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wassermann11
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"Verhinderungsstrategien helfen niemandem weiter" Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

26.05.2011, 11:15 Uhr | Martin Eiermann, The European

Der Atomausstieg scheint nach der Fukushima-Katastrophe beschlossene Sache zu sein

Seit Fukushima scheint der Ausstieg aus der Kernenergie in Deutschland beschlossen. Hans-Peter Repnik, Vorsitzender des Rats für Nachhaltige Entwicklung, spricht über die Notwendigkeit der Energiewende, die politische Debatte zum Atomausstieg und die Vision einer nachhaltigen Gesellschaft. Das Gespräch führte Martin Eiermann.

The European: Die Bilder und Videos aus Japan haben die Debatte um den Atomausstieg zum politischen Reizthema gemacht. Welchen Einfluss hatten diese visuellen Eindrücke auf die öffentliche Meinung?

Repnik: Schon vor zwanzig Jahren hat die Konferenz von Rio de Janeiro auch hier in Deutschland die Aufmerksamkeit vieler Menschen auf das Thema der Nachhaltigkeit gelenkt. Wahr ist aber auch, dass ganz aktuell durch einen Vorgang wie Fukushima die öffentliche und auch die individuelle Wahrnehmung verstärkt werden. Von daher kann dieses furchtbare Unglück auch eine Chance eröffnen. Diese Chance sollten wir nutzen.

Wissenschaftler haben beklagt, dass sich der deutsche Diskurs zum Atomausstieg an emotionalen Reaktionen und nicht an wissenschaftlichen Fakten orientiert. In vielen anderen Ländern wird die Atomkraft weit weniger kritisch gesehen. Reagieren wir hysterisch?

Ich halte die Kritik an der Kernkraft für legitim, nicht für eine Überreaktion. Wir sind eine hochtechnisierte Nation und haben uns doch als Gesellschaft immer auch ein Stück Emotionalität bewahrt. Das ist gut, da die Technik allein keine ausreichenden Antworten auf viele gesellschaftliche Fragen liefern kann. Bis zu den Ereignissen in Fukushima glaubte man, die Reaktortechnologie beherrschen zu können – auch in Sondersituationen wie dem Zusammenspiel verschiedener Naturereignisse. Jetzt haben wir erkennen müssen, dass es Defizite gibt. So sicher, wie wir geglaubt haben oder wie uns vorgemacht wurde, ist die Atomkraft nicht.

Die potenziellen Risiken der Atomkraft wurden schon von der Umweltbewegung der Achtzigerjahre diskutiert. War das Problem ein "Nichtwissen" oder ein "Nicht-wissen-Wollen"?

Ich würde Letzteres nicht ausschließen. Interessanterweise wird Tschernobyl immer wieder aus dieser Diskussion ausgeblendet. Schon damals sind uns ja die Grenzen der Sicherheit aufgezeigt worden.

Im Herbst 2010 wurde die Verlängerung der Restlaufzeiten als alternativlos dargestellt. Inzwischen ist "Alternativlosigkeit" zum Unwort des Jahres gewählt worden. Hat sich die Politik Scheuklappen aufsetzen lassen?

Ich war sehr unglücklich über die Verlängerung der Restlaufzeiten und bin froh, dass es hier zu einer Neubesinnung gekommen ist. Dass es dafür eines Ereignisses wie Fukushima bedurft hat, ist sehr bedauernswert. Man muss aber auch bedenken, dass alle politischen Parteien – auch die Union – die Kernenergie immer nur als Brückenenergie angesehen haben. Das Ziel war schon immer die Erzeugung von Energie aus regenerativen Quellen. Ich bin sicher, dass dieses Ziel jetzt mit Konsequenz verfolgt wird. In den nächsten Wochen werden wir sicher einige Vorschläge sehen, wie wir die verschiedenen Technologien zu einem Energiemix kombinieren können. Dazu gehört übrigens auch die Frage der Energieeffizienz. Mit bereits verfügbaren Technologien ließen sich bei einer flächendeckenden Anwendung dreißig Prozent des Energieverbrauchs einsparen.

Warum sind diese Potenziale bisher nicht umgesetzt worden?

Teilweise sind die technologischen Möglichkeiten relativ neu. Die Entwicklung geht immer weiter, daraus ergeben sich neue Einsparpotenziale und eine neue Dynamik. Und zweitens geht es auch ums Geld. Durch die Kernenergie war man nicht gezwungen, den Energiemix zu verändern und Effizienzen auszureizen, da der Strompreis für die Verbraucher konstant niedrig blieb.

Man könnte auch sagen, dass die Partikularinteressen der Energieversorger gegenüber dem Gemeininteresse an einer nachhaltigen Energieversorgung dominiert haben.

Ich will gar nicht zurückblicken, sondern schaue nach vorne. Wir kommen in eine Zeit, in der Energieversorgung dezentral organisiert wird. Sie wird transparenter und möglicherweise auch demokratischer. Energie wird lokal erzeugt, gespeichert und verteilt. Das kann der Sache nur dienlich sein.

Die wirklichen Herausforderungen liegen also weniger im Ausbau der Erneuerbaren Energien, sondern in der Schaffung einer stabilen und dezentralisierten Infrastruktur ohne Netzmonopole?

Ganz sicher. Da wird sich jeder seiner Verantwortung stellen müssen: Parteien, Unternehmen, Bürgerbewegungen und NGOs. Wir brauchen neue Speicherkapazitäten und neue Leitungsnetze. Dieser Umbau muss von allen mitgetragen werden. Verhinderungsstrategien helfen niemandem weiter.

Die Stromversorger haben angekündigt, gegen den Ausstieg klagen zu wollen. Haben Sie dafür Verständnis?

Ich betrachte das mit großer Gelassenheit. Am Ausstieg aus der Atomenergie führt kein Weg vorbei.

Tut die Politik genug, um den Ausbau der Netze voranzutreiben?

Aktuell gilt das Moratorium. Die Regierung muss jetzt die offiziellen Empfehlungen der Expertenkommission abwarten und wird dann entsprechend handeln. Nach allen Äußerungen von Bundesumweltminister Röttgen bin ich sehr zuversichtlich, dass sich die Politik ihrer Verantwortung bewusst ist und die vorhandenen Möglichkeiten auch nutzen wird. In den kommenden sechs Monaten wird sich viel bewegen.

In einem Papier der Ethikkommission ist von einem Komplettausstieg bis 2021 die Rede. So ähnlich war das von der rot-grünen Bundesregierung in den Jahren 2000 beziehungsweise 2002 bereits formuliert worden. Ist dieses Ziel realistisch?

Es stimmt mich sehr zuversichtlich, dass die Ethikkommission von Klaus Töpfer geleitet wird und auch drei Mitglieder des Rates für Nachhaltige Entwicklung ihr angehören. Das Credo wird sein, die Energiewende so schnell wie möglich, aber wirtschaftlich verantwortlich, umzusetzen. Dass dabei die Versorgungssicherheit ebenfalls gewährleistet sein muss, versteht sich von selbst. Wichtig ist, diese Diskussion in einen breiten gesellschaftlichen Konsens einzubetten. Eine Energiewende muss von allen Menschen mitgetragen werden. Welche Partei dann letztendlich die Entscheidungen trifft, ist mir ziemlich egal.

Lassen Sie uns über nachhaltiges Leben sprechen. Hinter Ihnen hängt ein Foto an der Wand, unter dem steht: "Wir probieren auch gerne einmal Unmögliches." Ist die Idee der nachhaltigen Gesellschaft auch teilweise eine utopische – weil in vielerlei Hinsicht radikal andere Idee?


to be cont'd

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27.05.2011 11:25 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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.... Fortsetzung Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

Vor rund vierzig Jahren hat die Brundtland-Kommission eine Definition von Nachhaltigkeit vorgelegt, die ich sehr treffend finde. Da steht: "Nachhaltige Entwicklung ist Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können." Daran orientieren wir uns in unserer Arbeit. Es geht nicht um einen radikalen Bruch, sondern um einen Prozess. Die Frage ist, wie viel Zeit wir uns damit lassen. Wenn man sieht, wie viel Veränderung wir allein in den letzten zwanzig Jahren beobachten konnten, dann muss man feststellen: Wir sind auf dem richtigen Weg. Es ist unsere Aufgabe, dieses Tempo jetzt weiter zu beschleunigen. Wenn es uns wirklich gelänge, alle Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung zu nutzen, dann wären wir in diesem Bereich einen großen Schritt vorangekommen. Oder nehmen Sie die Veränderungen auf kommunaler Ebene: Ich hatte ein Treffen mit den Oberbürgermeistern von siebzehn großen deutschen Städten, die sich dem Thema Nachhaltigkeit verpflichtet fühlen. Gemeinsam mit dem Bundesbauminister haben wir diskutiert, welche Konsequenzen sich für Städtebau und Flächennutzung ergeben. Und für den Finanzsektor arbeiten wir an einer Vorlage, an welchen Regeln sich nachhaltiges Investment orientieren muss.

Welche Forderungen stellen Sie an den einzelnen Menschen?

Wir brauchen ein hohes Maß an Eigeninitiative und Reflexion. Wir müssen unser Konsumverhalten überdenken: Wollen wir Produkte für die Wegwerfgesellschaft? Kaufen wir nur noch Produkte, die nachhaltig erzeugt wurden? Und was bedeutet das Label "Nachhaltigkeit" überhaupt? Wir sind in intensiven Gesprächen mit der Bundesverbraucherministerin, um dem Etikettenschwindel vorzubeugen. Der Begriff der Nachhaltigkeit droht manchmal zu verwässern oder wird als Werbemittel missbraucht. Auch hier ist der einzelne Mensch gefragt. Wir müssen uns überlegen, welche Konsumgüter wir wirklich brauchen – und auf welche Produkte wir verzichten können, ohne dabei Lebensqualität einzubüßen. Es geht um die Emanzipation des Denkens.

Konsum verschafft direkte Befriedigung, die Konsequenzen des Konsums sind meist weniger offensichtlich. Glauben Sie an ein Umdenken?

Ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben. Vor zwanzig Jahren habe ich gemeinsam mit Klaus Töpfer die deutsche Delegation zur Konferenz in Rio de Janeiro geleitet. Ich habe erlebt, wie stark damals die gesellschaftlichen Diskussionen hier in Deutschland waren. Das ist wieder abgeflacht. Aber im nächsten Jahr geht es weiter mit der Konferenz "Rio Plus 20". Ich halte den Namen eigentlich für unpassend – es geht nicht darum, zwanzig Jahre später Fazit zu ziehen und sich selbst zu feiern. Das kann nicht das Ziel sein. "Rio 20 Plus" wäre treffender: Wir müssen neue, zukunftsweisende Entscheidungen treffen und konkrete Aufgaben an Regierungen verteilen. Das Thema Nachhaltigkeit muss wieder stärker in der Diskussion vorkommen. Nur über diese Diskussion und Reflexion werden wir auch das individuelle Denken ändern.

