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wassermann11
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21.06.2011, 11:15 Uhr | Von Alexander Kissler


Krise ist immer, doch das vielfach ineinander verschlungene Krisenlamento unserer Tage beeindruckt. Die „Darfur-Krise“ ist mir noch geläufig, die „Mugabe-Krise“ ebenso, und ob in Hellas und Portugal wir derzeit Eurokrise, Schuldenkrise oder Finanzkrise erleben, ist für das katastrophale Gesamtszenario einerlei. Die Griechen scheinen ganz Europa in den ökonomischen Abgrund ziehen zu können, in Lissabon hat der neue Premierminister „zwei furchtbare Jahre“ in Aussicht gestellt. Jean-Claude Juncker sieht derweil Irland, Belgien, Italien, Spanien ebenfalls auf der Liste der konkursreifen Staaten. Auch die USA scheinen mit vollen Segeln einem Staatsbankrott entgegenzueilen: Kehrt die Welt zurück zur Goldwährung, zum Tauschprinzip, zum Naturalienhandel?


Die Krisologie nährt ihre Jünger

Auch die „EHEC-Krise“ mag und mag nicht enden, deutsche Forscher tappen zäh im Dunkeln. Ist bald alle Nahrung eine zum Tode? Die Hacker-Angriffe nehmen zu, legen Flughäfen lahm, behindern den Geldverkehr und sorgen für Hilflosigkeit. Das Kyoto-Protokoll wiederum zum globalen Klimaschutz gilt als gescheitert, ganz im Gegensatz zur Nachfolgeregelung bei al-Qaida. In Libyen wird gemordet und in Syrien und in Pakistan. China exekutiert wie ehedem seine Todesurteile und verhaftet Regimegegner. Von der Nahrungsmittelknappheit und den Bürgerkriegen in den „Hungerregionen“ wollen wir gar nicht reden.

Die Krisologie nährt ihre Jünger. Nirgends aber ist eine Überschrift in Sicht, die all das sinkende Sein in den Begriff brächte. Der Eindruck herrscht vor, man werde sich schon irgendwie durchwursteln. Im Durchwursteln hat die Menschheit Erfahrung. Das wird schon alles nicht so schlimm werden, lautet der Refrain. Die USA können nicht untergehen, der Euro kann nicht verschwinden, den EHEC-Keim wird man unschädlich machen, das Klima wird sich beruhigen, China wird die Demokratie noch zu schätzen lernen, da brauche es Geduld, und am Ende aller blutigen Aufstände stehe der Frieden, die Freiheit, die Republik.

Was aber, wenn alles Schlimme nur gekommen ist, um schlimmer zu werden? Wenn es tatsächlich langsam zu Ende geht mit Mutter Erde, Vater Staat? Wenn der Mensch künftig immer weniger Herr wird seiner Hervorbringungen und seines Widerparts namens Natur? Was also, mit einem Wort, wenn die Krisenakkumulation sich zur Apokalypse aufgipfelt? Wenn damit die heute noch undenkbare Überschrift gefunden wäre?


Bislang waren die Abgesänge verfrüht

Dagegen sträubt sich unser aller Empfinden, auch meines. Tatsächlich ging die Welt bis heute nicht unter. Tatsächlich waren alle Abgesänge verfrüht, alle düsteren Prophezeiungen Scharlatanerie. Der Mond hat sich nicht dauerhaft verdunkelt, die Sonne ihr Strahlen nicht eingestellt. Irgendwann aber ist alles vorbei. Und kurz davor wird man vermutlich am inbrünstigsten überzeugt sein, man habe alles im Griff.

Wer also – im Umkehrschluss – dem menschlichen Treiben eine längere Frist zusprechen will, der übe sich beizeiten in Apokalyptik. Sie hat in der Vergangenheit entscheidend dazu beigetragen, dass die finale Offenbarung ausblieb, bis ins Jahr 2011.


Alexander Kissler schreibt neben seinem Engagement bei The European regelmäßig für das Magazin “Focus”, die “Süddeutsche Zeitung” und “Cicero”. Er hat Neuere deutsche Literaturwissenschaft, Mittlere und Neuere Geschichte sowie Medienwissenschaft in Marburg studiert. Mit einer Arbeit über den deutsch-jüdischen Schriftsteller Rudolf Borchardt wurde er dort 2002 promoviert. Mehr über Alexander Kissler und seine Veröffentlichungen auf www.alexander-kissler.de.



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21.06.2011 18:12 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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22.06.2011, 11:15 Uhr | Andre Wilkens, The European


Europa und die Türkei - gemeinsam in eine Richtung?

Die Türken haben Erdogan mit einer komfortablen Mehrheit wiedergewählt. Der Wahlausgang war für die meisten Beobachter nicht überraschend. Also, nichts Neues in der Türkei?

In der Balkonrede nach Erdogans erstem Wahlsieg 2002 war die Orientierung an Europa und das klare Ziel der EU-Mitgliedschaft das zentrale Thema. In seiner Siegesrede im Jahr 2006 spielte Europa noch eine gewisse, wenn auch schon stark abgeschwächte Rolle. In seiner Balkonrede am 12. Juni 2011 kam die Europäische Union schließlich überhaupt nicht mehr vor. Manche in Europa wird das freuen. Ich bin jedoch der Meinung, dass uns das sehr zu denken geben sollte, nicht nur wegen des bilateralen Verhältnisses zwischen der EU und der Türkei, sondern auch wegen der heutigen Stellung und Attraktivität Europas an sich.


Umgekehrte Vorzeichen

Um diese neue Europa-Abstinenz in der Türkei zu verstehen, lohnt es sich, die Situation vor zehn Jahren mit der heutigen zu vergleichen. Vor zehn Jahren war die EU selbstbewusst, optimistisch und auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung. Die Osterweiterung war in vollem Gange, der Euro wurde eingeführt, die erste europäische Verfassung wurde entworfen. Zeitgleich kämpfte die Türkei mit einer schweren Finanzkrise und hing am Tropf des Internationalen Währungsfonds. Ein großer Teil der Türkei war bettelarm, und Arbeitsmigration nach Europa war für viele Türken die einzige reale Möglichkeit, ihre Lebensbedingungen mittelfristig zu verbessern. Einen möglichen EU-Beitritt unterstützten 70 Prozent der türkischen Bevölkerung und verbanden damit vor allem wirtschaftlichen Wohlstand und politische Stabilität.

Zehn Jahre später scheint die Situation nun spiegelverkehrt. Die EU ist inmitten einer Finanz-und Identitätskrise. Der EU-Verfassungsentwurf wurde in französischen und niederländischen Referenden abgeschossen. Übrig blieb der technokratische Lissabon-Vertrag, der aber die wichtige Frage der wirtschaftlichen und finanzpolitischen Regierungsführung ausließ. Dafür wurden zwei neue EU-Chefposten geschaffen und mit Leuten besetzt, die auch heute noch kaum jemand kennt. Außenpolitisch hat die EU viele Chancen vertan, wie sich beim Klimagipfel in Kopenhagen und kürzlich beim Arabischen Frühling zeigte. Die Finanzkrise 2008 traf die EU härter als anfangs gedacht und legte die systemischen Schwächen des Euro offen. Seit 2009 ist die EU in einem permanenten Krisenmanagement gefangen.

Weiter südlich hatte die Türkei demgegenüber eine außerordentlich gute Dekade. Die Wirtschaftsleistung vervierfachte sich und die Türkei erfreut sich stabiler politischer Rahmenbedingungen. Sie hat sich zu einem respektierten außenpolitischen Akteur mit „Soft Power“ entwickelt. Bis tief in das anatolische Hinterland sprüht die Türkei vor Selbstbewusstsein und Optimismus. Im Zehnjahresrückblick ist die Europa-Abstinenz in Erdogans Balkonrede also leicht nachzuvollziehen.
Wir brauchen einander

Aber es muss nicht bei diesem Trend bleiben. Europa wird sich letztendlich aus der Euro-Krise befreien, seine Strukturen und Personalien neu ordnen und seine Führungsrolle bei innovativen, wissenschaftsintensiven Industrien ausbauen. Europas „Soft Power“ bleibt stark als Raum der Demokratie, der Menschenrechte, der starken sozialen Netzwerke und der kreativen Entfaltung. Die Türkei wird sich weiter dynamisch entwickeln, wobei eine Überhitzung mit möglichen wirtschaftlichen Rückschlägen nicht ausgeschlossen ist. Ob die Türkei ihre wichtige politische Stabilität und ihre Reformdynamik behalten kann, wird auch davon abhängen, ob Erdogan seine autoritären Tendenzen zügeln kann.

Eine weiter stabile und prosperierende Türkei und eine sich erholende EU sollten die Basis für eine erneute Annäherung sein. Heirat nicht ausgeschlossen.


Der Leiter des Kompetenzzentrums Internationale Verständigung der Stiftung Mercator und Gründungsmitglied des European Council on Foreign Relations, Andre Wilkens, hat mit sechs anderen deutschen Stiftungen einen Offenen Brief an die Bundesregierung unterzeichnet, in dem er sichim Namen der Stiftung für eine Stärkung Europas einsetzt.



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22.06.2011 17:03 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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25.06.2011, 11:15 Uhr | Ein Kommentar von Eberhard Lauth


Hektisches Leben in der Großstadt

Der Mensch, so scheint es, ist nicht für die Zivilisation gemacht. Die Zivilisation macht unmäßig. Sie macht fett. Sie macht Rückenschmerzen. Sie macht alt. Und sie ruiniert nebenbei unseren Planeten.

Nun bin ich der Letzte, der gerne auf die Zivilisation verzichten möchte. Ich möchte nicht einmal mehr auf dem Land leben, auch wenn dem Landleben gemeinhin ein entschleunigender und heilender Einfluss auf alle Stadtgeschädigten nachgesagt wird – also auf jene, die von den Auswüchsen der Zivilisation als besonders geschädigt gelten.


Angst und Stress bevorzugt

Von dieser Form des Idylls hatte ich in meiner Kindheit und Jugend genug. Den Rest meines Lebens bevorzuge ich in Angst und Stress zu verbringen – so wie mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung.

Das Leben in einer dicht bevölkerten Umgebung (vulgo Stadt), so steht es in einer dieser Tage in der Zeitschrift "Nature" publizierten Studie vom Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim, erhöht nämlich das Risiko für Angstzustände und Depressionen. Mögliche Ursache dafür, folgern die Forscher, könnte der Stress in der Enge des urbanen Raums sein. Warum? Weil die Gehirnaktivitäten bei der funktionellen Magnetresonanztomografie diesen Schluss nahelegen: Je größer der Herkunftsort des Probanden während der Beobachtung, desto aktiver war seine Amygdala. Und je länger er in einer Stadt gelebt hatte, desto aktiver war auch sein cingulärer Cortex. Amygdala und cingulärer Cortex sind für Angst, Stress und depressive Phasen in unserem Leben zuständig – und wer in der Stadt lebt, beschäftigt diese Hirnregionen besonders ausgiebig.

Diese These – hier noch einmal ausführlicher in "Wired" nacherzählt – klingt sehr plausibel, darf aber nicht als Vorwand verstanden werden, sich das Landleben schönzureden. Das wurde samt der Zersiedelung ganzer Landstriche zu Suburbia ohne Gesicht, Infrastruktur und Chance auf Abkehr von der Motorisierung lange genug als Ideal hochgehalten.


Autos haben in einer menschenfreundlichen Stadt nichts verloren

Jetzt gilt es, aus Studien wie der obigen eine Empfehlung dafür abzuleiten, dass die Rahmenbedingungen für unser Leben in den Städten dringend unseren Bedürfnissen angepasst gehören. Mit menschenfreundlicher Architektur und rigiden Verkehrskonzepten, die endlich den motorisierten Individualverkehr beschränken, anstatt ihn zu fördern oder zu verstecken.

Vor allem die Übermacht des Autos ist es doch, die einen in der Stadt unter Stress setzt. Autos engen ein wie wenig anderes und drängen den Menschen im öffentlichen Raum Straße an deren Ränder. Autos haben in einer menschenfreundlichen Stadt der Zukunft schlicht nichts verloren. Und so wichtig sie für den Fortschritt unserer Gesellschaft im 20. Jahrhundert waren, so sehr entwickeln sie sich im 21. Jahrhundert zur Geißel unserer Zivilisation.

