaften unserer Zivilisation.

Zum Beispiel die Demokratie. Um sie herbeizuführen, bedurfte es in der Geschichte immer Menschen, die für die Weiterentwicklung der Gemeinschaft hohe Risiken eingingen, die in keinem Verhältnis zu ihren persönlichen Vorteilen standen. Egal ob auf dem Tahrir-Platz in Kairo oder dieser Tage in Syrien: Diese Vorgänge gesellschaftlicher Kooperation lassen sich mit dem Modell des Homo oeconomicus nicht erklären.

Trotzdem lautet die Frage weniger, ob es dieser Tage noch Bestand hat. Vielmehr geht es darum, wie wir die Kenntnis um das irrationale Wesen des Menschen und seine sozialen Präferenzen in der Praxis anwenden. Ein globaler Klimaschutz etwa kann erst dann funktionieren, wenn politische Vertreter verstehen, dass die Verteidigung ihrer nationalstaatlichen Interessen keine Lösung ist. Anstatt auf Klimagipfeln keine Resultate zu erzielen, gehören hier endlich Experten an einen Tisch geholt, die Kooperations- und Anreizstrukturen für einen funktionierenden Klimaschutz entwerfen.


Wer wir sind, wie wir handeln

Oder der Kampf gegen die Nikotinsucht: Seit Jahren wird öffentliches Geld für Plakatkampagnen vergeudet, die Menschen dazu anreizen sollen, endlich mit dem Rauchen aufzuhören – ohne Erfolg. Viel effizienter wäre es, darüber nachzudenken, mit welchen Maßnahmen man jene Kooperationsräume schaffen kann, die in Rauchern den Wunsch wecken, ihre Mitmenschen nicht mehr zu stören.

Sicher, kein Mensch ist bereit, unendlich zu kooperieren. Es gibt genug Momente, in denen es sinnvoll ist, zuerst auf sich zu schauen. Gerade darum ist es wichtig, Kooperation und Altruismus so anzuregen, dass nur wenige Menschen in Versuchung geraten, egoistisch zu handeln. Die Verhaltensökonomie kann dabei helfen, genau diese Lösungen zu finden. Allerdings nur, wenn wir endlich anerkennen, wie Menschen wirklich sind – und nicht daran festhalten, wie sie sein sollten, damit sie in das normative Bild des Homo oeconomicus passen.


Der Österreicher Gerhard Fehr ist Unternehmensberater, Mitgründer und CEO von FehrAdvice. Sein Beratungsunternehmen setzt auf die neuesten Erkenntnisse der Verhaltensökonomie, also auf jenes Entscheidungsverhalten, das den scheinbar irrationalen menschlichen Faktor berücksichtigt.



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