Auf diesen Konferenzen werden mit steter Regelmäßigkeit neue Ziele definiert, die dann ebenso regelmäßig verfehlt werden.

Die großen Fragestellungen können angesichts des Bevölkerungswachstums oder angesichts der Entwicklung in den Schwellenländern nur global gelöst werden. Die Entwicklungsländer haben jedes Recht, einen besseren Lebensstandard einzufordern. Auf der anderen Seite können und müssen Länder wie Deutschland ganz klare Führungsaufgaben innerhalb dieser Diskussion übernehmen. Das ist auch eine große Chance für uns. Jedem sollte klar sein, dass regenerativen Energien die Zukunft gehört. Wenn wir in diesem Bereich investieren und forschen, hilft das nicht nur dem Klima, sondern ist gleichzeitig ein Investment in die eigene Wirtschaft. Die Energiewende ist eine Win-Win-Situation.

Auch auf europäischer Ebene?

Ich habe den Eindruck, dass Günther Oettinger ein persönliches Interesse an diesen Themen hat. Es freut mich sehr, sein Engagement für mehr Nachhaltigkeit zu sehen. Die Länder der Europäischen Union haben eine einmalige Chance, sich für die Zukunft zu positionieren.

Auf der Habenseite ist bisher wenig zu finden. Emissionsziele werden verpasst, Erklärungen werden politisch verwässert. Sind internationale Konferenzen das falsche Forum, um manche dieser Fragen zu diskutieren?

Ich lasse mir meinen Optimismus nicht nehmen. Schauen Sie sich die Zeit vor 1991 an, seitdem hat sich viel bewegt. Ohne Rio hätte es kein Kyoto gegeben; und ohne Kyoto wären wir heute in einer fatalen Situation. Kopenhagen war ein Rückschlag, aber in Cancun wurde einiges wieder aufgefangen. Der jetzt beschrittene Weg ist also absolut unumkehrbar. Wir haben schlicht keine andere Wahl, als uns auf allen Ebenen mit der Problematik der Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen. Die Industrieländer haben dabei eine ganz klare Bringschuld. Dabei geht es um mehr, als den anderen einfach zuzuhören: Wir müssen unsere Technologien verfügbar machen. Die Konferenz in Rio wird nächstes Jahr zeigen, dass wir einige unserer Hausaufgaben noch nicht gemacht haben.

Sie haben von "Bringschuld" gesprochen. Was bedeutet Gerechtigkeit im Kontext der Klimapolitik?

Politische und ethische Debatten lassen sich nicht trennen. Ich war viele Jahre in der Entwicklungspolitik tätig. Da habe ich aus erster Hand erfahren, dass im globalen Kontext immer noch gewaltige Gerechtigkeitslücken klaffen. Wir müssen also ganzheitlich denken: Welche Hilfestellung können wir mit unserer Erfahrung und unseren Technologien leisten? Und welche Chancen auf Teilhabe müssen wir anderen einräumen, die bisher zu kurz gekommen sind? Bei der Vorbereitung der Klimakonferenzen auf nationaler Ebene gibt es diesen Diskurs bereits. NGOs oder auch Kirchen haben die Möglichkeit, sich einzubringen. Und auch vor Ort finden sich Vertreter der Zivilgesellschaft, deren Meinungen dann von der Politik abgefragt werden.

Und doch droht dieser Diskurs an der Haltung einiger weniger einflussreicher Staaten zu scheitern.

Es gibt Staaten, die vor allem die eigenen nationalen Probleme lösen wollen und sich nicht international binden lassen. Chinas Bedeutung wächst, das neue Selbstbewusstsein zeigt sich dann im Verhalten auf den Konferenzen. Trotzdem führen die Konferenzen dazu, dass auch Länder wie China sich mit konträren Argumenten auseinandersetzen müssen. Sie werden immer Dinge finden, die man effizienter lösen könnte. Es ist zum Beispiel nicht notwendig, dass jedes Mal 20.000 Menschen um die halbe Welt fliegen, um über Klimapolitik zu reden. Aber ohne diesen internationalen Diskussionsprozess werden wir nicht Herr des Problems werden.

Welche konkreten Vorschläge erhoffen Sie sich von der Politik? Geht es wirklich darum, wieder einmal neue Emissionsziele zu definieren?

Ich bin zuversichtlich, dass die Entwicklung hin zum Atomausstieg sehr konsequent weitergehen wird. Wenn das nicht der Fall wäre, würden wir uns da aktiv einbringen. In Rio de Janeiro wird es vor allem um zwei Fragen gehen: Welche Institutionen können wir schaffen – auch im Rahmen der Vereinten Nationen – um das Thema der Nachhaltigkeit voranzutreiben? Und welche Möglichkeiten ergeben sich für die "green economy"? Es geht dabei um eine Neuordnung des gesamten Produktionsprozesses; jeder Zwischenschritt muss genauso nachhaltig sein wie das Endprodukt.

Sie haben vorhin gesagt, Nachhaltigkeit sei kein radikales Projekt. Seitdem haben wir über Industrie, Finanzwirtschaft, Klimagerechtigkeit, Konsumverhalten und eine dezentralisierte Energieversorgung gesprochen. Bleiben Sie bei Ihrer Haltung?

Aus der heutigen Perspektive können die Veränderungen durchaus radikal erscheinen. Aber wir sollten uns auf den Prozess konzentrieren. Weitreichende Veränderungen lassen sich erreichen, wenn wir die Entwicklung konstant vorantreiben. Das Credo der Brundtland-Kommission ist immer noch gültig: Wir müssen künftigen Generationen die Möglichkeiten erhalten, ihr Leben selbst zu gestalten.




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27.05.2011 11:26 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Daumen hoch! Die Gurken können nichts dafür! Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

28.05.2011, 11:15 Uhr | Von Eberhard Lauth


EHEC-Panik: Alles Gemüse


Ob es nun in Spanien oder Hamburg passiert ist - egal. Ob auf ihr Bio draufsteht oder nicht - auch egal. Ob es die Gurken waren oder vielleicht doch was anderes - nebensächlich. Verantwortung zu übernehmen ist hier ja in der Tat kompliziert. Alle haben supersauber gearbeitet, keine Fehler gemacht, tipptopp Hygiene, keine Ahnung, wie das passieren konnte. Und so sterben Menschen an einem wenige Mikrometer messenden Darmbakterium aus Schlachtvieh, das auf den Namen EHEC hört, und keiner versteht warum.

Dabei ist die Antwort einfach: Wir haben es so gewollt. Wir haben den Bezug zu unserer Nahrung verloren. Sie kommt gewaschen, geschält und geschnitten ins Haus. Sie ist kein Rohprodukt mehr, sondern praktisch und convenient. Und wir haben uns dazu entschieden, billig - oder im Idealfall: noch billiger - zu essen.

Beides funktioniert nur im Rahmen einer industriellen Verwertungskette mit langen Reisewegen und komplexer Logistik. Im Supermarkt liegen Zwiebeln aus Neuseeland. Das vorgeschnittene Suppengemüse kommt aus Ägypten und Spanien. Und der Speck aus Tirol war irgendwann einmal ein Schwein, das aus Kostengründen in China geboren wurde. Man hat mit diesen absurden Auswüchsen unseres Lifestyles leben gelernt, man hat sich vielleicht bei Dokumentarfilmen wie Erwin Wagenhofers "We Feed The World" darüber echauffiert, und man hat dann doch wieder an einem verschneiten Jännertag irgendwo eine frische Erdbeere genascht.
Wie eine Seuche aus vergangener Zeit

Wegen dieser Sorglosigkeit wirkt es dann auch immer wie eine Seuche aus vergangenen Zeiten, wenn in der industriellen Verwertungskette Fehler passieren. Was, es gibt ungesunden Dreck da draußen? Wie, Gemüse gehört gewaschen? Echt, eine Gurke kann auch irgendwo wachsen, wo es vielleicht nicht sauber ist? Ein Skandal …

Nahrung ist über die Jahre mehr und mehr zu einer gesichts- und geschichtslosen Massenware geworden. Und Nahrung ist damit nicht nur immer und überall verfügbar geworden, sondern auch völlig unwichtig. Hauptsache, billig produziert, die Umstände interessieren da nicht näher - trotz aller Slow-Food-Bewegungen und Bio-Boom in gentrifizierten Stadtteilen.
Aus den Fugen geraten

Wozu diesen Zugang zur Nahrung auch ändern? Wenn das Recht darauf kostengünstig gestillt scheint, können wir ungleich wichtigere Rechte für uns beanspruchen. Das kann das Recht auf Fernreisen sein. Oder das auf die unbegrenzte Mobilität, die wir mit dem Besitz eines Autos verbinden, und auf die wir unser Leben täglich abstimmen.

Dass hier schleichend die Verhältnisse unserer Existenz aus den Fugen geraten sind, zeigt sich nur nebenbei. Zum Beispiel, wenn ein Darmbakterium aus Schlachtvieh in Gurken aus Spanien landet.




Eberhard Lauth: Der Journalist arbeitete viele Jahre als freier Autor und in den Chefredaktionen der österreichischen Magazine "Wiener" und "Seitenblicke". 2009 gründete er das Meinungsmagazin "ZiB21". Eberhard Lauth ist Jahrgang 1974 und lebt und arbeitet in Wien.





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28.05.2011 14:31 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Der Weg zurück zum Faustrecht Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

29.05.2011, 14:35 Uhr | Ein Kommentar von Werner Ruf


Die Westmächte etablieren einen neuen Interventionismus, der all dem entgegensteht, was die Vereinten Nationen wollten. Ob Jugoslawien oder Libyen: Die Entsouveränisierung von Staaten unter dem Deckmantel der Schutzpflicht bekämpft nur die Folgen, nie die Ursachen einer zunehmenden globalen Ungerechtigkeit.

Die erste „humanitäre Intervention“ beschloss der Sicherheitsrat der UN in seiner Resolution 688 im April 1991, dem Zeitpunkt also, als die Sowjetunion sich aus der Geschichte verabschiedete. Sie zielte auf eine teilweise Entsouveränisierung des Irak und wurde von konservativen Völkerrechtlern gefeiert als Durchbruch, der endlich Art. 2.7 der UN-Charta – das absolute Interventionsverbot in die inneren Angelegenheiten von Staaten – relativierte. Seither zieht sie sich wie ein roter Faden durch die jüngste Geschichte: Somalia, Haiti – und endlich Libyen. Vergessen wir nicht, dass mit ihr auch der völkerrechtswidrige Krieg der NATO gegen Jugoslawien gerechtfertigt wurde.


Präventives Engagement

In logischer Weiterentwicklung der Idee der „humanitären Intervention“ wurde inzwischen die „Responsibility to Protect“ (R2P) formuliert, die eine Verantwortung der „Internationalen Gemeinschaft“ (so nennt sich die NATO seit dem Jugoslawien-Krieg) einfordert, wenn es darum geht, schwere und massenhafte Menschenrechtsverletzungen zu verhindern. Erhellend an der Debatte ist auch eine britische Studie zum Thema, die vom ehemaligen britischen Außenminister Douglas Hurd ausführlich für „Survival“, die Zeitschrift des Londoner Instituts für Strategische Studien (IISS) besprochen wurde. Dort hebt dieser lobend hervor, dass angesichts der Vielzahl der Konflikte in der Welt diese nur selektiv behandelt werden können!