Vorbild wie ich bin, verbringe ich diesen Samstagvormittag daher auch in der Eisenbahn. Ich verlasse die Stadt und fahre aufs Land. Der Wetterbericht ist eine Katastrophe. Und wenn ich an die Nebelschwaden denke, die am Ende der Reise vielleicht im Tal hängen, verspüre ich Stress, weil ich nicht selbstbestimmt wieder wegkomme, sondern jemanden brauche, der mich zum nächsten Bahnhof bringt.

Aber dieser Stress, so weiß ich aus langer Erfahrung, hat nichts mit meinem Leben in der Stadt zu tun, sondern mit der Sehnsucht, die mich befällt, sobald ich sie verlasse. Der Stadtmensch, so scheint es, ist nicht für die Zivilisation am Land gemacht.


Der Journalist Eberhard Lauth arbeitete viele Jahre als freier Autor und in den Chefredaktionen der österreichischen Magazine WIENER und Seitenblicke Magazin. 2009 gründete er das Meinungsmagazin ZiB21. Eberhard Lauth ist Jahrgang 1974 und lebt und arbeitet in Wien.




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26.06.2011 10:17 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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26.06.2011, 12:02 Uhr | Ein Kommentar von Heather De Lisle


Barack Obama peilt seine Wiederwahl als US-Präsident an

Barack Hussein Obama ist vermutlich doch kein Amerikaner, sondern ein Franzose. Zumindest verhält er sich in letzter Zeit immer mehr wie einer. Obama ignoriert einfach auf feinste französische Art alle Autoritäten, die ihm nicht ins Zeug passen. Dazu gehören seit dieser Woche US-Generäle und auch der Kongress. Ich frage mich, ob er nicht beim Golfen einen Ball auf seinen Kopf gekriegt hat und sich jetzt für einen Imperator hält.

Problem eins: Afghanistan. Nun gut, die meisten Amerikaner haben überhaupt keine Ahnung mehr, was wir da machen. Dort haben ja diese Taliban gewohnt und die waren irgendwie mit Osama befreundet und der Freund meines Feindes ist auch mein Feind, also mussten die weg, richtig? Richtig. Wir haben aber in den vergangenen Jahren lediglich geschafft, ein bisschen Gaffer-Tape um diese klaffende Wunde eines Landes zu wickeln. Als Nächstes müssten wir es vernähen lassen, und ein Röntgenbild wäre auch nicht schlecht. Dafür brauchen wir Zeit und vor allem Truppen. Was wir aber tun, oder besser was Obama tut, ist, sich wieder umdrehen und so tun, als wäre nichts passiert.

Obwohl seine Generäle und auch die Briten ihn davor gewarnt haben, möchte Obama 30.000 Soldaten noch vor der Wahl wieder nach Hause bringen. An sich ist das was Erfreuliches, besonders für die Freunde und Familien der Soldaten. Aber er schickt während der Halbzeit die Hälfte der Mannschaft in die Kabine, und so kann man kein Weltmeister werden. Er sollte entweder alle Truppen nach Hause bringen und Afghanistan sich selbst überlassen, oder genug Truppen dalassen, um die Sicherheitslage zu verbessern.

General Petraeus und andere haben ganz deutlich gesagt, dass sie diese 30.000 Truppen noch ein Jahr lang brauchen, um die Lage in Afghanistan zu stabilisieren. Obama möchte aber eine zweite Amtszeit, und die wird er – glaubt er vermutlich – nur gewinnen, wenn er die Truppen nach Hause holt. Aber, was getan ist, ist getan, und der nächste Präsident wird wohl wieder mehr Truppen nach Afghanistan schicken müssen, um seinen Mist aufzuräumen.


Es wird so weitergehen wie bisher

Womit wir bei Problempunkt zwei wären: Libyen. Die War Powers Resolution von 1973 besagt, dass „hostilities“, also Kampfhandlungen, spätestens nach 90 Tagen vom Kongress genehmigt werden müssen. Obama ist aber der Meinung, dass Amerikaner keineswegs an Kampfhandlungen in Libyen teilnehmen, sondern lediglich Baguettes und Zigaretten an die französischen Truppen weiterreichen. In der Tat haben aber amerikanische Kampfjets und Drohnen fast einhundert Raketen abgeschossen, Tausende Gebäude zerstört und Tausende von Gaddafis Kämpfern getötet oder verwundet.

Obama argumentiert aber, dass unsere Truppen nicht in Gefahr sind, und es deswegen keine Kampfhandlung ist. Das ist genau so ein Quatsch wie sein „Auslands-Eventualfall-Einsatz“, was noch unter Bush II „War on Terror“ hieß. Oder die deutsche Prä-Guttenberg-Einstellung, dass es keinen Krieg in Afghanistan gibt. Das Repräsentantenhaus hat nun gegen den Einsatz in Libyen gestimmt, aber das ist eher symbolisch und wird nichts am Ablauf ändern. Den Geldhahn für den haben sie nämlich nicht abgedreht und so wird alles weitergehen wie gehabt. Es ist auch nicht so, dass das Haus per se gegen den Einsatz in Libyen ist. Die wollten nur – gesetzestreu – vorher gefragt werden.



Seit ihrem 15. Lebensjahr arbeitet Heather De Lisle beim Radio, mit 18 ging sie zum ersten Mal zum Fernsehen. Die bekennende Republikanerin moderiert eine Nachrichtensendung für den englischsprachigen Kanal der "Deutschen Welle". Zuvor arbeitete sie unter anderem beim Radiosender AFN und als Auslandskorrespondentin von ABC News Radio. Ihr aktuelles Buch heißt "Amiland – Eine Streitschrift für die Weltmacht USA".



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26.06.2011 11:58 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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02.07.2011, 11:15 Uhr | Ein Kommentar von Astrid Petersen


Atomausstieg: Panik ist ein schlechter Berater

Wir erleben dieser Tage in Deutschland tief greifende politische Verwerfungen, für die sich Bilder von Naturkatastrophen geradezu aufdrängen - würde sich dies nicht aufgrund der ursprünglichen Auslöser Erdbeben und Tsunami verbieten. Während weltweit besonnen und rational über Ursachen des Unglücks in Japan und Lehren für den sicheren Betrieb der über 400 Kernkraftwerke diskutiert wird, findet in Deutschland eine beispiellose Nabelschau statt.

Längst hat man das eigentliche Ereignis aus den Augen verloren und Überzeugungen und Vernunft über Bord geworfen. Den meisten Protagonisten geht es wohl nur vordergründig um Sicherheit. Die Rettung der eigenen bröckelnden Macht und die Schaffung neuer Koalitionsoptionen schimmern als wahre Beweggründe immer stärker durch.


Panik ist ein schlechter Berater

Natürlich ist es nicht ehrenrührig, sich eines Besseren belehren zu lassen und dazuzulernen. Im Gegenteil: Es stünde schlecht um unsere Gesellschaft und politische Kultur, wenn nur noch unverrückbare Positionen alternativlos miteinander konkurrieren würden. Genauso schädlich ist es jedoch, wenn die Politik in Panik gerät, Glaubwürdigkeit verspielt und die Zukunftsfähigkeit unseres Landes gefährdet.

Obwohl die Reaktorsicherheitskommission der Bundesregierung auch nach den Erfahrungen in Japan die Robustheit aller deutschen Anlagen bestätigt, schafft zeitgleich die sogenannte Ethikkommission vollendete Tatsachen. Für die Entscheidungsfindung wird die wirkliche Volksvertretung schlichtweg umgangen - mal wieder.

Der jetzt festgelegte Ausstiegsfahrplan ist rein willkürlich gewählt: Er soll offensichtlich entschlossener wirken als das ursprüngliche rot-grüne Szenario, dieses aber auch nicht zu deutlich übertreffen, um einen möglichst breiten Konsens vorzugaukeln.


Physik bleibt Physik

Technische Realitäten und Machbarkeiten werden dabei ebenso ignoriert wie die Warnungen renommierter Institute und Fachleute. Es wird nicht erklärt, wie in nur zehn Jahren das gute Fünftel der Kernenergie an der Stromversorgung ersetzt werden kann, ohne die noch vor Kurzem allem übergeordneten Klimaziele zu verletzen.

Gaskraftwerke könnten zwar die Leistung liefern, aber sie stoßen erheblich mehr CO2 aus und steigern die Abhängigkeit von Importen - außerdem finden sich wohl gar keine Investoren für diese nur erratisch laufenden Anlagen.

Ebenso wenig belastbar sind Gedankenspiele, wie der „erneuerbar" produzierte Strom in ausreichendem Maße transportiert und gespeichert werden könnte. Die Gesetze der Physik lassen sich auch von einer Physikerin nicht aushebeln. Weder lassen sich die Netze in Deutschland so schnell ausbauen, noch haben unsere Nachbarn darauf gewartet, unseren energiepolitischen Alleingang mit dem Bau von landschaftsfressenden Pumpspeicherkraftwerken zu unterstützen. Derweil verweigert sich Deutschland seiner Verantwortung als größte Wirtschafts- und Energienation in Europa: Unsere Netze und Kapazitäten spielen eine wichtige Rolle für die Netzstabilität und sichere Versorgung Europas - noch.

Die Folgen sind bereits ablesbar: Deutschland ist zum regelmäßigen Importeur von Atomstrom geworden. Einziger Unterschied? Wir haben keinen Einfluss auf die Sicherheit der für uns in nächster Nachbarschaft arbeitenden Kraftwerke. Verantwortung? Fehlanzeige. Noch immer ist es nicht zu spät, ehrlich und ideologiefrei über realistische Szenarien zum Abschied von der Kernenergie zu debattieren. Ohne populistische Hauruck-Entscheidungen und Terminkosmetik. Eine Vielzahl von Faktoren und deren Folgen müssen besonnen und verantwortungsvoll abgewogen werden: „respice finem!“



Astrid Petersen: Nach Abschluss des Physikstudiums in Angewandter Kernphysik und anschließender Promotion an der Universität Gießen arbeitete Astrid Petersen zunächst für Siemens in der Strahlungsmessung, anschließend für die Gesellschaft für Nuklear-Service. Nachdem sie bereits seit dem Studium für die Kerntechnische Gesellschaft tätig war, ist sie seit 2011 deren Vorsitzende.



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03.07.2011 09:47 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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03.07.2011, 11:15 Uhr | Ein Kommentar von Rolf Wüstenhagen


Offshore-Windpark in der Ostsee

Deutschland hat ihn, die Schweiz hat ihn, und nirgends hat er eine dermaßen satte Mehrheit wie in Italien: Der Atomausstieg fegt durch die europäische Politik. 2022 soll in Deutschland der letzte Meiler vom Netz gehen, die Eidgenossen lassen sich bis 2034 Zeit, und in Bella Italia wollen 94,5 Prozent des Stimmvolks von Berlusconis nuklearer Renaissance nichts wissen. Während man jenseits des Atlantiks noch rätselt, was zum plötzlichen Stimmungsumschwung geführt hat, sind selbst im atomabhängigen Frankreich erstaunliche Töne zu hören. Die konservative Tageszeitung „Le Monde“ prognostiziert, dass solarer Wüstenstrom bald die Atomkraft ablösen werde, und bemerkenswerte 62 Prozent der Franzosen bekunden Sympathie für einen mittelfristigen Atomausstieg à la Suisse. Eitel Sonnenschein also in der Energiepolitik?


Nach dem Ausstieg ist vor dem Einstieg

Aufmerksame Beobachter stellen in Anlehnung an eine alte Fußballweisheit Sepp Herbergers fest: Nach dem Ausstieg ist vor dem Einstieg. Den Ausstieg zu beschließen ist gut, weil es selbst jener kleinen Minderheit von Investoren, die es bislang nicht gemerkt hatte, signalisiert, dass auch der Energiesektor nicht vor technologischem Wandel geschützt ist. Das Rad der Industriegeschichte hat nicht vor der Einführung von Mobiltelefon und Digitalkamera halt gemacht. Ebenso wird sich auch das Ende des Zeitalters der nicht-erneuerbaren Energien nicht grundsätzlich aufhalten lassen. Schon viele Firmen und immer mehr Politiker haben erkannt, dass das auch gar nicht so schlimm ist.
Wenn der erste Abschiedsschmerz von lieb gewonnenen Gewohnheiten und Weltanschauungen einmal überwunden ist, leuchtet es vielen Menschen ein, dass es wirtschaftlich sinnvoll ist, etwas am Energiesystem zu ändern, das im Wesentlichen auf Importe aus unsicheren Weltgegenden angewiesen ist und künftigen Generationen strahlende Abfälle und eine destabilisierte Atmosphäre hinterlässt. Um nach dem Ausstieg den Einstieg zu organisieren, bleibt aber noch einiges zu tun – auf der Ebene energiepolitischer Rahmenbedingungen, aber auch ganz konkret in Bezug auf die Ausbildung der Talente von morgen. Denn hier liegt noch einiges im Argen.