Worum es wirklich geht, ist schon in der Europäischen Sicherheitsstrategie von 2003 nachzulesen, die in ihrer Lageanalyse darauf verweist, dass im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts 45 Mio. Menschen an Hunger gestorben sind. Dies sei der Grund für Krisen. Die Schlussfolgerung daraus: „Wir müssen fähig sein, zu handeln, bevor Länder um uns herum in eine schlechte Lage geraten. … Präventives Engagement kann schwierigere Probleme in der Zukunft vermeiden.“


Es geht nicht um die Bekämpfung der Folgen

Nicht die zig Millionen Toten des globalen Ausbeutungssystems, das Jean Ziegler zu Recht die „kannibalische Ordnung“ nennt, sind eine „humanitäre Katastrophe“, sondern die Konflikte und Instabilitäten, die daraus resultieren. Es geht nicht darum, diese Ursachen zu bekämpfen, sondern ihre Folgen zu erschießen!

So entlarvt sich der Weg von der „humanitären Intervention“ zur „R2P“, die ja den „zivilisierten“ Staaten die moralische Pflicht zur Intervention auferlegt, als Etablierung eines neuen Interventionismus, der die UN-Charta demoliert und die Staatenwelt zurückführt in jene Anarchie, die das UN-System 1945 endgültig beseitigen wollte.

Das Prinzip der Rechtsgleichheit der Staaten wird ersetzt durch das Recht der Stärkeren. Auf der Strecke bleiben jene Grundsätze, für die man zu kämpfen vorgibt: Humanität und Zivilisation.
Der Autor ist ehemaliger Professor für Internationale und intergesellschaftliche Beziehungen und Außenpolitik der Universität Kassel und hat Politikwissenschaft, Soziologie, Geschichte und Romanistik an den Universitäten Freiburg, Paris, Saarbrücken und Tunis studiert. Ruf berät unter anderem die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) und die Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes.




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30.05.2011 07:20 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Die CDU, das Projekt Untergang Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

01.06.2011, 11:15 Uhr | von Alexander Görlach, The European


Angela Merkel führt die CDU auf einem Schlingerkurs

Ja, ich habe es der Kanzlerin abgenommen, dass sie nach Fukushima neu über die Nutzung der Atom-Energie nachgedacht hat. Ja, ich fand ihre Einwände gegen einen Einsatz der Bundeswehr im Kontext der Errichtung einer Flugverbotszone in Libyen nachvollziehbar.

Ein paar Monate später kann ich das nicht mehr. Nicht, weil ich diese Entscheidungen nicht mehr verstünde, sondern weil daraus keine Handlungen abgeleitet und konsequent durchgezogen wurden:

Nach dem Moratorium hätte kein Komplettausstieg aus der Atom-Energie stehen dürfen, sondern ein gut strukturierter Rückbau dieser Brückentechnologie. Jetzt geht es nur noch darum, das Thema schnell abzuräumen. Dass man sich als Unionswähler allerdings anstelle dessen die Augen reibt und sich fragt, warum die Parteien, die die Atom-Energie weiter nutzen wollten nach monatelangem Federlassen und Kämpfen nun aber genau wieder an dem Punkt stehen, wo sie zu Beginn der Legislatur standen, nämlich beim rot-grünen Ausstiegsbeschluss, ist bitter.

In Sachen Libyen mäanderte es nach dem Nein der Bundesregierung zwischen mehr Engagement in Afghanistan und man musste einen Soundcheck machen der Bereitstellung von Bundeswehrsoldaten, die auf libyschem Territorium die Ausgabe von Hilfslieferungen schützen sollten.


Konrad Adenauer rotiert im Grabe

Die Sache ist im Sand verlaufen, zum Glück, denn mittlerweile wissen wir, dass die Bundeswehr so schlecht strukturiert und selbstparalysierend aufgestellt ist, dass sie zu solchen Abenteuern gar nicht mehr in der Lage ist.

Da sind wir beim Thema Bundeswehrreform: Auch hier lag die Kanzlerin eigentlich meiner Meinung nach richtig als sie sagte, dass die Union, die immer für die Wehrpflicht war, die selbe nicht an einem Samstag aus Spargründen abschaffen könne.

Wenig später tat sie es dann doch. Das geneigte Publikum war dann auch hier nicht wenig überrascht, als die Luftbuchung aus Franken wenige Wochen später erklärte, dass die Reform der Bundeswehr erst mal teurer würde als billiger. Und auch hier mäandert die CDU nunmehr zwischen den verschiedensten Positionen hin und her. Und die Unions-Wähler wissen, dass es in ihrer Partei kein wirkliches Konzept für die Umwandlung der Bundeswehr in eine Berufsarmee gibt. Das ist eine Bankrotterklärung für die Partei der Wiederbewaffnung. Konrad Adenauer rotiert im Grabe.

Zum Glück hat Frau Merkel in den vergangenen Wochen ausnahmsweise mal nicht den Papst beleidigt und sich dadurch die letzten tapferen Stammwähler vergrätzt. Wobei: Bei der Präimplantationstechnik ist die Partei des Lebensschutzes auch nicht eindeutig aufgestellt. Hier bin ich nun selber, obschon katholischer Konfession, der Auffassung, dass man nicht hinter aller technischer Neuerung einen Dammbruch wittern muss. Aber: Mein Eindruck ist, dass die CDU-Vorsitzende nicht ausreichend in der Lage ist, die Implikationen dieser neuen technologischen Möglichkeiten (lassen Sie mich hier den Themenkreis PID um das Feld der Stammzellforschung erweitern) auf das christliche Menschenbild heraus zu stellen. Das würde ich dann doch erwarten.

Der von mir so geschätzte ZDF-Kommentator Gernot Hassknecht hat in seiner Replik zu einem Jahr Schwarz-Gelb eigentlich alles gesagt (sein bester Kommentar ist übrigens der zu Thilo Sarazzin), was zur Bilanz der CDU-geführten Bundesregierung zu sagen ist. Aber indem ich ihm beipflichte, stellt sich mir die Frage, warum ich 2013 die Union eigentlich noch einmal wählen sollte.
Wofür steht Frau Merkel?

Sicher, die Partei ist lange noch nicht so am Ende wie die SPD: 44% in Bayern, 39% in Baden-Württemberg, 35% in Rheinland-Pfalz sind alles keine schlechten Ergebnisse. Aber mit welchem Projekt bringen sie denn die zweite Regierung Merkel in Verbindung?

Gerhard Schröder hat die Agenda 2010 mit Überzeugung (war auch schon alternativlos) durchgezogen. Dafür gabs die Quittung. Aber der Niedersachse hat seinerzeit gezeigt, dass politische Entscheidungen länger halten können und müssen, als eine Ladung Buntwäsche wäscht. Das hat er übrigens mit Helmut Kohl gemein.

Auf allen vier genannten Feldern Atomausstieg, Libyen, Bundeswehr, Lebensschutz hätte die CDU durchaus alte Positionen räumen und einen neuen Weg beschreiten können. Die Christdemokraten wären vielleicht abgestraft worden für diese neue Marschrichtung. Aber wie süß ist es, für seine eigenen Überzeugungen zu sterben!

Jetzt werden sie hingegen ziemlich sicher dafür abgewählt, dass sie keine Richtung hatten. Es gibt nichts, womit es die Kanzlerin in die Geschichtsbücher schafft. Wenn sie so weiter macht, schafft sie es nach dem Wahltag 2013 noch nicht einmal mehr in die Bild-Zeitung.


Der Journalist Alexander Görlach ist Herausgeber und Chefredakteur von The European. Zuvor war er der Online-Redaktionsleiter des Magazins Cicero und Chefredakteur der BMW-Initiative Club of Pioneers. Seine journalistischen Stationen führten ihn nach New York, London und Rom. Görlach war sieben Jahre lang für das ZDF tätig. Als freier Autor hat Görlach für die FAZ, die Süddeutsche Zeitung und Die Welt geschrieben. Unter anderem war er Pressesprecher der Stiftung des Profifußballers Christoph Metzelder. Der 1976 geborene Journalist ist promovierter Theologe und promovierter Germanist.



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01.06.2011 11:37 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Partei mit angeschlossenem Esoterikbetrieb Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

04.06.2011, 11:15 Uhr | Von Jost Kaiser


Besucher des Evangelischen Kirchentags sitzen vor dem "Solarkreuz" des Kirchentages in den Elbwiesen in Dresden

Sie werden den Kapitalismus geißeln, dem Aberglauben frönen, dass der Frieden einfach so kommt, wenn man ihn nur stark genug herbeisehnt und sich baden in der Gewissheit, dass das moderne Leben mit seinem Individualismus, seinem Konsum und seiner Liberalität die Wurzel vieler Übel ist: Der Parteitag der Linkspartei findet diese Woche in Dresden statt. Nur dass sich dort nicht die Linkspartei selbst, sondern eine Art Unterorganisation derselben namens EKD, Evangelische Kirche in Deutschland versammelt.

Wenn also dieser Tage die angesichts der vom amerikanischen Satan (der hat ja den Individualismus mit erfunden) regierten Welt übel gelaunte Christen, samt „Kirche von unten“, „Markt der Möglichkeiten“ und Margot Käßmann (acht Veranstaltungen hat die Mutti der Nation in der Sachsenhauptstadt) in Dresden einfallen, dann kann man mit den Ureinwohnern nur Mitleid haben. Denn ein normales, angenehm sinnfreies verlottertes Leben ohne erhobenen Zeigefinger und schlechtes Gewissen wird für ein paar Tage in Sachsen nicht mehr möglich sein.


Wer sich das Programm des Kirchentages ansieht (es gibt 2200 Veranstaltungen), der muss einsehen, dass die evangelische Kirche sich selbst offenbar hauptsächlich als politische Partei mit angeschlossenem esoterischem Vergnügungspark sieht: man kann „Schlauchboottouren auf der Elbe machen“ und gleichzeitig etwas erfahren über „Globalisierung und Umwelt“. In der Veranstaltung „Pflicht zum Krieg – Recht im Krieg“ darf sich der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr Klaus Naumann vom versammelten deutschen Vulgärpazifismus (u.a. dem bigotten Kriegsgegner Norman Paech) zur Sau machen lassen. Und selbstverständlich hat man auch zum Essen („Ausweitung der Massentierhaltung in Deutschland als globales Problem“) und Atom („Fukushima – das Ende der Atomenergie!?“) Redebedarf. Die Antworten werden so überraschend sein, wie die der Linkspartei zu denselben Themen.

Hat Gott zur Globalisierung eine Meinung und zum Atom und zu Libyen? Was hält Gott von Gaddafi? Was sagt Gott zur Brennelementesteuer? Will Gott Steuersenkungen oder will er zugunsten der Kommunen lieber mehr Steuern, damit die ihre Straßen reparieren können? Gott schweigt.


Der Politzirkus der EKD

Aber Margot Käßmann, die Ehrenvorsitzende der EKD- PDS wird alle diese Fragen sicherlich beantworten können. Und verrät damit alles, was eine Kirche von politischen Parteien unterscheiden sollte: metaphysische Sprache, eine Welterklärung durch nicht-weltliche Antworten, eine Theologie, die sich nicht darin aufzehrt, alles mies zu machen, was ein bisschen Spaß macht im Leben, sondern Menschen Lebenshilfe gibt und nicht zivilisationsskeptische Parteiprogramme. In der EKD wird man diesen Politzirkus sicher als Folge der Nähe der Kirche "zu den Menschen" hinstellen. In Wahrheit wird auf den hunderten politischen Veranstaltungen exakt das gesagt werden, zum Teil vom selben Personal, das schon bei Maischberger, Plasberg und Maybrit das Wort erhob.

Wenn aber die evangelische Kirche sich als politische Partei positioniert, dann sollte sie sich nicht wundern, wenn sie im Pro und Contra des politischen Betriebes als normaler Akteur behandelt wird: Das hat Margot Käßmann bis heute nicht verstanden und ist allzeit "verletzt", wenn man ihr widerspricht. Dabei hat sie sich selbst von der Pastorin zur Politikerin gemacht. Und Politikern wird in Deutschland nun mal allzeit widersprochen.


Warum aber ist die evangelische Kirche zur grießgrämigen, antiliberalen Politpartei geworden? Der Philosoph Alexander Grau macht in einem lesenswerten Plädoyer für einen "neoliberalen Protestantismus" den Ursprung für diese bis heute bestehende Grundhaltung die Stimmung nach dem Ersten Weltkrieg verantwortlich: Man hatte in bestimmten Kreisen damals dem Liberalismus Schuld am Gemetzel gegeben. Auch der Einfluss des calvinistischen Theologen Karl Barth, der alles Menschengemachte, also auch die Kirche und erst Recht die Gesellschaft und ihre modernen Tendenzen für Teufelszeug hielt, sorgte für die anti-individualistische Grundstimmung in der evangelischen Kirche, die bis in die Jetztzeit anhält. Grau: "Statt den Menschen kulturelle Geborgenheit, intellektuelle Inspiration und theologische Orientierungshilfe zu vermitteln, präsentiert sich eine hochgerüstete Politkirche, die gefühlte soziale Schieflagen oder globale Missstände anklagt, dafür aber das Individuum aus den Augen verloren hat."


Margot Käßmann weiß sicher die Antwort

Schwer vorstellbar, dass sich die evangelische Kirche von ihrem schlechtgelaunten Misstrauen gegen die pluralistische, individualistische Gesellschaft lösen wird.

Wenn man aber seit Jahrzehnten nahezu alles ablehnt, was der liberale, pluralistische Rechtsstaat Bundesrepublik Deutschland im Innern und Äußeren für richtig hält, von der Steuer- über die Arbeitsmarktpolitik bis hin zum Afghanistaneinsatz der Bundeswehr – warum gibt man dann nicht endlich alle Privilegien auf, die dieser Staat der Kirche gewährt?

Margot Käßmann weiß sicher die Antwort.


Jost Kaiser war Blogger bei Vanity Fair und kommentierte dort das politische Geschehen im In- und Ausland. Kaiser ist zudem Autor für die Süddeutsche Zeitung, die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, die Zeit und den Tagesspiegel.



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05.06.2011 01:47 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Kirchengründung jetzt!

07.06.2011, 11:15 Uhr | Ein Kommentar von Alexander Kissler


Befragt man Margot Käßmann zu ihrem Glauben, redet sie von Sex und Afghanistan. Will man von Hans Küng etwas über Gott wissen, spricht er von Sex und Zölibat. Wäre es nicht an der Zeit, die klassische Frage von Jörg Zink „Die eine Kirche, wann endlich?“ zu beantworten und die „Selbständige Vereinigte Käßmann-Küng-Kirche“, kurz: KKK, subito zu gründen?

Dann fände sich unter dem Banner zweier populärer Gesichter auf breitem, also kleinstem theologischen Nenner zusammen, was heute schon zusammengehört wie Ei und Kuchen: Schroffe Papstkritik, moralisches Laissez-faire, linkspolitisches Besserwissertum, zuverlässig hoher Ton und – nicht unwichtig in diesen Tagen – ein treuherzig vorgetragener Vulgärpazifismus. Auch die einzige Schwäche, die man Küng und Käßmann zuweilen ankreidet, ihre Unfähigkeit zur Ökumene, ließe sich in der geschlechter- und klimagerechten KKK schlagend widerlegen.


„Peace! Wir haben nur den einen Gott!“

Auf dem Evangelischen Kirchentag zu Dresden glänzte die ehemalige Bischöfin in abermals rappelvollen Hallen mit ihrem Evergreen, man möge doch mit den und für die radikalislamischen Taliban beten statt sie zu bombardieren – was man als staunender Betrachter gerne sähe: Im Helikopter der Bundeswehr schwebt Frau Käßmann in Pakistan ein, schlägt sich durch zu Mullah Omar, und gerade als dessen Schergen ihr den Säbel an den Hals setzen, zückt Frau Käßmann ein Teelicht, entzündet es behend über deren Köpfen und ruft mit einem Lächeln aus: „Peace! Wir haben nur den einen Gott!“

Außerdem rückte Frau Käßmann auf dem Kirchentag Martin Luther in die Nähe der Anti-Baby-Pille. Der kinderzeugende Mönch Martin nämlich, hörten wir, habe durch sein praktiziertes Ja zum Fortpflanzungsakt die Sexualität als „lustvolle Gabe Gottes“ wiederentdeckt. Bekanntlich pries Frau Käßmann in einer wahren Sternstunde ökumenischer Geschwisterlichkeit die Anti-Baby-Pille gleichfalls als „Geschenk Gottes“, justament im katholischen Münchner Liebfrauendom. In der KKK hat folglich zu gelten: Wo immer Mann und Frau (oder Mann und Mann und Frau und Frau) ihren Spaß aneinander finden, da ist Gott. Nie war es so wunderbar leicht, Christ zu sein. Als Motto zum Gründungsparteitag der KKK empfiehlt sich schon jetzt: „Friede, Freude, Fantasie – tu, was du willst, es schadet nie.“

Zuvor hatte der unverwüstliche Priester Küng im „Zeit“-Interview der Jungvorderen gezeigt, was eine säkulartheologische Harke ist. Damit die Kirche, also wohl: seine Kirche, in der das Wort des Propheten noch etwas gilt, gesunde, ja überlebe, habe nun aber endlich und endgültig stattzuhaben: Abkehr vom Zölibat, Frauen an den Altar, Protestanten und wiederverheiratete Geschiedene hin zur Eucharistie. Und natürlich müsse der Papst das „römische Macht- und Wahrheitsmonopol“ ablegen und dieses ganze „absolutistische römische System“ und auch seine eigene „Selbstherrlichkeit“ überwinden. Sprach der bescheidene Hochwürden Hans, während im Keller leise das Geräusch der Bartwickelmaschine ertönte.
Mutter Natur, Heiliger Geistin und Gott Unterleib

Hat es ihn irritiert, dass wenig später Rabbiner Andrew Steiman im Leitartikel der „Jüdischen Allgemeinen“ Küng und dessen schwärmerisches „Weltethos“-Projekt des unreflektierten „Gutmenschentums“ zieh? Der „berühmte Christ“ Küng werfe letztlich, indem er sich vom Alten Testament absetze, den Juden vor, „sich an der universellen Moral der Menschheit eigenmächtig zu schaffen zu machen – ohne Einwilligung von Küng und seiner ‚Stiftung Weltethos‘.“ Die Juden, so Steiman, hätten laut Küng ein Menschheitsgut manipuliert. Man merke auf: Die antijudaische Versuchung der gegenwartstrunkenen Reformchristen wäre demnach auch bei Küng mit Händen zu greifen.

Die KKK wird daran nicht zerbrechen. In ihr feiert man gewiss bald schon Regenbogen- und Menschheitsfeste zu Ehren von Mutter Natur, Heiliger Geistin und Gott Unterleib. Man wird vom Wanderprediger Jeschua erzählen und dessen Einsatz für eine menschengerechte Welt, von der alleinerziehenden Mutter Maria und dem Gesprächskreis der Apostel und Apostelinnen. Doch irgendwann, kurz vor Sonnenuntergang, wird ein vorlautes Kind den Finger heben, den Hals in die Höhe recken und laut und staunend ausrufen: „Aber der Kaiser hat ja gar nichts an!“ Und dann wird es uns allen wie Schuppen von den Augen fallen, und Glaube wird wieder Glaube sein und Christus wieder Christus und Teelicht wieder Teelicht.


Alexander Kissler schreibt neben seinem Engagement bei The European regelmäßig für das Magazin “Focus”, die “Süddeutsche Zeitung” und “Cicero”. Er hat Neuere deutsche Literaturwissenschaft, Mittlere und Neuere Geschichte sowie Medienwissenschaft in Marburg studiert. Mit einer Arbeit über den deutsch-jüdischen Schriftsteller Rudolf Borchardt wurde er dort 2002 promoviert. Mehr über Alexander Kissler und seine Veröffentlichungen auf www.alexander-kissler.de.



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08.06.2011 08:07 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Das Europa der Bürger Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

09.06.2011, 11:15 Uhr | Ein Kommentar von Christoph Giesa


Europa - quo vadis?

Europa kämpft derzeit mit verschiedenen Problemen. Dazu gehören unter anderem die Fragen über den Umgang mit Flüchtlingen aus Nordafrika oder mit einigen dem gemeinsamen Gedanken abträglichen Entscheidungen nationaler Regierungen wie etwa zur Pressefreiheit in Ungarn oder zur Wiedereinführung von Grenzkontrollen in Dänemark. Das größte Problem allerdings, obwohl dieses offiziell nicht die gesamte Europäische Union betrifft, sondern nur diejenigen, die sich vor einigen Jahren zu einer Währungsunion zusammengeschlossen haben, ist die Krise eben dieser gemeinsamen Währung, des Euro.

Auch wenn sich auf den ersten Blick wenige Verbindungen zwischen den einzelnen Themen ergeben, liegt allen gleichermaßen eine gemeinsame Problematik zugrunde. Diese besteht maßgeblich in dem Zustandekommen der EU wie auch der Eurozone in ihrer heutigen Form, was in beiden Fällen weniger durch die Euphorie der Menschen in den Mitgliedsländern als vielmehr durch Visionen der politischen Eliten getrieben war. Das Ergebnis waren immer wieder Konstrukte, die zwar nach allen Regeln der Diplomatie, nicht aber nach den Regeln guter Regierungsführung ausgestaltet wurden.