Studiengänge für Erneuerbare Energien sind selten

Das zeigt sich bei einem Blick in die Hochschullandschaft. Dort, wo die Akademiker von morgen ausgebildet werden, sind fokussierte Lehrstühle und Studiengänge im Bereich Erneuerbare Energien immer noch relativ selten. Die Wachstumskurve ist zwar ermutigend, aber im Bereich Management oder Wirtschaftsingenieurwesen sind die entsprechenden Angebote nach wie vor an einer Hand abzuzählen. Dabei erlebe ich in St. Gallen tagtäglich, dass das Interesse an diesem Zukunftsmarkt auch bei Wirtschaftsstudenten hoch ist – für den Management-Nachwuchs von morgen ist die Aussicht attraktiv, eine erfolgreiche Karriere mit etwas Sinnvollem zu verbinden. Das hat Folgen für Unternehmen: Während Windturbinenhersteller wie Vestas Tausende Bewerbungen auf ihre Einsteigerprogramme für Hochschulabsolventen bekommen, liefert sich das Durchschnittsalter der Belegschaft mancher Ölfirmen allmählich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der Reichweite ihrer fossilen Ressourcen.

Es gibt gute Argumente dafür, dass Hochschulen nicht nur nach marktwirtschaftlichen Kriterien funktionieren. In Zeiten der Energiewende verlangsamt das allerdings die Anpassungsfähigkeit – quasi eine Form von Marktversagen bei der Ausbildung der Fach- und Führungskräfte von morgen. Die Politik sollte diesem Kapitel beim Verfassen der schönen Energiestrategien etwas mehr Beachtung schenken – nicht dass uns beim Einstieg in die Energiezukunft plötzlich die Talente fehlen.


Der Autor ist Wirtschaftsingenieur, Good Energies Professor für Management erneuerbarer Energien und leitet das Institut für Wirtschaft und Ökologie an der Universität St. Gallen. Seine Arbeit konzentriert sich auf Energiepolitik und deren Einfluss auf Entscheidungen von Energieinvestoren, Konsumenten und Unternehmen. Zuvor war er Visiting Professor an der University of British Columbia und Copenhagen Business School.



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03.07.2011 18:55 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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05.07.2011, 11:15 Uhr | Ein Kommentar von Georg Schulze Zumkley


"We had a dream"... was wird aus Europa?


Vor 125 Jahren wurde Robert Schuman geboren. In seinen Worten und Taten liegen die Wurzeln Europas. Heute braucht Europa einen Robert Schuman, in dessen Worten und Taten die Zukunft liegt. Das Fundament, auf dem wir stehen, sind der Frieden in Europa und die Einigung des Kontinents. Sie sind das historische Vermächtnis Robert Schumans und der Staatsmänner seiner Generation. Aus ihm wachsen die Werte, auf die die Union sich gründet und für die sie in der Welt eintritt, nachzulesen im Vertrag über die Europäische Union: die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschen- und Minderheitenrechte.


Idealistisches Fundament, materieller Erfolg

Wer würde aber heute noch das Bekenntnis wagen, das Robert Schuman 1959 in einem Vortrag vor jungen Abgeordneten ablegte. Wer würde wie er die Wurzeln Europas nicht nur als kulturelles, religiöses und humanistisches, sondern als christliches Erbe Europas bezeichnen? „Die Demokratie verdankt ihre Entstehung und Entwicklung dem Christentum; sie wurde geboren, als der Mensch berufen wurde, die Würde der Person in individueller Freiheit, den Respekt vor dem Recht des anderen und die Nächstenliebe gegenüber seinen Mitmenschen zu verwirklichen. In der Zeit vor der christlichen Botschaft waren solche fundamentalen Grundsätze und Ideen noch nie formuliert oder auch geistige Grundlage eines Herrschaftssystems geworden.“

Das Haus Europa hat ein idealistisches Fundament, bauen aber lässt es sich nur mit materiellem Erfolg. Stabilisierung des Euro und die wirtschaftliche Entwicklung sind vordringlichste Aufgaben. Doch Schuman mahnt: „Europa kann schwerlich eine Einflusszone sein, die irgendeiner politischen, militärischen oder wirtschaftlichen Vormacht zur Ausbeutung vorbehalten ist, sondern es muss, um real zu existieren, vom Prinzip gleicher Rechte und Pflichten für alle miteinander verbundenen Länder bestimmt werden.“ Es ist das Prinzip der Gleichheit und Solidarität aller Mitgliedstaaten, das die Union erfolgreich macht. Wer hat heute die Größe, den Weg aus Krisenmanagement und Interessenausgleichspolitik im Ideal eines Europas der Gleichen zu finden?

Für das Wirken der Union nach außen gilt auch heute, was Robert Schuman am 9. Mai 1950 verkündete, als er die historische Erklärung über die Gründung einer Montanunion abgab: „Der Friede der Welt kann nicht gewahrt werden ohne schöpferische Anstrengungen, die der Größe der Bedrohung entsprechen. Der Beitrag, den ein organisiertes und lebendiges Europa für die Zivilisation leisten kann, ist unerlässlich für die Aufrechterhaltung friedlicher Beziehungen.“ Aufgabe Europas und seiner transatlantischen Partner ist es, als „Vereinigte Staaten des Westens“, den gemeinsamen Grundwerten weltweit Geltung zu verschaffen.
Europa als Vorbild für die Welt

Die Ereignisse in der nordafrikanischen Nachbarschaft stellen uns vor die Aufgabe, Menschen zu helfen, die friedlich dafür demonstrieren, dass ihre Würde, ihre Freiheit und ihre Rechte endlich respektiert werden. Visionär hat Robert Schuman diese Aufgabe Europas schon am 9. Mai 1950 formuliert: „Diese Produktion wird der gesamten Welt ohne Unterschied und Ausnahme zur Verfügung gestellt werden, um zur Hebung des Lebensstandards und zur Förderung der Werke des Friedens beizutragen. Europa wird dann mit vermehrten Mitteln die Verwirklichung einer seiner wesentlichsten Aufgaben verfolgen können: die Entwicklung des afrikanischen Erdteils.“

125 Jahre nach Robert Schumans Geburt braucht Europa Persönlichkeiten wie ihn. Nachdem Schumann am 9. Mai 1950 die Erklärung verlesen hatte, die das Schicksal Europas in neue Bahnen lenken sollte, gab ihm zuletzt die Frage eines Journalisten die Gelegenheit zu einer Lektion über politischen Mut: „Ist es also ein Sprung ins Ungewisse?“ – Schuman bejahte unerschrocken: „C’est cela, un saut dans l’inconnu.“ Wer vereint heute Wurzeln, Ideal und Vision mit solchem politischen Mut?

Europa sucht den Robert Schuman des 21. Jahrhunderts.


Georg Schulze Zumkley arbeitete als Wirtschaftsanwalt, bis er 2003 in den Auswärtigen Dienst eintrat. Von 2004 bis 2006 arbeitete Schulze Zumkley in der Rechtsabteilung des Auswärtigen Amtes, danach als stellvertretender Leiter der Public-Diplomacy-Abteilung der deutschen Botschaft in Washington und in der Abteilung Strategische Kommunikation des Auswärtigen Amtes. Derzeit nimmt er eine Tätigkeit als Berater für Außen- und Sicherheitspolitik im Deutschen Bundestag wahr.



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05.07.2011 14:09 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Morgenthau oder Marshall Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

06.07.2011, 12:31 Uhr | Ein Kommentar von Alexander Görlach, The European


Griechenland ist am Ende. Das Land hat abgewirtschaftet. Ein Freund, der eine Griechin geheiratet hat, berichtet heute noch von seiner Hochzeit in einer griechischen Kleinstadt: Alle seien mit großen (deutschen) Autos vorgefahren, alle Männer hatten eine dicke Uhr am Handgelenk, die Frauen waren auf das Feinste gekleidet. Die deutschen Gäste hätten nicht schlecht über die zur Schau getragenen Reichtümer gestaunt. All das war auf Pump. Das Kartenhaus ist zusammengefallen. Die elf Millionen Griechen haben sich kollektiv dem Geliehenen verschrieben. Das Land steht deshalb zu Recht vor dem Aus.

Nun könnten wir mit dem Finger auf sie zeigen und sie als faule Säcke titulieren, denen es recht geschähe. Die Griechen haben einen Fehler gemacht; ihr Land liegt in Trümmern. Sie ächzen unter der Schuldenlast, weil ihr Land Kredite bedienen muss. Werden die Kredite bedient, kann das Land vielleicht noch weitere Kredite aufnehmen – zu höheren Zinsen. Der Staat ist im Prinzip pleite, von den Hilfsmilliarden kommt nichts bei der Bevölkerung an.


Lasst die Prasser büßen!

Was nun tun mit einem zerstörten Staat? Morgenthau oder Marshall? Morgenthau: Die Griechen haben es doch nicht anders verdient. Sollen sie sehen, wie es weitergeht. Marshall: Die Griechen bekommen eine zweite Chance. Wie sollen wir elf Millionen Menschen mit sich und dem Ruin alleinlassen? Wie können wir die Kinder und Kindeskinder der Verprasser für die Sünden ihrer Väter büßen lassen?

Es ist gut, dass das nun auch die Politik gemerkt hat und sich zu Marshall durchringt. Wichtiger als konkrete Summen und nötige Zusagen – auch deutscher Unternehmen und Konzerne, in Griechenland zu investieren – ist dabei die solidarische Note, die der Marshallplan hat. Europa ist nicht nur ein Wirtschafts- und Währungsraum in spe oder eine politische Einheit, die aus pragmatischen Gründen nicht mehr Krieg gegeneinander führt, sondern eine solidarische Wertegemeinschaft. Wir, und das ist die Botschaft an die Welt, lassen elf Millionen unserer europäischen Mitbürger nicht im Stich.


Solidarität wird zur Schicksalsfrage

Diese Solidarität gilt für diejenigen Griechen, die nichts zu dem Untergang ihres Landes beigetragen haben ebenso wie für die noch nicht geborenen Nachfahren dieser Finanzartisten. Denn so wie Gott wegen eines Gerechten Sodom nicht untergehen lassen würde, so können wir sicher sein, dass in Griechenland nicht nur Hallodris am Werk sind. Eine auf genetischer Disposition fußende Verurteilung aller Griechen verbietet sich – allein schon aus Gründen der Vernunft. Sarrazin für Hellas braucht kein Mensch.

Solidarität ist ein großer Wert. Er hat etwas mit Empathie und Sympathie zu tun. Wir Deutschen haben 1945 und 1989 diese Werte erfahren dürfen. Europa als solidarische Schicksals- und Wertegemeinschaft muss sich in diesen schweren Stunden beweisen. Wir sind solidarisch aufgrund eines mitmenschlichen Gefühls und nicht, weil es sich rechnet. Manche meinen, dass diese christlich anmutende Argumentation allenfalls tauge, wenn wir nicht Abermilliarden in die Rettung Griechenlands oder der Banken steckten. Genau das ist im Moment nicht der Punkt. Der Marshallplan hat mit dem bail out von Griechenland nichts zu tun. Er kommt on top.


Eine Papstrede für Europa

Wir brauchen eine Rechtfertigung für Europa als Wertegemeinschaft. Wir brauchen eine Vision, was wir wie mit dem Kontinent anfangen wollen: Wo geht die alte Welt hin? Im 20. Jahrhundert starrten alle auf uns, weil wir aufgrund unserer Macht in der Lage waren, die ganze Welt zu beherrschen und im schlimmsten Fall zu verheeren. Am Ende dieses Jahrhunderts werden nur noch fünf Prozent aller Menschen in Europa leben. Wir sind nicht mehr das Maß aller menschlichen Vergemeinschaftung und müssen dennoch nach innen klären, wer wir sind und was wir sein wollen.