Platt gesagt: Der Zielerreichungsgrad wurde jahrzehntelang über den effizienten Mitteleinsatz gestellt, um Einigungen in einem stetig wachsenden Europa überhaupt erst möglich zu machen. Den Bürgern ist das - an den Stellen, an denen sie es wahrnehmen - schon seit Langem ein Dorn im Auge, egal ob es um den fast schon perversen Wanderzirkus des Europäischen Parlaments zwischen Brüssel und Straßburg, die verfehlte Subventionspolitik oder manche europäische Richtlinie, etwa zur Gurkenkrümmung oder dem Seilbahnbetrieb, geht.


Fragwürdige Gegenbewegungen

Obwohl viele Menschen in allen Ländern des Kontinents der Idee einer europäischen Einigung durchaus positiv gegenüberstanden, sind sie mit der Umsetzung zunehmend unzufrieden. Diese Unzufriedenheit war bisher weitgehend abstrakt, weil sich die spürbaren negativen Auswirkungen für den Einzelnen in engen Grenzen hielten. Lange Zeit konnte man die Entwicklungen des Verhältnisses der Bevölkerung zu Europa mit einer langjährigen Partnerschaft vergleichen: Die emotionale Liebesbeziehung, in der man dem Gegenüber gerne alle seine Versprechen glaubt, weicht nach und nach einem gewissen Pragmatismus, in dem man die Annehmlichkeiten als selbstverständlich wahrnimmt und sich zunehmend über die deutlich werdenden Macken des anderen ärgert.

Der Unterschied ist allerdings: Bei einer Ehe kommt erst die Trennung, danach geht es ums Geld, während es in Europa derzeit zunehmend ums Geld geht, und plötzlich einige nach Trennung rufen. Das schafft Platz für fragwürdige Gegenbewegungen, wie in Ungarn oder Dänemark, aber auch in vielen anderen Ländern zu beobachten.

Keine Frage: Nun ist die Zeit der Politik gekommen, ihr Projekt zu retten; Aufschub wird es nicht geben. Die einzige Chance ist, aus einem Elitenprojekt endlich ein Projekt für alle zu machen. Das ist leichter gesagt als getan, keine Frage. Was allerdings sicher ist: Die derzeitige Krankheit mit der Medizin aus der Vergangenheit zu behandeln, wird nicht mehr reichen, auch weil sich quer durch Europa eben jene europaskeptischen und populistischen Kräfte etabliert haben, die auf unangenehme Art und Weise den Finger in die offene Wunde zu legen und sogar kräftig zu bohren bereit sind.
Sonst spielen wir keine Rolle mehr

Der alleinige Bezug auf eine jahrzehntelange europäische Friedensperiode und auf abstrakte wirtschaftliche Vorteile durch den freien Fluss von Gütern, Dienstleistungen und Arbeitskräften trägt nicht mehr, wenn viele Bürger angesichts überbordender Staatsverschuldung, dauernder Rettungspakete, steigender Inflationsraten und dauernd zunehmender Migrationsbewegungen Angst vor finanziellen Einbußen und Überfremdung oder sogar einem Kollaps der eigenen Währung haben.

Es braucht ein Konzept, das überzeugt. Es braucht vor allem ein Konzept, das langfristig trägt. Und es braucht ein Konzept, das transparent diskutiert und nach demokratischen Prinzipien verabschiedet wird. Die europäischen Regierungen müssen eine Lösung finden, wie sie das Demokratiedefizit auf europäischer Ebene in den Griff bekommen. Und sie müssen bereit sein, einen Neuanfang auch durch das Abschneiden alter Zöpfe glaubhaft zu machen. Nur mit einer neuen Glaubwürdigkeit werden die pro-europäischen Kräfte wieder aus der Defensive kommen und den Ball zurück in das Feld derjenigen spielen, die die aktuelle Krise nutzen wollen, um die Axt an die große Idee zu legen.

Wer dem auf Dauer aufgrund alter Denkmuster nichts entgegenzusetzen hat, nimmt in Kauf, dass wir Europäer in einer globalisierten Welt mit irgendwann acht Milliarden Bewohnern keinerlei Rolle mehr spielen werden. Nur eine funktionierende Europäische Union mit einer funktionierenden Währungsgemeinschaft wird auf lange Frist in der Lage sein, dieses Szenario zu vermeiden.


Christoph Giesa: Der Unternehmensberater war Landesvorsitzender der Jungen Liberalen in Rheinland-Pfalz und scheiterte 2004 knapp am Einzug ins Europaparlament. Er war Initiator der Bürgerbewegung zur Unterstützung von Joachim Gauck als Bundespräsident und ist Mitglied der FDP-Vereinigung "Dahrendorfkreis". 2010 ist sein erstes Sachbuch "Elite im Hamsterrad - Manifest für einen Neuanfang der kreativen Klasse" erschienen. 2011 erscheint sein Buch "Bürger. Macht. Politik". Giesa lebt und arbeitet in Hamburg.




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10.06.2011 08:43 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Das Schweigen der Rösser Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

10.06.2011, 11:15 Uhr | Ein Kommentar von Stefan Gärtner


Lasst Euere Hände von meinem Sparschwein!

Portugal hat gewählt, und die drei Fünftel, die überhaupt noch wählen gegangen sind, haben konservativ gewählt. Mindestens der Korrespondent der „Frankfurter Allgemeinen“ fand das sehr in Ordnung: „Portugal ist nach Griechenland und Irland der dritte Staat der Eurozone, der in Not geraten ist. Er ist der zweite nach Irland, in dem nach dem Aufspannen des ,Rettungsschirmes‘ die Regierung abgewählt wurde. Die noch knapp sechzig Prozent der Bürger, die am Sonntag von ihrem Wahlrecht Gebrauch machten, gaben sich keinen Illusionen über die bevorstehende Rosskur hin: Noch mehr Steuererhöhungen, Sozialabbau, Privatisierungen. Und das alles mit mehr Rezession, kaum Aussicht auf Wachstum und einem Fünftel der zehn Millionen Portugiesen unter der Armutsgrenze.“

Trotzdem freute sich L. Wieland über den „klaren Auftrag“ des Wahlvolkes und beneidete den designierten Regierungschef aber nicht, denn der „wird er auch Strukturreformen in Angriff nehmen müssen, die sich bisher keine Regierung – auch keine konservative – getraut hat. Nun steht sie aber unter massivem Druck aus Brüssel und Washington und muss dazu noch das Vertrauen der internationalen Finanzmärkte zurückgewinnen. Ob die Portugiesen auf diesem steinigen Weg ,vernünftiger‘ sein werden als etwa die Griechen, wird sich bald auf der Straße erweisen. Das Streik- und Protestpotenzial der versteinerten Gewerkschaften und der mit ihnen verbündeten radikalen Linksparteien ist schon deshalb begrenzt, weil sie keine Streikkassen haben. Aber auch die neue Regierung sitzt über leeren Büchern und muss versuchen, unter Aufsicht und mit begrenztem Spielraum, einem melancholischen Land mit nicht sonderlich dynamischen Eliten Mut zu machen.“

Da Deutschland, gottlob, über dynamische Eliten verfügt, ist es von solchem Schicksal noch eine Weile entfernt; aber die eine oder andere Frage muss uns lesenden Kopfarbeitern doch erlaubt sein: Wenn doch Kapitalismus immerwährender Wettbewerb ist, und wenn es naturgemäß so ist, dass jeder Wettbewerb Gewinner und Verlierer kennt und es sich also herausgestellt hat, dass Portugal diesen Wettbewerb, warum auch immer, fürs Erste verloren hat: Wie sinnvoll kann es dann sein, ein solches Land mit Strukturreformen und Rosskuren wieder wettbewerbsfit zu machen, wenn das doch heißen kann, dass z.B. deutsche Firmen plötzlich portugiesische Konkurrenz kriegen? Würde Portugal also eines Tages so wettbewerbsfähig, wie es Brüssel und Washington gerne hätten, ginge das dann nicht zu irgendjemandes Lasten? Hat u.a. die deutsche Außenhandelsbilanz nicht außerordentlich von Ländern profitiert, die so wenig wettbewerbsfähig sind, dass sie durchaus mehr im- statt exportiert haben?
So viele Fragen

Kann es Deutschland nützen, wenn Portugal plötzlich Exportweltmeister würde, oder soll Portugal nur so weit wiederhergestellt werden, dass es wieder Geld zum Importieren von Mercedeswagen hat? Was ist von einem Wirtschaftssystem zu halten, das vom Vertrauen irgendwelcher Finanzmärkte abhängig ist, und ist es legitim, wenn sich ein Gemeinwesen solches Vertrauen, das zu erwidern es ja auch überhaupt keinen Grund gibt, mit dem Verkauf von Krankenhäusern und Energieversorgern und der weiteren Verarmung der Bevölkerung erkaufen muss? Wie wahrscheinlich ist es, dass bei diesen legendären Rosskuren zwar kein prosperierendes Gemeinwesen, aber ein Land in völliger Abhängigkeit von Kapitalinteressen herauskommt? Ist es da ein Wunder, wenn die Gewerkschaften auf stur schalten und sich dem Risiko aussetzen, von deutschen Marktwirtschaftlern in ewig gleicher Diktion als „versteinert“ abgekanzelt zu werden? Und ist es, angesichts all dessen, denn angemessen, vor diesen sagenhaften kapitalistischen Widersprüchen die Augen zu verschließen und wie die sprichwörtliche schwäbische Hausfrau „vernünftig“ zu sein und auf gutes Wirtschaften zu setzen?

So viele Fragen – wie schön muss es sein, für die „FAZ“ zu arbeiten und die Antworten nicht zu verraten.


Stefan Gärtner ist Jahrgang 1973, studierte Geisteswissenschaftliches in Mainz und New York und war von 1999 bis 2009 Redakteur beim endgültigen Satiremagazin “Titanic”. Gärtner schreibt neben dem monatlichen Politessay fürs Hausblatt offizielle Biographien über Bundesaußenminister (“Guido außer Rand und Band”, mit Oliver Nagel), sprachkritische Lowseller (“Man schreibt deutsh”) und manchmal Witze fürs Fernsehen.




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11.06.2011 14:58 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Die Aussteiger-Republik Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

11.06.2011, 11:15 Uhr | ein Kommentar von Harry Tisch


Kaum hat die Partei der kritischen Intelligenz die ehemals bürgerlich-konservative CDU mit dem Atomausstieg selbst auf einem ihrer früheren Kernthemen zur bedingungslosen Kapitulation gezwungen, beginnen sich Zeitgenossen ernsthafte Sorgen über die Zukunft der Ökosozialisten zu machen.

Mit dem Aus für die Kernenergie, so meinen sie, würden die Grünen in eine Sinnkrise stürzen und könnten sich auf längere Sicht möglicherweise gar nicht mehr profilieren.