Der Friedensordnung, die in den Fünfzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts nach außen wirkte, muss nun ein Entwurf einer Werte-, Freiheits- und Lebensordnung korrespondieren, die nach innen wirkt. Wer hält die große Europa-Rede, die der Union Denkanstoß und Orientierung gibt für die kommenden Jahre? Bislang hat sich noch kein Politiker hervorgetan. Vielleicht überrascht uns Papst Benedikt XVI. mit seiner Rede im Deutschen Bundestag im September.


Alexander Görlach ist Herausgeber und Chefredakteur von The European. Zuvor war Görlach der Online-Redaktionsleiter des Magazins Cicero und Chefredakteur der BMW-Initiative Club of Pioneers. Seine journalistischen Stationen führten ihn nach New York, London und Rom. Görlach war sieben Jahre lang für das ZDF tätig. Als freier Autor hat Görlach für die FAZ, die Süddeutsche Zeitung und Die Welt geschrieben. Unter anderem war er Pressesprecher der Stiftung des Profifußballers Christoph Metzelder. Der 1976 geborene Journalist ist promovierter Theologe und promovierter Germanist.




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19.07.2011, 11:15 Uhr | Ein Kommentar von Alexander Kissler


Im Theaterstück "Sieben Türen" von Botho Strauß kann sich ein wohnungssuchender Großstadtbewohner nicht darüber beruhigen, dass es so etwas geben soll: ein Haus im Haus. Der damals neue architektonische Schrei war bis zu seinen Ohren nicht vorgedrungen. Immer wieder ruft der Mann ungläubig aus: "Ein Haus im Haus? Ein Haus im Haus?"

Das Wundern über diese besondere Konstruktion will uns 2011 nicht gelingen - solche Kostbarkeiten finden sich dutzendfach auf jeder Immobilienanzeigenseite. Auch der Deutschen liebstes Streitobjekt, die Kirche, hat sich zu einem Haus im Haus entwickelt. Da stehen die alten Fassaden und Ehrfurcht gebietende Dachfirste und sorgsam verzierte Fenstersimse noch, die auf eine stolze, traditionsbewusste Katholizität deuten. Im Innern aber wächst und wuchert ein anderes, ein neukatholisches, nationalkirchliches Glaubenshaus. Es hat nur den Namen mit der weltweiten katholischen Kirche gemein.


Laien als Priester, Frauen am Altar und gar keinen Papst

Jüngst in Mannheim wurde zum Auftakt eines vierjährigen "Dialogprozesses" weniger dem Dialog der Prozess gemacht (was innovativ gewesen wäre) als der Kirche (wie es üblich ist). Der Mehrheit der kirchensteuergepolsterten Dialogprofis kann es nicht schnell genug gehen mit einer Selbstauflösung der katholischen Kirche: Priestermacht in Laienhand, Frauen an den Altar, viel mehr Protestantismus, viel weniger Bibel und am liebsten gar keinen Papst.

Das Mannheimer Treffen war ein Meilenstein auf dem Weg zur deutschen Nationalkirche. Es könnte in die erste Kirchenspaltung münden, an deren Beginn nicht die Lust an der Häresie stand, sondern die ganz alltägliche Bildungskatastrophe: Dieses Schisma wäre Frucht einer umfassenden Unkenntnis von Schrift und Tradition, Geschichte und Dogma.


Abriss- und Umbauarbeiten im vollen Gange

Auf vielen Ebenen nehmen derzeit unter dem Motto "Schöner wohnen, leichter glauben" die Abriss- und Umbauarbeiten ihren Lauf. Die Aufsicht liegt in den bewährten Händen der Jesuiten, die einstmals dem Kirchenoberhaupt besonders verpflichtet waren. Heute fordern sie, mit allen Konsequenzen, einen "Gehorsam (…) gegenüber der Wirklichkeit". So steht es im Impulspapier, das der Provinzial der deutschen Jesuiten, Stefan Kiechle, am 31. Mai 2011 in Hamburg vorlegte, um die Generalvikare der deutschsprachigen Bistümer zu erbauen.

Außerdem schreibt Jesuitenchef Kiechle unter der Überschrift "Wege aus der Krise - Wie kann unsre [sic!, Anm.d.Verf.] Kirche ihre Glaubwürdigkeit wiedergewinnen?": Das Kirchenrecht passe "in manchem nicht mehr auf die Wirklichkeit". Die Kirche dürfe "keine naturrechtlichen Schnellschüsse" produzieren, sondern müsse in den "Dialog mit den Wissenschaften" treten und "den Menschen in den Mittelpunkt" stellen. Dabei sei "dem Gewissen (zu) folgen".


Kein Gut und kein Böse, kein Richtig und kein Falsch

Zuvor hatte auf derselben Generalvikarskonferenz die Leiterin des Osnabrücker Seelsorgeamts dargelegt, weshalb die Frauenfrage ein "Zeichen der Zeit" sei, bei dem es "die rechtlich möglichen Spielräume noch mehr (zu) nutzen" gelte, und warum eine "Haltung der freilassenden Freundschaft" neue Glaubwürdigkeit verbürge.

Auf Deutsch: Die Realität von 2011 soll das neue Lehramt sein. Alles, was hier und jetzt der Fall ist, welche individuelle oder sexuelle Spezialität auch immer, hat also wohl Anspruch darauf, von der Kirche nachexerziert zu werden. Der Hinweis auf die Überforderung des Naturrechts klingt wie ein Plädoyer für die Relativierung besonders des sechsten Gebotes (Du sollst nicht ehebrechen).

Denn sagen nicht "die Wissenschaften" längst, dass es kein Gut und kein Böse gebe, kein Richtig und kein Falsch, nur die Anpassung und das Eigeninteresse, gerade im zwischenmenschlichen Bereich? Das Kirchenrecht muss sich ebenso vor den Richterstuhl der mitteleuropäischen Spätmoderne zerren lassen wie das "Gewissen", das oft Chiffre ist für den Diktator in der eigenen Brust.


Kirche nach dem Vorbild der Fünf-Minuten-Terrine

Der Wirklichkeit gehorchen soll die neue deutsche Kirche. Die jeweiligen Tagesbefehle - mehr Klimaschutz bitte, mehr Geschlechtergerechtigkeit, mehr Lebenspartnerschaftsgesetze und so weiter - soll sie demnach ausführen, subito.

Freuen wir uns also auf eine jesuitisch gekappte Kirche nach dem Vorbild der Fünf-Minuten-Terrine. Sie liefert jeden gewünschten Geschmack, schnell und heiß. Sie sättigt nicht, fordert nicht, verlässt das Hier und Jetzt nicht um einen Nanometer. Das Haus im Haus hat kein Fundament.




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20.07.2011 05:25 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Nie wieder Krieg, nie mehr Las Vegas Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

20.07.2011, 12:34 Uhr | Ein Kommentar von Ulrich Thöne


Dienst an der Waffe

Nie wieder Krieg! Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen! Diese Position hat eine überwältigende Mehrheit in der deutschen Bevölkerung nach der Befreiung vom Faschismus und den Erfahrungen aus zwei Weltkriegen getragen. Die Gründung der Bundeswehr und die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik 1955 führten zu erheblichen gesellschaftlichen Diskussionen und innenpolitischen Auseinandersetzungen. Die allgemeine Wehrpflicht sollte sichern, dass die Bundeswehr von breiten Schichten der Bevölkerung getragen wird. Gleichzeitig wurde im Grundgesetz das Recht auf Kriegsdienstverweigerung verankert, das viele junge Menschen als selbstverständliches Bürgerrecht in Anspruch genommen haben.

Nach dem Zusammenbruch der sozialistischen Staaten und dem Sieg der hochindustrialisierten kapitalistischen Länder des Westens in den 1990er-Jahren war klar: Die Versorgung mit Energie und Rohstoffen sowie die Sicherung einer grenzenlosen Marktfreiheit werden die zentralen Krisenherde des 21. Jahrhunderts. Die Attentate der Terrororganisation Al-Kaida vom 11. September 2001 auf das World Trade Center und das Pentagon lösten den Krieg der USA in Afghanistan und Irak aus. Seitdem gerät Deutschland zunehmend unter Druck, sich im Rahmen der NATO und in Form von UNO-Einsätzen verstärkt militärisch auch im Ausland zu engagieren. Damit sind die Bedingungen für den Umbau einer Verteidigungs- zu einer Interventions-, von einer Wehrpflichtigen- zu einer Freiwilligenarmee definiert.


Die Bundeswehr braucht die Bürgergesellschaft

Diese Armee braucht junge Menschen, die sich freiwillig zum Dienst an der Waffe melden. Sie braucht hervorragend ausgebildete Freiwillige: Diese müssen in der Lage sein, Herausforderungen eines Einsatzes in Ländern, in denen sie Sprache, Kultur und Klima nicht kennen, physisch und psychisch standzuhalten. Zudem werden hohe Anforderungen an ihre intellektuellen und technischen Fähigkeiten gestellt.

Als Rekrutierungsfeld gerät die Schule verstärkt in den Fokus. Insbesondere, da sich in den vergangenen Jahren gezeigt hat, dass die Bundeswehr massive Nachwuchsprobleme hat. Deshalb ist sie aktiv auf die Kultusministerien zugegangen und hat mittlerweile in acht Ländern Kooperationsvereinbarungen abgeschlossen. Diese sollen die Akzeptanz für Aktivitäten der Jugendoffiziere in den Schulen erhöhen und die Lehrerausbildung als Betätigungsfeld öffnen – ein Novum zur bisher herrschenden Praxis. Dieser Versuch, einseitig massiv Einfluss auf Schule und Unterricht zu nehmen, steht im Widerspruch zu den Aufgaben der Lehrkräfte.


Bildungspolitik ist Friedenspolitik

Die GEW hat mit Blick auf diese Aktivitäten ausdrücklich festgestellt: Lehrkräfte „erziehen ihre Schüler zu demokratischem Handeln, Kritikfähigkeit, Gewaltfreiheit und Toleranz und beteiligen sie an allen wichtigen Entscheidungen der inhaltlichen und methodischen Gestaltung des Lernens. Die politische Bildung – auch in Fragen der Sicherheitspolitik – gehört in die Hand der dafür ausgebildeten pädagogischen Fachleute und nicht in die von Jugendoffizieren.“ Gleichzeitig unterstreicht die GEW, dass für den Besuch von Jugendoffizieren in der Schule gelten muss, dass „Friedensorganisationen und Friedensinitiativen die gleichen Möglichkeiten wie der Bundeswehr einzuräumen sind, ihre Konzepte zu erläutern“.

Es ist Aufgabe der Zivilgesellschaft, gewaltfreie Sicherheitskonzepte zu entwickeln. Militärische Interventionspolitik hat keine Nachhaltigkeit. Auf der politischen Agenda steht der Ausstieg aus der militärischen und der Umstieg zu einer zukunftsfähigen Sicherheitspolitik.


Der Pädagoge Ulrich Thöne ist seit dem GEW-Gewerkschaftsvertrag im April 2005 Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Er wurde 1999 zum ersten Vorsitzenden der GEW Berlin gewählt und 2002 im Amt bestätigt. Thöne studierte Wirtschaft- und Sozialwissenschaften und Pädagogik und war anschließend als Berufsschullehrer tätig. Schwerpunkte seiner Gewerkschaftsarbeit sind die friedenspolitischen Aktivitäten der GEW sowie die Kontaktpflege zu sozialen Bewegungen.




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21.07.2011 07:18 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Mallorca-Thilo Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

21.07.2011, 12:32 Uhr | Ein Kommentar von Christoph Giesa

Der ehemalige Finanzsenator Thilo Sarrazin im Berliner Abgeordnetenhaus


Ein zwangspensionierter, älterer Herr macht einen Spaziergang. Anstatt allerdings den bekannten Weg einzuschlagen, den er schon seit Lebzeiten geht, kommt er aufgrund einer spontanen Eingebung auf die Idee, heute einmal dahin zu gehen, wo er noch nie war.

Dort angekommen, will er einkehren, wird aber vom Hof gejagt wie ein „räudiger Hund“, wie er es selbst ausdrückt. Bis hierher hört sich das nach einem echten Skandal an – die Bösen scheinen schnell ausgemacht. Doch so einfach ist es in diesem Fall nicht, denn der ältere Herr heißt Thilo Sarrazin, der Spaziergang führte ihn nach Kreuzberg und anstatt alleine zu gehen, brachte der Frührentner ein Kamerateam mit.


Zwischen Geltungsbedürfnis und dem Wunsch nach Provokation

Vermutlich war nicht alles, was sich Sarrazin im Kreuzberger Kiez anhören musste, jugendfrei und druckfähig. Aber hätte man damit nicht rechnen müssen? Was für einen Empfang erwartet jemand, der seinem Nachbarn vor die Füße gespuckt hat, wenn er dann später ungefragt bei dessen Geburtstagsparty auftaucht? Was treibt Thilo Sarrazin, der noch voriges Jahr zugeben musste, dass er Kreuzberg, Neukölln oder Wedding nur vom Durchfahren und aus Statistiken kennt, plötzlich in Begleitung eines Kamerateams auf Erkundungstour zu gehen?

Ich bin mir sicher: Pure Neugierde ist es nicht. Meine Vermutung liegt eher irgendwo zwischen Geltungsbedürfnis und dem Wunsch nach Provokation. Es war ihm einfach zu ruhig geworden um sich selbst. Was will Sarrazin mit seinem Spaziergang bezwecken, außer dass er von ihm sowieso schon geschlagene Wunden wieder aufreißt? Welchen Nutzen verspricht er sich von der Aktion für die weiterhin zu führende Debatte? Oder kommt er bald mit seinem zweiten Buch zum Thema und bereitet den großen Knall schon einmal vor?

Ich glaube mit jedem Tag weniger daran, dass das Dimensionen sind, in denen Sarrazin denkt. Er spielt inzwischen gerne das Spiel, dass er schon zuvor gerne gespielt hat, nämlich das des unkorrumpierbaren „Agent Provocateur“, der sich auch alleine in den Wind stellt. So trat er als Finanzsenator und später auch als Bundesbanker auf. Dass er dabei aufgrund seiner Biografie, die ihn seit 1975 nicht mehr aus dem öffentlichen Dienst hinausgeführt hat, alles andere als glaubwürdig wirkt mit seinem „Ich gegen das Establishment“, das bleibt vermutlich eine Fußnote.

Dass er darüber hinaus in seinen eigentlichen Tätigkeitsfeldern in den vergangenen Jahren eher kleine Fußstapfen hinterlassen hat, sollte vielleicht schon einmal mit in die Debatte gebracht werden. Zentral ist aber am Ende vor allem die Erkenntnis, dass sein Kampf nun, nach bald einem Jahr, Deutschland deutlich mehr geschadet als genützt hat. Denn diejenigen, die sich früher schon nicht integrieren wollten, wollen dies auch heute noch nicht.

Diejenigen allerdings, auch aus meinem persönlichen Umfeld, die bestens integriert mit Top-Abschlüssen von deutschen Universitäten weit überdurchschnittliche Einkommen erwirtschaften, sprechen inzwischen auch von „Ihr und Wir“, was noch vor zehn Jahren undenkbar gewesen wäre, oder verlassen einfach die Bundesrepublik, die ihnen seit Jahrzehnten Heimat war. Dazu sollte sich Herr Sarrazin mal die passenden Statistiken besorgen. Doch Thilo, der Zahlenspieler, verschließt lieber weiter die Augen, jagt die „großen Brüder“, die als Vorbilder hätten dienen können, außer Landes und zieht den Graben für die, die bleiben, noch ein kleines Stückchen tiefer.


Da wäre Mallorca-Thilo so richtig in seinem Element

Wäre Sarrazin doch etwas typischer deutsch, als er es leider zu sein scheint. Dann würde er sich inzwischen mitsamt seiner Frau und seinen angesparten Millionen auf Mallorca tummeln, wie es so viele andere Rentner auch tun – in heiteren bunten Badehosen und mit einem lustigen Hut auf, vielleicht einem Mitbringsel von seinem Ausflug nach Kreuzberg mit einem aufgedruckten „I love Bärlin“ – und könnte sich dort mit den Problemen der Zuwanderer auseinandersetzen. Vor allem die Deutschen fallen dort nämlich in der Kriminalitätsstatistik negativ auf.

Da wäre Mallorca-Thilo so richtig in seinem Element. Hier hingegen könnten wir uns dann auch endlich wieder daranmachen, die Gräben zuzuschütten und konstruktiv an einer gemeinsamen Zukunft zu arbeiten … allein, mir fehlt derzeit der Glaube.


Der Unternehmensberater Christoph Giesa war Landesvorsitzender der Jungen Liberalen Rheinland-Pfalz und scheiterte 2004 knapp am Einzug ins Europaparlament. Er war Initiator der Bürgerbewegung zur Unterstützung von Joachim Gauck als Bundespräsident und ist Mitglied der FDP-Vereinigung “Dahrendorfkreis”. 2010 ist sein erstes Sachbuch "Elite im Hamsterrad – Manifest für einen Neuanfang der kreativen Klasse“ erschienen. 2011 erscheint sein Buch “Bürger. Macht. Politik”. Giesa lebt und arbeitet in Hamburg.




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21.07.2011 18:26 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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22.07.2011, 12:21 Uhr | Ein Kommentar von Sebastian Nerz


Alle Wege führen ins Netz

Eine Demokratie ist immer ein Spiegel der Zeit, in der sie entstanden ist. Unsere Demokratie entstammt der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Erfahrungen der Weimarer Republik machten eine wehrhafte Demokratie nötig. Gleichzeitig bestand keine technische Möglichkeit zu allgegenwärtiger Kommunikation. Das verlangte nach Repräsentanten und langsamen, zentralistischen Entscheidungssystemen. Eine Wahl war etwas Kompliziertes. Entsprechend sollte ein Bürger mit einer Stimme eine ganze Regierungszeit abdecken.

Die Gegenwart hingegen bietet uns andere Chancen. Das Internet hat unsere Gesellschaft radikal verwandelt. Ähnliche Veränderungen sahen wir mit der Einführung des Buchdrucks oder dem Beginn der Industrialisierung. Menschen haben heute Zugang zu einer gigantischen Wissenssammlung – größer, lebendiger und schneller als jemals zuvor. Gleichzeitig kann jeder Einzelne seine Meinung verkünden. Was früher nur Politikern, Industriebossen und Journalisten möglich war, wird heute durch Facebook, Twitter, Wordpress und Co für jeden von uns erschwinglich. Das Meinungsmonopol der Mächtigen ist gebrochen. Das verschiebt die Macht zugunsten der Bürger.


Parteilose Experten und interessierte Bürger

Heute können Bürger und Politiker direkt, offen und schnell miteinander kommunizieren. Parteien müssen sich dem anpassen und sich verstärkt am Bürger orientieren. Die Menschen nehmen das selbstverständlich wahr. Sie erkennen ihre neuen Möglichkeiten und wollen sie nutzen: Unmittelbar in die Politik eingebunden werden. Schnell und niedrigschwellig informiert werden. Ihre Meinung sagen. Gesetzesinitiativen und Bauprojekte kommentieren und beeinflussen.

Die klassische Parteiendemokratie wird dem mündigen Bürger nicht mehr gerecht. Konflikte wie Stuttgart 21 sind nur die ersten Anzeichen: Diese Entwicklung wird den großen Volksparteien in ihrer jetzigen Form große Schwierigkeiten bereiten. Sie sind zu behäbig und können mit den Entwicklungen nicht Schritt halten. Kleinere, agilere Parteien werden ihren Platz einnehmen. Diese werden nicht mehr notwendigerweise eine ganze Programmbibel mitbringen. Vielmehr werden wir thematische Koalitionen sehen, in denen unterschiedliche Parteien ihr jeweiliges Fachwissen einbringen. Wir werden erleben, dass parteilose Experten und interessierte Bürger sich stärker in die Politik und die Entscheidungsprozesse einbringen. Auch die parteiinternen Meinungsmonopole der Gremien werden gebrochen werden.


Experimentieren mit Liquid Democracy

Auch die Gestaltung von Wahlen kann neu gedacht werden. Die Piratenpartei experimentiert bereits mit Liquid Democracy. Bei dieser Form der Entscheidungsfindung kann jeder Wahlberechtigte für jedes einzelne Politikfeld entscheiden: Selbst abstimmen? Oder die eigene Stimme an jemanden übertragen, den man auf diesem Gebiet für fachkundiger hält? Solche Systeme sind auch in der deutschen Politik und Gesellschaft denkbar – und sie würden unser Verständnis von Politik und dem Verhältnis von Bürger und Staat nachhaltig verändern.

All dies ersetzt noch keine Parteien. Sie sind als Sammelbecken von Ideen und ähnlich denkenden Menschen weiterhin unersetzlich. Aber sie werden massiv an Macht verlieren. Den einzelnen Abgeordneten, den Bürgern und auch parteilosen Experten wird viel mehr Gewicht beigemessen werden können. Die Parteien treten in den Hintergrund. Der eigentlichen Idee von Demokratie als Herrschaft des Volkes kommen wir so Schritt für Schritt immer näher.


Der 1983 geborene SebastianNerz ist seit Mai 2011 Bundesvorsitzender der Piratenpartei Deutschland. Er engagiert sich für Bürgerrechte und ein neues, modernes Verständnis von Politik und für mehr Bürgerbeteiligung. In den neuen Medien sieht er eine grundlegende gesellschaftliche Veränderung, welche die Politik nachhaltig prägen wird. Nerz ist Student der Bioinformatik und arbeitet zudem als Programmierer. Er ist seit 2009 Mitglied der Piratenpartei.




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23.07.2011 08:12 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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23.07.2011, 15:47 Uhr | Ein Kommentar von Jost Kaiser

Große Worte lässt die Kanzlerin vermissen, regiert wird aber trotzdem


Dirk Kurbjuweit hat im "Spiegel" unter dem Titel "Ein unterzuckertes Land" eine Generalabrechnung mit der Rhetorik Angela Merkels geschrieben. Der Chef des Berliner Büros des Nachrichtenmagazins sieht die erklärungs- und sinnsüchtige Republik am langen Arm der Merkel’schen Nicht-Rhetorik bzw. einer blutleeren Abteilungsleiter-Semantik verhungern.

Ob Panzer-Deal mit Saudi-Arabien oder Euro oder Atomwende: gern sähe Kurbjuweit angesichts gewaltiger Zukunftsfragen eine ebenso gewaltige Rhetorik am Werk, vielleicht angesichts der globalen Krisen hier und da sogar eine kleine Blut-Schweiß-und-Tränen-Rede. Die Sehnsucht passt ganz gut in die Zeit. Die in schöner Regelmäßigkeit aufkommenden Forderungen an den Bundespräsidenten, doch nunmehr endlich die große, sinnstiftende Rede zu halten, sind Ausdruck dieses zeitgenössischen Erbauungsbedürfnisses.


Die Sehnsucht nach Blut, Schweiß und Tränen

All dem verweigert sich Angela Merkel. Und da man, wie wir durch den österreichischen Psychotherapeuten Paul Watzlawick wissen, "nicht nicht kommunizieren" kann, müssen wir Angela Merkels rhetorische Leerstelle wohl oder übel als Botschaft akzeptieren. Sie will nicht, vielleicht nicht nur, weil sie nicht kann.

Politische Rhetorik und die große Sinngebung, das war seit Gründung der zweiten deutschen Republik ein umstrittenes Thema. In der frühen Nachkriegsrepublik war die allzu üppige Groß-Rede nahezu als gefährlich verpönt: Die apokalyptische, letztlich todbringende Operettenrhetorik der Nazis saß der Nachkriegsgeneration noch in den Knochen. Aufgrund dieser Erfahrung wollte man am liebsten überhaupt keine Rhetorik mehr, es herrschte sowieso ein Ultra-Pragmatismus, und der brauchte keine Erklärung. Diese Haltung gipfelte in Adenauers Spruch: "Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?" Dieser Idee scheint auch Angela Merkel anzuhängen, sie erweist sich als echte Nachfolgerin Konrad Adenauers.

Die Zurückhaltung erschien damals angemessen, denn dort, wo Redner eine Schippe drauflegten, ging es prompt daneben. In Erinnerung aus dieser Zeit bleibt zum Beispiel Kurt Schumachers, in seltsam gestrigem Sprechsound vorgetragene, Entgleisung von Adenauer als "Kanzler der Alliierten".