Der Aussteiger-Republik wird die Arbeit nicht ausgehen

Auch wenn sich diese Befürchtungen eher aus ehrlicher Bedenkenträgerei denn aus konterrevolutionärem Defätismus speisen mögen: Sie sind nicht einmal ansatzweise berechtigt. Der Aussteiger-Republik wird auch künftig die Arbeit nicht ausgehen. Und nicht zuletzt die Einheit zwischen den betroffenheitstrunkenen Massen und ihrer Führungselite, wie sie sich im Rahmen des Evangelischen Kirchentages offenbart hatte, und die dort zum Ausdruck gekommene, tiefe Ökoreligiosität zeigt, dass der Atomausstieg erst der Anfang sein kann.

Das nächste Thema wird zweifellos jenes des Ausstiegs aus der Solidarität mit dem westlichen Militärbündnis sein. Wie die Genossin Käßmann deutlich gemacht hat, haben Bomben nie Frieden gebracht und es sollte stattdessen das gemeinsame Gebet mit den Taliban, die nach dem Abzug der westlichen Truppen wieder Afghanistan übernehmen werden, die Basis einer künftigen Entwicklungszusammenarbeit darstellen. Selbstverständlich wären der Ausstieg aus der Rüstungsindustrie sowie – erst recht nach dem Skandal von Bad Reichenhall die Abschaffung der Bundeswehr bzw. deren Ersetzen durch ein breites Netz an Beratungsstellen mit 100.000 neu ausgebildeten oder umgeschulten Sozialarbeiter_innen sowie 5.000 ökumenischen Taliban-Gebetsbuchautor_innen die dazu passenden flankierenden Maßnahmen.

Aber auch abseits dieser Materie ist noch reichlich Luft für Verbote, Reglementierungen und am Ende fürs Abschaffen und Aussteigen.

Der Individualverkehr sollte dabei eines der ersten Ziele sein. Es erscheint zwar ein auf den ersten Blick als sehr ambitioniertes Unterfangen, Millionen Automobilbesitzer in Deutschland dazu zu bewegen, freiwillig von ihrem klimaschädlichen Treiben abzulassen, aber durch ein Tempolimit von 80 km/h auf Autobahnen (zumal wir ja wissen: „Autobahn geht gar nicht!“), eine weitere Anhebung der Ökosteuern und eine zusätzliche Pkw-Maut könnte ein entscheidender weiterer Schritt in Richtung Demobilisierung der Bevölkerung absolviert werden. Und parallel zu diesem würde eine von der Partei der kritischen Intelligenz gestellte oder auch nur ferngesteuerte Bundesregierung bis 2030 wirksam den Ausstieg aus der Automobilindustrie in Angriff nehmen können.
Volks- oder besser gesagt Elitenfrömmigkeit

Die durch die Ökoreligion beförderte Volks- oder besser gesagt Elitenfrömmigkeit führt darüber hinaus auch dazu, dass fundamentalistische Relikte dunkler Zeiten des Aberglaubens über Bord geworfen werden und die EKD als kirchlicher Arm der Grünbewegung künftig mit dem Anliegen „Unser tägliches Verbot gib uns heute [] und erlöse uns vor dem CO2“ vor den Altar der Erdmutter Gaia treten wird.

Die hiesigen Sachwalter_innen der Angesprochenen werden sich nicht lumpen lassen. So ist selbst der über Jahrhunderte im Mecklenburgischen gepflegte Torfabbau mittlerweile auf die Abschussliste geraten und das, obwohl selbst der Weltuntergang durch die menschengemachte Erderwärmung dort erst 50 Jahre später bemerkt werden dürfte.

In Zeiten von EHEC sollte zudem nicht vor dem Aussprechen unbequemer Wahrheiten zurückgeschreckt werden. Angesichts der nicht abreißenden Zahl an Verdachtsfällen müssen einmal mehr die Ernährungsgewohnheiten der Bürger auf den Prüfstand und da stellt sich die Frage, ob nicht auch der Ausstieg aus der Lebensmittelindustrie und Nahrungsmittelherstellung die unausweichliche Konsequenz aus dieser vom Menschen nicht beherrschbaren Risikotechnologie darstellen muss.
Schluss mit Strom!

Reaktionäre Kräfte versuchen nunmehr, einen bedauerlichen Einzelfall in Greifswald zum Anlass zu nehmen, um die fortschrittliche Solartechnologie in Misskredit zu bringen. Einem solchen Unterfangen ist entschieden entgegenzutreten. Schließlich ist der gegenständliche Brand nicht durch die erneuerbare Energie selbst entstanden, sondern durch Elektrizität.

Die logische Antwort auf diese nicht beherrschbare Risikolage kann dementsprechend aber dann nur lauten, komplett aus der Elektrizitätsversorgung auszusteigen. Daraus könnte sogar der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan noch einen Sinn gewinnen. Die Jahre vor Ort machen die auf Grund der Auflösung der Bundeswehr dann arbeitslosen Soldaten zweifellos zu Botschaftern eines wegweisenden Kulturaustausches. Sie können der deutschen Bevölkerung endlich das beibringen, was viele Afghanen bereits seit Jahrzehnten Tag für Tag meistern: Nämlich das Leben auf Steinzeitniveau.



Harry Tisch wurde durch die kapitalistische Restauration in der DDR an einer großen Karriere bei den Thälmannpionieren gehindert. Der Genosse nutzte aber die Jahre nach der Wende, um sich die Grundlagen der Weltanschauung des Marxismus-Leninismus in Eigenregie anzueignen. Seit dessen Gründung 2009 schreibt er regelmäßig für das Blog “”http://bluthilde.wordpress.com/“>Bluthilde” und begleitet auf seine Weise von der Hilde-Benjamin-Geburtsstadt Bernburg aus die unaufhaltsame Transformation der spätkapitalistischen Produktionsverhältnisse im großdeutschen Ausbeuterstaat hin zu Fortschritt und Sozialismus.




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12.06.2011 11:56 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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14.06.2011, 11:15 Uhr | ein Kommentar von Margaret Heckel


Steht Schwarz-Gelb vor dem Aus?

Die Stimmung ist schlecht in der FDP, die Aussichten sind kaum besser. Der große Personalwechsel hat bislang kaum etwas gebracht. Der Frust sitzt also tief bei den Liberalen. Doch deswegen Selbstmord aus Angst vor dem Tod begehen – und die Koalition platzen lassen? Das wäre eine reine Trotzreaktion. Dazu sind die FDPler zu rational. Und selbst relativ junge Politiker wie Rösler, Bahr und Lindner sind lange genug im Geschäft, um das erste Gesetz der Macht verinnerlicht zu haben: Niemals freiwillig aufgeben!

Keiner in der FDP könnte irgendetwas davon gewinnen, nun die Koalition zu verlassen. Alle FDP-Bundestagsabgeordneten müssten bei Neuwahlen um ihre Mandate fürchten. Rösler und Lindner würden statt als die Wiederaufbauer, die sie sein wollen, als die Totengräber in die Parteigeschichte eingehen.


Wiederaufbau statt Totenmesse

Der schlaue Herr Rösler weiß all dies, er ist im Gegensatz zu Westerwelle ja nicht beratungsresistent. Also wird er zähneknirschend in der Koalition bleiben und hoffentlich künftig etwas intelligenter um seine Ziele kämpfen als beim Atomausstieg.

Nun gibt es manche, die argumentieren, wenn nicht die FDP, dann werde die CDU die Koalition platzen lassen. Das aber ist noch unwahrscheinlicher. Klar, auch in der Unionsfraktion ist die Stimmung schlecht. Und in den Ländern steigt die Zahl derer, die von ihrer Parteichefin sehr genervt sind und hinter ihrem Rücken schlecht über sie reden. Vielleicht werden die Parlamentarier und/oder das CDU-Präsidium Merkel auch ein, zwei symbolische Niederlagen beizubringen versuchen, um ihren Frust abzubauen. Wirklich loswerden können sie Merkel jedoch nur mit einem echten Putsch. Wer aber sollte den anführen? Der aus dem West-LB-Morass gezogene Friedrich Merz? Schäuble-Schwiegersohn Thomas Strobl, den außerhalb Baden-Württemberg bestenfalls drei Prozent der Bevölkerung kennen?


Das alles ist so aberwitzig, dass es allenfalls bekennende Psychos länger als drei Minuten amüsieren dürfte.

Nur eine Person kann tatsächlich Schwarz-Gelb beenden, und das ist die Kanzlerin selbst. Sie aber wird es nicht tun. Niemals. Denn das erste Gesetz der Macht stammt von Merkel selbst: Niemals freiwillig aufgeben!

Wozu auch? Jeder Tag, mit dem die Energiewende in die Tat umgesetzt wird, ist ein Tag für Merkel. Das gilt natürlich nur dann, wenn sie klappt, die Energiewende. Wenn also die großen Energiekonzerne demnächst beidrehen und ihre Investitionspläne zugunsten der Erneuerbaren ändern. Wenn es im Winter keine Blackouts gibt. Wenn die Hochspannungsleitungen für den Energietransport gebaut werden. Wenn es –optimalerweise im Sommer 2013 – Schlagzeilen wie diese gibt: „Deutschland legt mit Energiewende Grundlage für neues Wirtschaftswunder“, „Politiker weltweit pilgern nach Deutschland, um sich über Energiewende zu informieren“.
Die Ostdeutsche Klimakanzlerin

Das ist ambitioniert und da kann noch viel schiefgehen. Doch schafft Merkel es, den Siegeszug der Erneuerbaren bis zum Herbst 2013 für die Mehrzahl der Bevölkerung mit ihrem Namen zu verknüpfen, sind ihre Aussichten auf einen erneuten Rekord nicht schlecht: Erste Ostdeutsche, erste Frau und erste Politikerin im Kanzleramt, die in drei komplett unterschiedlichen politischen Konstellationen regiert.

Denn natürlich ist Schwarz-Grün im Bund längst kein Hirngespinst mehr: Entweder es reicht für Rot-Grün 2013 nicht, was sehr wohl denkbar ist. Oder Rot will nicht unter einem Grünen Kanzler Kellner sein. Oder Grün will nicht in eine rot-rot-grüne Konstellation, wenn es nicht reicht. Herr Kretschmann beispielsweise würde das garantiert nicht wollen.

Dann aber wird es Schwarz-Grün geben. Und die Kanzlerin 2013 heißt erneut Angela Merkel. Gemäß dem ersten Gesetz der Macht: Niemals freiwillig aufgeben.



Über den Autor
Margaret Heckel hat den Bestseller “So regiert die Kanzlerin” geschrieben und ist Gründerin des Kommentarportals www.starke-meinungen.de. Margaret Heckel war Resortleiterin Politik der Welt und Welt am Sonntag und zuvor bei der Financial Times Deutschland. Sie hat Volkswirtschaft in Heidelberg und Amherst (USA) studiert.




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15.06.2011 10:34 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Auf die Liebe folgt das Leiden Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

15.06.2011, 11:15 Uhr | Ein Kommentar von Nikolaus Blome


Wie lange hält Schwarz-Gelb noch?

Hält die schwarz-gelbe Koalition bis zur Bundestagswahl 2013? Ja, aber nur wenn …

So weit ist es gekommen mit der vormaligen Liebesverbindung, die noch nicht einmal die Hälfte der Legislatur hinter sich gebracht hat: Mittlerweile muss man eine Positiv-Prognose für die Koalition tatsächlich einschränken. „Ja“, und dann ein großes „Aber“ …


Es droht die Vertrauensfrage

Ausschließen lässt sich zwar, dass fortschreitendes Siechtum (besonders der FDP) irgendwann im Jahr 2012 zum stillen Ende der Koalition führt. Denn es gilt der Satz: Wer eine bürgerliche Koalition von innen heraus beenden will, der braucht wirklich überzeugende, geradezu dramatische Argumente, will er nicht von den eigenen Wählern bei der folgenden Wahl fürchterlich bestraft werden. Diese Furcht vor der eigenen Klientel hält Schwarz-Gelb ähnlich fest zusammen, wie es bei der großen Koalition der Fall war. Auch damals trauten sich weder Union noch SPD Schluss zu machen – obwohl in der zweiten Hälfte der Amtszeit außer gelungenem Krisen-Management fast nichts mehr vor oder zurück ging.

Das heißt im Umkehrschluss jedoch: Die schwarz-gelbe Koalition könnte in tödliche Gefahr geraten, wenn sich externe Ereignisse dramatisch zuspitzen. Und damit ist durchaus zu rechnen.

Gut möglich ist nämlich, dass Kanzlerin Merkel auf den weiteren Etappen der Griechenland-Rettung die Vertrauensfrage im Bundestag stellen muss. Dieser Moment wäre zum Beispiel erreicht, wenn die Bundesregierung unter den Euro-Staaten mit der Forderung scheitert, auch private Gläubiger an den neuerlichen Rettungskosten zu beteiligen. Schwarz-Gelb würde trotzdem versuchen, das mutmaßlich 60 Milliarden Euro schwere Rettungspaket durch den Bundestag zu bringen, könnte sich des eigenen Lagers aber nicht mehr vollständig sicher sein – und Angela Merkel müsste zum letzten Mittel greifen, Vertrauensfrage.
FDP-Abgeordnete könnten in Versuchung geraten

Dann aber liegt der Fortbestand der Koalition nicht mehr in den Händen des Führungspersonals, sondern bei den einzelnen Abgeordneten. Und die Versuchung, sich aus der Koalition zu befreien, ist bei etlichen in der FDP groß.

Ihr Kalkül geht so: Sie unterstellen Angela Merkel, dass sie eine Fortsetzung der schwarz-gelben Koalition über 2013 hinaus bereits jetzt abgeschrieben hat und auf die Grünen oder eine zweite große Koalition setzt. Heißt: Für die FDP ist 2013 in jedem Fall Schluss mit Regieren – weshalb es aus ihrer Sicht nur noch darum geht, mit maximaler Abgeordnetenzahl in die Opposition zu kommen. Gemessen an diesem Ziel ist Nibelungentreue zur Union das falsche Vorgehen. Der bessere Weg wäre, sich mit einem Paukenschlag zu distanzieren und zugleich den eigenen wirtschaftspolitischen Markenkern aus (erfolgreichen) früheren Zeiten endlich wieder sichtbar herauszustellen.


Die FDP geht den Weg des geringsten Übels

In alter Mannstärke würde die FDP natürlich auch dann nicht in einen neu gewählten Bundestag zurückkehren, geschenkt. Aber hinreichend große Teile der FDP könnten zum Schluss gelangen, dass es das kleinere Übel ist, sich vor dem unvermeidlichen Gang in die Opposition neu zu erfinden. Und eine Vertrauensabstimmung über die beim Wähler zusehends verhasste Griechenlandhilfe ist dafür wahrlich kein schlechter Moment.

Dieses Szenario muss in dieser Form nicht eintreten, an den Haaren herbeigezogen ist es gleichwohl nicht. Und über den Zustand der schwarz-gelben Koalition sagt das eine Menge: Der Zusammenhalt ist nicht mehr garantiert. Er hängt in entscheidendem Maße an Faktoren, über die weder Angela Merkel noch FDP-Chef Philipp Rösler die volle Kontrolle haben. Eine geruhsame zweite Halbzeit sieht anders aus. Ganz anders.



Nikolaus Blome leitet das Hauptstadtbüro der Bild-Zeitung und erhielt 2007 den Theodor-Wolff-Preis für einen Essay über Gerhard Schröder. Blome war unter anderem stellvertretender Chefredakteur der Welt und insgesamt vier Jahre Korrespondent in Brüssel. Zuletzt erschien von ihm das Buch “Faul, korrupt und machtbesessen? Warum Politiker besser sind als ihr Ruf”, wjs-Verlag Berlin. Die Zeit schrieb darüber: “Eine wirklich wunderbare Publikumsbeschimpfung.”




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15.06.2011 17:52 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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16.06.2011, 11:15 Uhr | Ein Kommentar von Gunter Mulack


Anhänger des türkischen Premierministers Erdogan feiern den Wahlsieg

Recep Tayyip Erdogan und die AKP haben die Wahlen zur Großen Nationalversammlung am 12. Juni 2011 mit großer Mehrheit gewonnen. Die bewährte Politik des wirtschaftlichen Wachstums und der Förderung einer immer stärker bildungsnahen Mittelklasse wird fortgeführt werden. Es ist gerade diese anatolische aufstrebende Mittelklasse, die Erdogan unterstützt. Sie ist auch Nutznießer des eindrucksvollen wirtschaftlichen Aufschwungs. Konservativ, im muslimischen Glauben fest verwurzelt und gleichzeitig nationalstolz prägen sie das Bild der heutigen Türkei.

Es nicht zu befürchten, dass Erdogan seine erneuerte Macht ausnutzen wird, um aus der Türkei eine islamische Republik zu machen. Unbestreitbar wird aber der Islam ein wichtiger Identitätsfaktor für die Türken bleiben. Man ist stolz darauf, eine islamische Demokratie zu sein. Die Gefahr ist allerdings, dass Erdogan zunehmend autoritär regieren wird. Auch die angestrebte Verfassungsänderung mit dem Ziel einer präsidialen Demokratie zeigt deutlich, dass die AKP auf ihrem nationalistischen Kurs beharren wird.


Beeindruckender Wirtschaftsboom

Der Wirtschaftsboom in der Türkei, inzwischen 17. Wirtschaftsmacht weltweit mit einer Wachstumsrate von 8,9 Prozent im vergangenen Jahr ist beeindruckend. Die Türkei als Brücke von Europa nach West- und Zentralasien ist eine bedeutende Regionalmacht geworden, die zugleich fest in der NATO verankert ist und eine konstruktive Rolle spielt in einer auf gute Nachbarschaft ausgerichteten Außenpolitik. Dass dieses nicht immer ein Nullsummen-Spiel ist, zeigen die Ereignisse in Syrien, zu dem die Türkei ein gutes Nachbarschaftsverhältnis entwickelt hatte. Nachdem Erdogan ergebnislos versucht hat, die syrische Führung auf einen friedlichen Kurs zu bringen, verurteilt er inzwischen das menschenverachtende Vorgehen der syrischen Regierung und ihres Machtapparates gegenüber den protestierenden Menschen scharf und hat die Grenze der Türkei für Flüchtlinge geöffnet. Die Türkei ist bereit, bei den Konflikten in Libyern und den arabischen Revolutionen in Tunesien und Ägypten eine Vermittler- und Helferrolle zu spielen. Das Gleiche gilt auch für Afghanistan und Pakistan. In beiden Ländern erfreut sich die Türkei eines hohen Ansehens. Kann die Türkei hier ihre Vorbildfunktion als funktionierende islamische Demokratie ausbauen? Es bleibt zu hoffen.


Es droht die konservative Erstarrung des Systems

Die Mitgliedschaft in der Europäischen Union bleibt nach wie vor politisches Ziel der Türkei. Aufgrund ihres gewachsenen Selbstbewusstseins wird sich die Türkei nicht ewig in die Schlange der Bittsteller einreihen. Die Krisen in der EU, insbesondere die Finanzkrise um Griechenland, machen den Beitritt für eine boomende Türkei nicht gerade attraktiver. Pauschale Absagen, wie sie von Sarkozy geäußert wurden, sind fehl am Platz. Sicherlich hat die Türkei gerade in ihrer Religions- und Minderheitenpolitik noch weitere Schritte zu unternehmen für einen besseren Minderheitenschutz und einen wirklichen Pluralismus. Vor allem aber muss sie sich in der Zypernfrage bewegen.

Nicht so sehr der Islam ist einem Beitritt hinderlich, sondern mehr ein sich immer stärker ausprägender konservativer Nationalstolz, der das Mitspielen im europäischen Orchester zunehmend erschweren wird. Es bleibt zu hoffen, dass Erdogan in seiner neuen Amtszeit die notwendige Flexibilität und Toleranz beibehält und es nicht auf der Grundlage des Erfolgs zu einer konservativen Erstarrung des Systems kommt.


Seit 2008 leitet Gunter Mulack das Deutsche Orient-Institut in Berlin. Er kennt die arabische Welt aus eigener Erfahrung: Von 2002 bis 2005 war Mulack Beauftragter des Auswärtigen Amtes für den Dialog mit der islamischen Welt, von 2005 bis 2008 war er Botschafter in Islamabad. Der diplomatische Dienst führte den Juristen unter anderem als Botschafter nach Damaskus, Kuweit und Bahrain und in die politische Abteilung des Auswärtigen Amtes. Mulack spricht Deutsch, Englisch, Französisch, Arabisch und Spanisch.



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17.06.2011 07:31 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Schwarz-gelbe Ideenlosigkeit: Deutschland, Land ohne Ideen Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

17.06.2011, 11:15 Uhr | Ein Kommentar von Gerd Langguth


Ohne wirkliche Botschaft: Die Vorsitzenden der Koalitionsparteien

Vorgezogene Neuwahlen, die nur in einem staatsrechtlich komplizierten Verfahren unter Mitwirkung des Bundespräsidenten zustande kommen könnten, sind weder im Interesse der Union noch der FDP. Beide Parteien würden an der Wahlurne abgestraft werden und erheblich an Mandaten verlieren. Die Kanzlerin wird das Bündnis also keinesfalls freiwillig vor 2013 beenden. Eine mögliche Vertrauensfrage nach Art. 68 des Grundgesetzes dürfte sie nicht erstreben – zu unsicher sind die politischen Konsequenzen.

In Berlin geistern Überlegungen durch die politische Landschaft, dass vorwiegend jüngere FDP-Abgeordnete für ein so zerrüttetes Verhältnis zwischen Union und FDP sorgen wollten, dass die Kanzlerin die Vertrauensfrage stellen muss; doch mit den damit verbundenen Neuwahlen wären manche FDP-Abgeordnete ihr Mandat vielleicht eher wieder los, als ihnen lieb ist. Im Übrigen kann die Kanzlerin nicht zu einer Vertrauensfrage gezwungen werden. Sie entscheidet ganz allein, ob sie sich dieses Instrumentes bedient.