In den folgenden Jahrzehnten zog die politische Rhetorik ihren Saft aus der Polarisierung des Kalten Krieges. In nahezu der gesamten, zu Unrecht als Rhetorikstandard verklärten sprachlichen Auseinandersetzung zwischen Franz Josef Strauß und Herbert Wehner ging es um diese Teilung der Welt in einen demokratischen und kommunistischen Block. Wer diese Zeit heute idealisiert, verkennt die Brutalität dieser Sprechschlacht und die unmusikalische, metallische Härte der beiden Kontrahenten. Besonders Wehner war ein zutiefst verletzter und nahezu verbitterter Mensch. Nein, das will man nicht zurück. Aber was dann?

Von Willy Brandt bleiben eigentlich nur zwei Zitate: die Idee "mehr Demokratie zu wagen" und, aus Brandts zweitem Frühling, "Jetzt wächst zusammen …"

Helmut Schmidt hingegen war ein Falschspieler. Er behauptete in seiner Selbstinszenierung als "erster Angestellter der Republik" nur gegen die große Rede zu sein – um sie dann regelmäßig, ausufernd und unter Herbeizitieren aller Geistesgrößen der letzten zwei Jahrtausende zu halten. Ein gutes Beispiel dafür ist seine Abschiedsrede im Bundestag aus dem Jahre 1986.

Dort reagiert er noch einmal auf Helmut Kohls rhetorische, zum Glück und wie erwartet komplett hohl gebliebene Idee der "geistig-moralischen Wende". Schmidt war der Meinung, die Bundesregierung hätte Besseres zu tun als zu schwafeln, denn das Wichtigste stände eh in einem kleinen Büchlein, dem Grundgesetz: "Im pluralistischen Staat muss, wie mir scheint, die Bundesregierung, jede Bundesregierung, sich in geistiger und moralischer Hinsicht beschränken auf eben dieses Grundgesetz, auf unsere Grundrechte, unsere Grundfreiheiten. Sie allein sind die für alle geltenden gemeinsamen geistig-moralischen Grundlagen."

Von Kohl selbst ist keine einzige politische Redewendung, keine einzige große Rede überliefert, außer negativ Erinnertem, von "Gnade der späten Geburt" (was heute als durchaus treffendes Zitat erscheint) und den gefürchteten "blühenden Landschaften" (auch die hat es dann ja zum Teil gegeben). Ob Angela Merkel eine verspätete Vertreterin der sogenannten "skeptischen Generation" ist, die der großen Rede misstraute? Angela Merkels DDR-Erfahrung, wo der "Erste Sekretär des ZKs der SED und Vorsitzende des Staatsrates der DDR, Genosse Erich Honecker" die rhetorischen Standards setzte, war jedenfalls abschreckend genug, um den großen semantischen Rundumschlag zu vermeiden.

Warum auch nicht – Regieren geht auch ohne Reden: Das ist Merkels Erfahrung. Und ist die große Sehnsucht nach der großen Rede vielleicht nur die berufsbedingte Sehnsucht einer Profession, unter deren Angehörigen man noch weiß, wer Richard von Weizsäcker ist?


Über den Autor: Jost Kaiser war Blogger bei Vanity Fair und kommentierte dort das politische Geschehen im In- und Ausland. Kaiser ist zudem Autor für die Süddeutsche Zeitung, die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, die Zeit und den Tagesspiegel.




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23.07.2011 15:18 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Die Chance auf Leben Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

24.07.2011, 14:54 Uhr | Ein Kommentar von Carola Reimann


Ich bin sehr froh, dass sich der Deutsche Bundestag mit einer überraschend großen Mehrheit für die Zulassung der Präimplantationsdiagnostik in engen Grenzen ausgesprochen hat. Nach dieser Entscheidung des Gesetzgebers kann den betroffenen Paaren jetzt individuelle Hilfe angeboten werden. Bei der begrenzten Zulassung der PID geht es um Menschen, bei denen aufgrund der genetischen Disposition für ihre Nachkommen das hohe Risiko einer schwerwiegenden Erbkrankheit besteht, oder die eine Fehl- oder Totgeburt fürchten müssen. Sie sollen nun die Chance erhalten, sich für ein eigenes Kind entscheiden zu können.


Keine Stigmatisierung Behinderter

Durch die PID wird es keine Diskriminierung der lebenden Kranken und keine Stigmatisierung Behinderter geben. Der nachvollziehbare und berechtigte Wunsch nach einem lebensfähigen und gesunden Kind verletzt nicht die Menschenwürde bereits lebender behinderter Menschen. Die Erfahrungen aus den Ländern, in denen die PID bereits praktiziert wird, zeigen das. Diese Länder sind bei der Integration von Behinderten in die Gesellschaft weiter als in Deutschland. Die Anwendung der PID hat also, entgegen der vielfach aufgestellten Behauptung, keinesfalls die Diskriminierung behinderter Menschen zur Folge.

Bei der Zulassung der PID in engen Grenzen geht es auch nicht um intelligente Kinder mit einer bestimmten Augenfarbe. Wer die Prozedur einer PID auf sich nimmt, tut das nicht, um ein Baby mit blauen Augen zu bekommen. Die Belastungen einer künstlichen Befruchtung, die für eine PID notwendige Voraussetzung ist, sind sehr groß. Es ist absurd, anzunehmen, dass sich Frauen dieser Belastung freiwillig aussetzen, nur um bestimmte Merkmale ihres Kindes auswählen zu können. Den betroffenen Paaren eine solche Motivation zu unterstellen, halte ich für eine Form der Verleumdung. Sie wird der Konfliktsituation in keinster Weise gerecht. Kein Paar und keine Frau entscheidet sich leichtfertig für eine PID.


Es gibt keinen Zwang zur PID

Die jetzt getroffene Regelung wird auch nicht, wie häufig unterstellt, den Druck auf die Paare, ein gesundes Kind zu bekommen, so sehr erhöhen, dass sie sich nicht mehr frei entscheiden könnten. Es ist niemand dazu verpflichtet, diese Möglichkeit in Anspruch zu nehmen. Es gibt keinen Zwang zur PID! Wir, die Befürworter einer Zulassung der PID in engen Grenzen, wollen den betroffenen Paaren die Möglichkeit eröffnen, ein Kind zu bekommen, das überhaupt eine Chance auf Leben hat. PID bedeutet für die Betroffenen vor allem eine Hoffnung. Diese können wir ihnen jetzt geben. Die Betroffenen müssen ihr Leid nicht einfach mehr hinnehmen.

Ich war immer der festen Überzeugung, dass wir als Gesetzgeber nicht das Recht haben, den betroffenen Paaren die medizinische Möglichkeit einer PID zu versagen. Eine deutliche Mehrheit der Bundestagsabgeordneten sieht das genauso.

Deswegen wird in Zukunft eine PID nach einer Einzelfallentscheidung einer Ethikkommission, nach einer ausführlichen Beratung und nur in zugelassenen Zentren möglich sein. Dazu muss die Bundesregierung jetzt die erforderliche Rechtsverordnung auf den Weg bringen.


Carola Reimann ist seit 2009 Vorsitzende des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages. Reimann ist seit 2008 Mitglied des Landesvorstandes der SPD Niedersachsen und seit 2005 Mitglied des Fraktionsvorstandes. Die promovierte Biotechnologin war von 1998 bis 2000 als Public-Health-Referentin und als Projektleiterin im medizinischen Marketing tätig.




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PID - Hier in der Medizin/Gynälologie

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24.07.2011 19:21 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Energiewende mit Verstand: Koks für die Wirtschaft Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

25.07.2011, 11:15 Uhr | Ein Kommentar von Johannes Lambertz


Die energiepolitische Debatte wird in Deutschland auch nach dem Beschluss zum Ausstieg aus der Kernenergie intensiv geführt. Um die Frage "Können die erneuerbaren Energien die Kernenergie und zunehmend auch die Kohle ersetzen?" ist ein regelrechter Glaubenskrieg entbrannt. Unstrittig ist der weitere ambitionierte Ausbau der Erneuerbaren. Der dafür angestrebte Umbau der Energieversorgung steht jedoch auf tönernen Füßen, denn Wunschdenken und Utopien können die Gesetze der Physik und Ökonomie nicht außer Kraft setzen - diese Gesetze zu missachten, setzt die Sicherheit und Bezahlbarkeit der Stromversorgung aufs Spiel.

Maximal zehn Prozent der installierten Leistung erneuerbarer Energien gelten als gesichert. Die Probleme lang anhaltender Flauten sowie geringer Verfügbarkeit der Solarenergie sind ungelöst. Bei einem angenommenen Anteil der Erneuerbaren von 80 Prozent am Stromverbrauch 2050 wären die Herausforderungen gewaltig: Wollten wir nur Speicher zum Ausgleich einsetzen, müssten die heutigen Speicherkapazitäten um das 250- bis 300-Fache erhöht werden. Deshalb brauchen wir für diese Flaute-Phasen weiterhin konventionelle Kraftwerke, die die erneuerbaren Energien flexibel ergänzen und wetterunabhängig die Leistung bereitstellen, die für eine sichere Stromversorgung nötig ist.


Die Lösung heißt Ehrlichkeit

Welche Rolle spielt die Kohle dabei? Mit nahezu 45 beziehungsweise 25 Prozent ist sie ein zentraler Eckpfeiler in der deutschen und europäischen Erzeugungsstruktur. Und wir benötigen die Kohle - da sind sich Experten einig - noch für weitere Jahrzehnte in Deutschland, in Europa sowie weltweit. Auch wenn es nicht in das Bild mancher Kohle-Kritiker passt: Kohlekraftwerke stehen sicher zur Verfügung und leisten schon heute einen Beitrag, die Schwankungen der erneuerbaren Energien intelligent und flexibel auszugleichen: Moderne, hocheffiziente Anlagen ändern ihre Einspeisung so flexibel wie moderne Gaskraftwerke.

Wie kommen wir nun zu einer offenen Diskussion über den richtigen Weg der Stromversorgung? Die Lösung heißt Ehrlichkeit, denn die Grundrechenarten sind nicht durch guten Willen und Glaubensbekundungen zu ersetzen. Zur Ehrlichkeit gehört natürlich auch die Einsicht, dass Strom aus Kohle mit CO2-Emissionen verbunden ist. Deshalb müssen wir den eingeschlagenen Weg, Kohlekraftwerke sauberer zu machen, fortsetzen. Der konsequente Kurs der Modernisierung und Effizienzsteigerung sowie die Anstrengungen in Forschung und Entwicklung sind die richtigen. Neue Kohlekraftwerke verfügen inzwischen über einen Wirkungsgrad von bis zu 46 Prozent, das sind 30 Prozent mehr als bei älteren Anlagen.


Keine Sonderwege mehr

Nationale Sonderwege wie absolute CO2-Minderungsziele für einzelne Energieträger oder Regionen führen in die industriepolitische Sackgasse und leisten keinen Beitrag zum Klimaschutz. Denn der Ausstoß von Kohlendioxid wird durch den europäischen Emissionshandel begrenzt: Regional eingespartes CO2 würde an anderer Stelle wider ausgestoßen werden. Rein nationale Entscheidungen zur Energiepolitik gibt es in Europa nicht, dafür sind die Märkte zu eng miteinander verflochten.

Insofern ist politische Zusammenarbeit in Europa beim Umbau der Energieversorgung unverzichtbar. Widerstände gegen die eingeschlagene Richtung wie auch gegen einzelne Maßnahmen werden nur überwunden, wenn Politik, Unternehmen und Bürger die notwendigen Schritte gemeinsam diskutieren und am Ende auch gemeinsam durchsetzen. Die Kohle wird dabei eine wichtige Rolle spielen.


Johannes Lambertz: Der Vorsitzende des Braunkohlen-Industrie-Vereins (DEBRIV) studierte Kernverfahrenstechnik und später Maschinenbau und Kraftwerkstechnik an der Technischen Hochschule in Aachen. Dort arbeitete er ebenfalls sechs Jahre lang als Assistent am Institut für Turbomaschinen und promovierte 1980. Danach begann er seine Tätigkeit für die Rheinbraun AG; seit 2008 hat er den Posten des Vorstandsvorsitzenden der RWE Power AG inne.




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25.07.2011 12:10 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Die Moral des Skandals Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

26.07.2011, 12:30 Uhr | Ein Kommentar von Bernhard Pörksen

Rudelempörung

Erinnert sich noch jemand an die Details der Dienstwagenaffäre von Ulla Schmidt? War dies überhaupt ein Skandal? Wer hat dies mit welchem Interesse behauptet? Was treibt das Empörungsgenie Thilo Sarrazin momentan? Aus welchem Anlass sprang Rudolf Scharping in einen Pool auf Mallorca, und was war noch gleich das Problem? Wer solche Fragen stellt, der erkennt ganz unmittelbar: Die allgemeine Erregung hat offensichtlich eine äußerst geringe Halbwertszeit.

Jedem Aufreger ist ein rasches Verfallsdatum aufgeprägt. Und doch ist - aller Flüchtigkeit zum Trotz - der Moment der kollektiven Empörung besonders aufschlussreich. Denn hier probt die Allgemeinheit das große moralische Gespräch und erklärt sich, welche Werte gelten oder doch gelten sollen; hier offenbart sich die Sehnsucht nach persönlicher Integrität. Im Skandalschrei offenbaren Einzelne oder auch ganze Nationen ihr eigenes Verständnis von Normalität und vergewissern sich ihrer Werte: je gleichförmiger die Entrüstung, desto stabiler und akzeptierter das Wertesystem, das verletzt wurde.

Eine Gesellschaft, die sich nicht mehr an positiv zu bestimmende Werte gebunden fühlt, eine Gesellschaft, die in ganz unterschiedliche Welten und Wirklichkeiten zerfällt, fingiert eine Einheit, eine kollektive Moral in der Abgrenzung und dem gemeinsamen Zorn auf das, was sie als schlecht und böse erkannt hat.


Die enorme Skandalsucht der Gesellschaft

Auch die Konfrontation mit dem Abseitigen, dem Unmoralischen und Skandalösen erlaubt es, so schon der Mitbegründer der modernen Soziologie, Émile Durkheim, letztlich moralische Normen zu bekräftigen und in der Grenzüberschreitung die Grenze selbst wieder sichtbar zu machen. Das ist die Moral der Unmoral. Man kann, man muss die enorme Skandalsucht dieser Gesellschaft aus dieser kühl beobachtenden Perspektive eigentlich loben, handelt es sich doch - sieht man von der immer geschickteren Selbstskandalisierung einer exhibitionistischen Prominenz einmal ab - um einen oft verzweifelten Versuch, eine Wertedebatte anzuzetteln und noch einmal über Fragen der Moral zu reden.

Und doch: Der Skandal hat zwei Gesichter. Er ist Instrument der Aufklärung - und der Gegenaufklärung. Er erzwingt Verantwortung und womöglich den dringend gebotenen Neuanfang, setzt Themen und schüchtert Mächtige ein, zerstört Hierarchien der Herrschaft. Aber die gegenwärtige Erregungskultur zeigt eben auch ein Moment der bloß ritualisierten Aufregung über Nichtigkeiten und Banalitäten. Und so bleibt doch bei diesem Lob des Skandals ein Unbehagen, auch deshalb, weil sich nicht jedes wichtige Thema in ein entsprechendes Wahrnehmungs- und Präsentationskorsett hineinpressen lässt. Was ist mit den leisen, den gleichsam schleichenden Prozessen, die sich nicht zu schlichten Formeln verdichten lassen?


Die Erfindung des Skandaldiktats

Was passiert, wenn ein bekanntes Gesicht oder starkes Bild fehlen? Wie kann man die stärker werdende Kluft zwischen Arm und Reich, die Erderwärmung, die Bildungsdebatte, die ganze Volkswirtschaften gefährdende Spekulationslust auf das nötige Erregungsniveau heben, sodass eine nachhaltigere, eine produktivere Auseinandersetzung möglich wird? Vielleicht muss diese Gesellschaft eine Skandaldidaktik erfinden, die ihr genau dies möglich macht - einen gezielteren, einen klügeren Umgang mit den eigenen Affekten. Damit man sich über das erregt und empört, was am Ende des Tages und darüber hinaus wirklich noch wichtig und drängend erscheint.


Bernhard Pörksen: Die Essays und Kommentare des Professor für Medienwissenschaft erscheinen in vielen Tages- und Wochenzeitungen. Zu den zentralen Themen seiner Forschungs-, Berater- und Vortragstätigkeit gehören: die Dynamik öffentlicher Empörung, Medienskandale und Fragen der Medienethik, Kommunikationsmodelle und Kommunikationstheorien, Inszenierungsstile in Politik und Medien, Journalismus und Prominenz. Gemeinsam mit Jens Bergmann veröffentliche er das Buch "Skandal! Die Macht öffentlicher Empörung."



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26.07.2011 17:06 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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27.07.2011, 11:15 Uhr | Ein Kommentar von Mathias Richel

Mit Fackeln gingen Hunderttausende Norweger auf die Straße um für Demokratie und Toleranz zu demonstrieren


"Unsere Antwort wird mehr Offenheit und mehr Demokratie sein. Wir lassen uns unsere offene Gesellschaft nicht kaputt machen." (Jens Stoltenberg, norwegischer Ministerpräsident)

Noch immer stehen wir unter dem Eindruck der schrecklichen Ereignisse, die sich am Freitag in Oslo und auf Utøya ereignet haben. Mindestens 76 Menschen haben ihr Leben verloren, viele werden noch vermisst. 68 von ihnen waren Mitglieder der sozialdemokratischen norwegischen Jugendorganisation AUF.

Ermordet und gezielt hingerichtet von einem ideologisch verblendeten Wahnsinnigen.


Kruder Netzfundamentalismus

Die kruden Thesen des Anders Behring Breivik sind keine Meinung eines Einzelnen, sondern Common Sense in einer sich vor allem im Netz organisierenden Minderheit. In zahlreichen Foren, auf Blogs und Boards treffen sich Menschen, die sich in einer gefährlichen Mischung aus Verschwörungstheorien, christlichem Fundamentalismus, Islamophobie und rassistischer Gesinnung ein eigenes Weltbild zeichnen, das in seiner radikalsten Form zu dieser Wahnsinnstat geführt hat.

Aber auch im gesellschaftlichen Mainstream finden sich Seitenarme dieser Ideologien, die bis in die Tiefen unserer Gesellschaft greifen:

Sarrazins Bestseller „Deutschland schafft sich ab“ trägt im Titel, was Breivik in seinem 1516-seitigen Manifest des Wahnsinns extremistisch untermauert. Was bei Sarrazin unter den Labels „Das wird man doch noch sagen dürfen!?“ und „Endlich sagt es mal einer!“ verkauft wurde, trägt auch einen Teil Breivik in sich und Breivik ein Teil von dem.

Nicht nur der feige Mordanschlag Breiviks, sondern auch diese menschenverachtenden Theorien sind direkte Angriffe auf die Idee eines geeinten, friedlichen Europas, auf offene Gesellschaften und auf Wertegemeinschaften, die sich aus Toleranz und Freiheit errichten.

Sie sind auch ein direkter Angriff auf Grundpfeiler der sozialdemokratischen Europapolitik. Sie stehen gegen alles, worauf Sozialdemokraten wie Willy Brandt, Olof Palme und Bruno Kreisky ihre Visionen für ein geeintes Europa gründeten. Auch deshalb wurden diese unschuldigen jungen Menschen zum Ziel dieses Irren.


Plädoyer für den Mut

Unsere Antwort darf nicht Angst heißen. Unsere Antwort muss Mut bedeuten. Wir müssen uns offen gegen die wenden, die ihr eigenes Leben über das anderer stellen. Wir müssen dafür werben, dass die Interpretation der europäischen Idee nicht nur den Buchhaltern überlassen wird. Wir müssen die Vision von Europa mit Leben füllen, wir müssen Europa leben. Wir müssen Europa begreifen als mehr als einen Staatenverbund, der nur aufgrund von Marktverpflichtungen miteinander kooperiert.

Europa muss die manifestierte Realität von Toleranz, Offenheit und Solidarität werden. Europa muss sich solidarisch mit den Verfolgten und Unterdrückten dieser Welt erklären und ihnen Zuflucht bieten. Europa muss den Pluralismus zum Wesen, ja zum Streben seiner Existenz erklären.

Europa ist nicht selbstverständlich, seine Ideen in unserer Gesellschaft noch nicht ausreichend gefestigt. Lasst uns aufstehen und dafür kämpfen! Wir dürfen nicht länger diejenigen in unserer Mitte dulden, die mit Angst und Terror versuchen, die Menschen zu verunsichern.

Für ein starkes, offenes, tolerantes und pluralistisches Europa!

In Gedenken an die 76 ermordeten Menschen.


Der Sozialdemokrat Mathias Richel ist Mitglied im “Gesprächskreis Netzpolitik und digitale Gesellschaft des SPD Parteivorstandes” und bohrt gern die dicken Bretter in der Partei. Außerdem lebt er im Internet. Richel blogt auf blog.mathias-richel.de.




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27.07.2011 11:32 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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28.07.2011, 12:43 Uhr | Ein Kommentar von Manfred Balz

Das digitale Zeitalter stellt den Datenschutz vor massive Herausforderungen


Keine Frage: Der digitale Datentransfer im Internet erleichtert unsere Arbeit und bereichert unser Leben. Immer mehr Menschen sind bereit, dafür auch einen Teil ihrer Identität preiszugeben – etwa bei Facebook mit fast 700 Millionen Mitgliedern. Kritisch werden die Menschen, wenn sie den Eindruck gewinnen, ihre Daten würden ohne ihr Wissen genutzt, um sie zu durchleuchten oder gar zu manipulieren: sei es als Kunde oder als Mitglied eines sozialen Netzwerks.

Zumindest in Deutschland hat der Gesetzgeber zwar ausziselierte Regeln geschaffen, wie personenbezogene Daten verwendet werden dürfen. Aber die Datenmenge nimmt rapide zu und die technischen Möglichkeiten, Daten miteinander zu verknüpfen, werden ständig subtiler. So ist es oft schwer zu definieren, ab welchem Punkt scheinbar anonyme Daten Rückschlüsse auf einzelne Personen zulassen.


Es gibt berechtigte Fragen

Wenn die Menschen einen großen Teil ihres Lebens im Netz verbringen, werden sie sich damit abfinden müssen, dass Daten gesammelt werden. Dennoch gibt es berechtigte Fragen: Wer legt fest, was zu welchem Zweck gesammelt werden darf? Und wie erreicht man Transparenz darüber, was mit gespeicherten Daten geschieht? Das sind existenzielle Fragen. Nur wenn die Menschen darauf vertrauen, dass ihre Daten sicher aufgehoben sind, werden sie Produkte wie Cloud Computing, intelligente Stromzähler oder online-basierte Gesundheitsdienste nutzen. Drei Thesen dazu:

Erstens:
Wir brauchen einen gesetzlichen Rahmen, der den elementaren Anforderungen an einen bürgernahen Datenschutz für die digitale Welt genügt. Dazu gehören internationale Mindeststandards, auf deren Einhaltung sich die Menschen verlassen können, wenn ihre Daten auf Servern auf der ganzen Welt verteilt sind.

Zweitens:
Wir müssen das Verantwortungsbewusstsein der Menschen dafür wecken, dass sie ihre persönlichen Daten selbst angemessen schützen. Ein mündiger Internet-Bürger braucht Medienkompetenz. Die muss breit vermittelt werden und schon im Kindesalter ansetzen.
Es gilt der Grundsatz der Angemessenheit

Drittens
sind die Unternehmen selbst gefordert: Erfolgreich wird sein, wer ein überzeugendes Sicherheitskonzept präsentiert. Mindestens so wichtig wie technische Schutzmaßnahmen sind dabei freiwillige Selbstverpflichtungen auf einen verantwortungsvollen Umgang mit sensiblen Kundendaten. Das betrifft zunächst jedes einzelne Unternehmen für sich – und einige sind da schon sehr weit. Wir brauchen aber auch branchen- und industrieweite Regelungen. Zu den wichtigsten Elementen eines solchen "Code of Conduct" gehört zunächst Transparenz: Die Anbieter müssen offen und verständlich darüber aufklären, was mit den Kundendaten passiert. Außerdem – wo immer praktikabel – einwilligungsbasierte Verfahren: Wann immer Daten erhoben und ausgewertet werden, muss dem Kunden das Recht eingeräumt werden, vorweg über die Verwendung seiner Daten zu entscheiden.

Zudem gilt der Grundsatz der Angemessenheit – und zwar für jeden, der Daten sammelt: für staatliche Institutionen und private Organisationen. Datensparsamkeit beugt Missbrauch vor. Kein Gesetz und keine Sicherheitstechnik ersetzen das freiwillige Maßhalten beim Erheben, Auswerten und Nutzen von personenbezogenen Daten. Gewiss gibt es trotzdem keinen absoluten Schutz vor kriminellen Angriffen oder illegalem Handel. Aber ein moderner Datenschutz verengt die heute viel zu breite Grauzone und erlaubt es, kriminelles Handeln von legalem praxisgerecht zu unterscheiden. Datenschutz hilft so dabei, dass sich die Menschen mit Vertrauen in der digitalen Welt bewegen können.


Seit 2008 ist Manfred Balz als Vorstand bei der Telekom für Datenschutz, Recht und Compliance verantwortlich. Mit der Schaffung des Vorstandspostens hatte das Unternehmen auf den Diebstahl mehrerer Millionen Kundendaten und massive Kritik an der Datenschutzpolitik reagiert. Manfred Balz studierte Jura in Tübingen, München, St. Petersburg und Harvard. 1974 begann er seine Laufbahn im Bundesjustizministerium, es folgten Stationen als Chefsyndikus der Treuhand Berlin (1990 bis 1993) und als Parner der Sozietät Wilmer, Cutler & Pickering (1993 bis 1997).




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29.07.2011 10:36 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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10.08.2011, 11:15 Uhr | Ein Kommentar von Mathias Richel


Politisches Mitbestimmen via Internet?

Wobei haben Sie das letzte Mal mitgemacht? Woran haben Sie sich in letzter Zeit aktiv beteiligt? So gesamtgesellschaftlich gesehen, meine ich. Keine Ahnung? Also genauer: Wann waren Sie das letzte Mal auf einer Demonstration, oder wann haben Sie sich das letzte Mal die öffentlich ausliegenden Verfahrensunterlagen für ein beliebiges Großbauprojekt Ihrer Wahl angeschaut und Fragen gestellt? Wann waren Sie das letzte Mal im Bürgerbüro Ihrer Bundestagsabgeordneten? Oder wann haben Sie eine E-Mail an eben diese geschrieben? Waren Sie einmal Mitglied einer Partei?

Sie finden, dass das alles Fragen der Vergangenheit sind und Beteiligung heute anders funktioniert, nämlich online und schnell und direkt und einfach und sowieso? Okay, dann frage ich Sie einmal so: Welche ePetition haben Sie zuletzt mitgezeichnet, oder auf welchem Beteiligungsportal haben Sie sich vor Kurzem eingebracht? Und so weiter und so wenig.


Direkt und online und einfach

Ich wette mit Ihnen, so viel kommt da nicht. Auch nicht von Ihnen. Das ist aber kein Grund, sich zu schämen, die wenigsten Menschen nutzen bestehende Partizipationsangebote im Internet, um tatsächlich etwas zu verändern. Zumindest in Deutschland. Und wieder zwei Fragen: Warum ist das so und was hat das, in drei Teufels Namen, mit der SPD zu tun, um die es ja in dieser Kolumne nun einmal eigentlich geht?

Die erste Frage kann ich sofort aufklären und ich hoffe, Sie damit in dem Maße zu provozieren, dass wir uns danach unten in den Kommentaren um die Deutungshoheit über die einzig wahre Wahrheit verbal duellieren können.

Ganz einfach: In Deutschland haben sich irgendwann irgendwelche in irgendeinem dunklen Raum darauf verständigt, dass sich Beteiligung im Netz nur immer über das "Gegen etwas" ausdrücken darf: Das heißt, es wird nur nach Kräften mobilisiert und aus allen Rohren geschossen, wenn es darum geht, sich "Gegen etwas" zu positionieren. Nicht dass wir uns da falsch verstehen, meist sind das sehr berechtigte Abwehrreaktionen gegenüber grobem (netz-)politischen Unsinn, die nicht nur notwendig, sondern auch sehr erfolgreich sind. Aber aus diesen nachweisbaren Erfolgen ist kein Selbstbewusstsein der netzaktiven Menschen entstanden, mehr noch, sie wissen nicht einmal, wie viel Macht sie in den Händen halten und schaffen es deshalb auch nicht, diese positiv und progressiv zu nutzen, um unsere Gesellschaft wirklich voranzubringen.
Dafür statt Dagegen

Deshalb gibt es nicht ein einziges deutsches netzpolitisches Projekt, das sich "Für etwas" ausspricht und damit auch noch erfolgreich war. Das ist ein Armutszeugnis und das stelle ich nicht der Politik aus, sondern all denen, die immer mehr Beteiligung fordern, mehr Transparenz und Offenheit. Sie alle besitzen die Fähigkeiten, die Netzwerke und die Werkzeuge, um viele Menschen zu mobilisieren und Positives zu bewegen. Aber lieber reiht man einen Shitstorm nach dem anderen aneinander, bis man sein eigenes Brett vorm Kopf nicht mehr sieht.


Diese drei Absätze sollten als Beantwortung reichen und Ihr eigenes "Dagegensein" provozieren.

Zur zweiten Frage: Was hat das mit der SPD zu tun? Nun, an zwei Stellen im Netz können Sie jetzt all das von mir Geschriebene widerlegen: 1. Hier, beim ersten Onlineantrag der SPD für einen Bundesparteitag und 2. dort: bei dem von mir mit initiierten Mitmach-Portal.

So einfach ist es. Und jetzt Sie: Überraschen Sie mich.

Der Sozialdemokrat Mathias Richel ist Mitglied im "Gesprächskreis Netzpolitik und digitale Gesellschaft des SPD Parteivorstandes" und bohrt gern die dicken Bretter in der Partei. Außerdem lebt er im Internet. Richel blogt auf blog.mathias-richel.de.



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11.08.2011 10:05 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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11.08.2011, 13:11 Uhr | Ein Kommentar von Alexander Görlach


"Quid Veritas - Was ist Wahrheit?" fragte schon Pontius Pilatus Jesus.


Für die Macher eines Debatten-Magazins stellt sich diese Frage unvermeidlich: Gibt es eigentlich die Wahrheit? Unserem Selbstverständnis nach verhandeln wir Sachverhalte ja diskursiv, das heißt: subjektive Überzeugungen stehen miteinander im Wettstreit. Die Argumentation gewinnt der, der die besten Argumente glaubhaft vorträgt. Argumente werden vorgetragen mittels der Sprache. Sie stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Person, die sie äußert.

Mit der linguistischen Wende in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts wurde was heute eine Selbstverständlichkeit ist – erstmals Sprache als etwas verstanden, was nur in einem bestimmten Kontext Sinn macht. Sprechen ist also mehr als nur Laute äußern, Sprechen ist ein Selbstvollzug. Sprechen ist Handeln. Das heißt auch, dass Sprechen immer subjektiv ist.


Das Ende des Objektiven

Im Zusammenhang von Sprechen – Denken – Welt gibt es somit nichts Objektives mehr, das uns als Gegebenes gegenübertreten könnte. Kinder aktuieren nicht etwa eine vorgegebene Datenbank an Sprache in ihrem Hirn, wenn sie zu sprechen beginnen, sondern sie lernen die Welt. Ihre Welt, ihre subjektive Welt.

Diese neuen Erkenntnisse setzen den alten Wahrheitsbegriff einem krassen Stresstest aus. Wahrheit bedeutete immer etwas Objektives innerhalb der Welt oder etwas Größeres über uns außerhalb der Welt. Von beidem kann nach der linguistischen Wende nicht mehr gesprochen werden. Davon unterschieden wurde die bloße Meinung; also im Prinzip die Materie, aus der ein Meinungs- und Debattenmagazin aufgebaut ist.


Erst Kopernikus, dann Darwin und Freud – und jetzt das!

Die linguistische Wende ist daher die jüngste Kränkung, die der Mensch nach Kopernikus, Darwin und Freud ertragen muss. Sie ruft ihm nichts anderes zu als dass er zu mehr nicht taugt, als eine wohlbegründete Meinung zu formulieren, mehr nicht. Er, der Mensch, ist also nicht Adressat einer wahren Offenbarung oder Erkenner einer größeren Wirklichkeit, die ihn umgibt. Er konstruiert seine Wirklichkeit mit Hilfe der Sprache. Er schafft das intersubjektiv mit den anderen Teilnehmern seiner Sprachgemeinschaft und darüber hinaus mit allen Menschen, mit denen er qua Gattung dieselbe kognitive Grundausstattung teilt. In der Welt gibt es also nur noch Dinge, die in einem intersubjektiven Diskurs Wahrheitsfähigkeit erlangen, es gibt aber keine objektive Wahrheit, deren Erkenntnis den Schlüssel zum Verständnis der gesamten Wirklichkeit darstellt.

Uns tritt also keine Welt objektiv entgegen, sondern wir sind immer schon Teil der Welt. Die Welt wird durch uns, was sie ist. Wenn wir sterben, stirbt mit uns die Welt, so wie wir sie gesprochen haben. Das hat viele Konsequenzen; lassen Sie mich zwei nennen:


Der Weg, die Wahrheit und das Leben

Das eingeübte Zusammenspiel von Wort und Tat wird mit der linguistischen Wende obsolet. Für die Alten war ein weiser, gerechter Mensch einer, der glaubhaft das, was er als wahr erkannt hat, mit seinem Leben ins Werk gesetzt hat. Auf diese Weise hat die Antike ihre Heroen definiert und die junge Kirche ihre Heiligen. Christus wird in der spätantiken Theologie der Wahre, weil er mit dem Wirken seines Lebens die Botschaft seiner Predigt bestätigt. Er spricht von der Feindesliebe und vergibt dann aber auch selbst seinen Peinigern. Diese Überzeugungen, so müssen wir heute sagen, finden wir nicht außerhalb unserer selbst auf oder sie finden uns, etwa in Form einer göttlichen Gnadenwahl, auf. Sie entstehen in uns und werden Wirklichkeit, wenn wir sie sprechen oder sie sind Wirklichkeit, in dem wir in der Lage sind, sie sprechend zu denken.

Eine zweite Konsequenz ist die der Unterscheidung von gut und böse. Das ist eine nicht unerhebliche Frage. Der heilige Thomas kann in der Scholastik sagen, dass es ethisch ist, das Gute zu tun und das Böse zu meiden, es zurückzuweisen. Das Gute und das Böse hingegen füllt er inhaltlich nach den Maßgaben der Glaubenslehre, was gut und was böse sei. Wird das Gute manifest in Gott, das Böse im Teufel? Oder lebt die Anlage zu dem, was wir gut und böse nennen, in unserem Denken, Sprechen und Handeln, fügt sich durch die Erfahrungen unseres Lebens zusammen?
Konzepte, die uns überdauern

In beiden Fällen würde die Mehrheit der Leser sicher intuitiv sagen, dass dem nicht so ist: Weder steht die Wahrheitsfähigkeit eines überzeugenden Menschen, der seine Strahlkraft durch die Übernahme von Werten bezieht, von denen er sagt, dass sie göttlichen Ursprungs seien Martin Luther King, Mahatma Gandhi, Albert Schweitzer und Mutter Teresa genügen als Beispiele – in Frage, noch würde diese Mehrheit sich der Behauptung anschließen, das gut und böse keine fest zu bestimmenden Größen seien.

Wie damit umgehen? Es gibt sicher Konzepte, von denen wir sagen können, dass sie größer sind als wir, weil sie uns überdauern. Und wir können uns intersubjektiv auf einen Kodex von Handlungen und Haltungen einigen, die unser menschliches Zusammenleben steuern, und die definieren, was gut und was böse ist. Es gibt sicher Menschen, die uns beeindrucken, weil sie durch ihre kognitive und empathische Kraft Dinge zu formulieren sind, die viele andere Menschen inspirieren.

Gibt es also eine ewige Wahrheit? Manchmal reicht es schon aus, zu einer wohlbegründeten Meinung zu gelangen.


Der Journalist Alexander Görlach ist Herausgeber und Chefredakteur von The European. Zuvor war Görlach der Online-Redaktionsleiter des Magazins Cicero und Chefredakteur der BMW-Initiative Club of Pioneers. Seine journalistischen Stationen führten ihn nach New York, London und Rom. Görlach war sieben Jahre lang für das ZDF tätig. Als freier Autor hat Görlach für die FAZ, die Süddeutsche Zeitung und Die Welt geschrieben. Unter anderem war er Pressesprecher der Stiftung des Profifußballers Christoph Metzelder. Der 1976 geborene Journalist ist promovierter Theologe und promovierter Germanist.




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11.08.2011 19:34 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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