Es fehlt an Ideen

Diese Feststellungen machen die aktuellen Differenzen zwischen den Koalitionsparteien allerdings nicht weniger bedeutsam. Beim Thema innere Sicherheit ist die FDP sehenden Auges und mit Verve eindeutig auf dem falschen Dampfer unterwegs. Jedenfalls ist ihre Position zur inneren Sicherheit kein „Aufreger“, mit dem es sich Stimmen gewinnen lässt. Die FDP will sich aber als Bürgerrechtspartei profilieren, doch die Mehrheit der Bevölkerung dürfte die Bedenken von Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger nicht teilen.

Der Fokus auf die innere Sicherheit und den Atomausstieg lenkt von einem anderen Punkt ab: Der Koalition fehlt es an großen Projekten, mit denen sie eine Linie vorgeben und sich von den anderen Parteien abgrenzen kann. Frau Merkel ist alles andere als eine glühende Utopistin mit Ideen zur Umgestaltung der deutschen Gesellschaft. Schon in der Großen Koalition fehlte es ihr an solchen Ideen, auch die Wahlen 2009 haben daran nichts geändert. Bedeutende politische Themen werden nicht offensiv aufgegriffen, eine Botschaft von Schwarz-Gelb ist de facto nicht vorhanden. Die Kanzlerin verwaltet, anstatt zu gestalten.

Angela Merkel unterscheidet sich auch von ihrem Lehrmeister Helmut Kohl, dem Kanzler der letzten schwarz-gelben Koalition. Elf Jahre nach dem Ende seiner Regierungszeit begann Schwarz-Gelb unter gänzlich anderen – und schlechteren – Vorzeichen: Kohl ließ nämlich noch zu, dass während seiner Kanzlerschaft die FDP innerkoalitionäre Erfolge für sich reklamieren konnte. Merkel hingegen hat dem Juniorpartner solche Erfolge nie gegönnt und dadurch das Konfliktpotenzial weiter erhöht. Sie würde letztlich lieber mit den Grünen oder der SPD koalieren als mit der FDP – zumindest für die Kanzlerin ist Schwarz-Gelb also alles andere als ein Wunschprojekt.


Die Wiederentdeckung von Schwarz-Grün

Das erklärt auch, warum ein halbes Jahr nach den Protesten in Stuttgart eine schwarz-grüne Option auf Bundesebene wieder diskutiert wird. Die Grünen haben unter der Koalition mit der SPD innerlich gelitten, sie waren unter Schröder nicht „Koch“, sondern „Kellner“. Erfahrene grüne Hasen werden sich noch dessen erinnern. Die Union leidet unter der FDP. Daher werden auf beiden Seiten die Avancen zunehmen, auch die FDP wird sich aus der Geiselhaft mit der Union zu entfernen versuchen. Die Kanzlerin selber muss sich bedeckt halten, solange die aktuelle Koalition noch besteht, auch an der eigenen und der grünen Basis sind die Vorbehalte weiterhin groß. Doch wenn sich Schwarz-Grün 2013 als einzig zweckmäßige Zweiparteienkonstellation ergeben sollte, greift das Gesetz der Arithmetik: Dann werden nach den nächsten Bundestagswahlen beide Seiten die Annäherung suchen und das Projekt Schwarz-Gelb endgültig für beendet erklären. Auszuschließen ist aber auch nicht, dass sich Sigmar Gabriel frühzeitig auf leisen Sohlen mit der Kanzlerin auf eine Koalition verständigen könnte. Merkel ist die einzige Politikerin, die mit allen im Bundestag vertretenen Parteien – mit Ausnahme der Partei Die Linke – koalieren könnte, nach allen Seiten offen sozusagen. Es bleibt spannend, aber wer jetzt schon von einem baldigen Zusammenbruch von Schwarz-Gelb träumt, der übersieht die Eigeninteressen der betroffenen Parteien.


Gerd Langguth arbeitete immer zwischen Politikwissenschaft und -praxis, war in dem einen mal mehr, in dem anderen mal weniger. Doch er war immer voll mit dabei und auf der Höhe der Zeit. In einer spannenderen Zeit hätte Gerd Langguth nicht Bundesvorsitzender des RCDS sein können. Langguth war es von 1970 bis 1974. In der Legislatur 1976 bis 1980 war er Abgeordneter im Deutschen Bundestag. Weitere wichtige Ämter folgten. Heute lehrt Gerd Langguth an der Universität Bonn und schreibt über die Machthaber in Berlin, so etwa Biografien über Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident a.D. Horst Köhler.




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18.06.2011 07:55 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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14.06.2011, 11:15 Uhr | ein Kommentar von Margaret Heckel


Steht Schwarz-Gelb vor dem Aus?

Das sieht ja selbst ein Farbenblinder im Dunkel der Meinungsforscher.

Schwarz (schon lange mit Kohls Sitzfleisch ohne geistige Substanz ausgestattet - alles geschmiertes Fett!) hatte Gelb ein paar Brocken zum Fraß vorgeworfen (zum Beispiel diese völlig blödsinnige Hotelsteuer) und ansonsten alle liberalen Werte über Bord geworfen. Freiheit wird im Zensusstaat nicht mehr gebraucht - in Stuttgart z. B. wurden durchblickende Augen per Wasserwerfer entfernt.

Aber glaubt mal nicht, dass es mit grün-rot besser wird! Der ökologische Blödsinn mit den Energiesparlampen (Sondermüll!) war nur eine Ahnung, was uns an IQ-Sparlampen (mit EQ-Farbtemperatur unter Null) noch bevor steht!

Vielleicht kann die Piratenpartei noch was retten: Da sind viele IT-Nerds, und die machen den ganzen Tag nichts anderes, als Fehler im System zu finden...

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19.06.2011 07:22 Email an nettman42 senden Homepage von nettman42 Beiträge von nettman42 suchen
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Ach so, und auf eine Doppelspitze von Claudia Roth und Margot Honecker als Kanzlerin habe ich echt keine Lust! Doc meistens

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Ach so, und auf eine Doppelspitze von Claudia Roth und Margot Honecker als Kanzlerin habe ich echt keine Lust! Doc meistens


damit würden sich die Grünen auch wieder völlig ins Abseits schiessen ... da unglaubwürdig!

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19.06.2011 10:09 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Lehren aus der EHEC-Epidemie: Ein Virus kommt selten allein Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

18.06.2011, 11:15 Uhr | Ein Kommentar von Lothar Wieler


Lehren aus der EHEC-Epidemie: Ein Null-Risiko für die Ansteckung mit Infektionserregern gibt es nicht


Seit vier Wochen hält uns die EHEC-Epidemie in Europa in Atem. Ein bislang wenig bekannter EHEC-Stamm, HUSEC041, hat mehr als 3000 Menschen infiziert, ein überproportionaler Anteil an Patienten erkrankte am hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS), einer lebensbedrohlichen Komplikation. Dank aufopferungsvoll arbeitender Ärzte werden die Patienten intensivmedizinisch betreut und somit viele Leben gerettet.
Wir können nicht für die Zukunft planen

Die aktuelle EHEC-Epidemie belegt einmal mehr die großen Herausforderungen im Kampf gegen Infektionskrankheiten: Infektionserreger wandeln sich, ihre Entwicklung ist kaum vorhersehbar. Die rasche Identifizierung des Erregers ist die Voraussetzung für eine rechtzeitige Intervention, und gutes Equipment sowie kompetente Fachleute sind dann die Basis einer erfolgreichen, flexiblen Bekämpfung. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Meldefristen für Infektionen verkürzt werden müssen, was durch einen konsequenten Einsatz vorhandener internetbasierter digitaler Technologien möglich ist. Es sind weniger die organisatorischen Strukturen als die Kommunikationsstrukturen, die stetig optimiert werden müssen. Fachleute müssen ihr Wissen konsequent untereinander austauschen und diskutieren, um evidenzbasierte Maßnahmen zu treffen. Das ist eine Frage der Transparenz und Netzwerkstruktur – nicht der räumlichen Nähe und Verwaltungsstruktur.


Aber was zeigt uns diese verheerende Epidemie mit HUSEC041 darüber hinaus?

Da ist zum einen die Erkenntnis, dass es kein Null-Risiko für die Ansteckung mit Infektionserregern gibt. Das wussten wir zwar schon vorher – doch wir werden wieder einmal schmerzhaft daran erinnert und sollten es nie vergessen. Es ist bekannt, dass Keime in roh verzehrten Lebensmitteln besser überleben als in erhitzten. Es sind also das Wissen und die Bildung, die uns lehren, mit Krisen umzugehen und Risiken einzuschätzen. In einem Land wie Deutschland existiert genügend seriöses Wissen. Niemand kann und darf uns einen 100-prozentigen Schutz vor Infektionen versprechen – aber alle Beteiligten müssen hart daran arbeiten, dass die Wahrscheinlichkeit für zukünftige Ausbrüche minimiert wird.


Ein Erfolg der Wissenschaft

Zum anderen erleben wir in Echtzeit die Kompetenz exzellenter Wissenschaftler. Was für eine Leistung, innerhalb von nur zwei Tagen einen bisher extrem seltenen Erreger bis auf die Stufe des Sequenztyps (ST67cool zu identifizieren und anschließend einen spezifischen Nachweistest zu entwickeln, der für alle Untersuchungslabors überhaupt erst die Voraussetzung schuf, gezielt nach HUSEC041 zu fahnden! Geradezu unglaublich ist die Tatsache, dass nach wenigen Tagen das vollständige Erbgut des EHEC-Ausbruchsstammes entschlüsselt war, wodurch neue Hinweise auf seine Biologie und Pathogenität geliefert wurden. Und wie weitsichtig war dabei die Arbeit der zentralen Entscheidungsträger, die vorhandene EHEC-Kompetenz in Form eines Konsiliarlabors in Münster zu etablieren und zu fördern.

Was lernen wir daraus? Deutschland muss Kompetenz konsequent und nachhaltig unterstützen. Erst in Krisenzeiten zeigt sich immer wieder eindrucksvoll, wie Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung ad hoc in die Praxis umgesetzt werden, was sicher eine besondere Form „wahrer Exzellenz“ darstellt. Natürlich müssen Behörden und Labore über genügend Ressourcen verfügen, aber ohne eine hinreichende Unterstützung und Förderung der Wissenschaft sind diese Instrumente „stumpfe Messer“. Deutschland muss vorrangig in Köpfe investieren – egal, in welcher Infrastruktur sie leben und arbeiten.


Der Veterinärmediziner Lothar Wieler ist Professor für Mikrobiologie und Tierseuchenlehre an der Freien Universität Berlin und geschäftsführender Direktor des Instituts für Mikrobiologie und Tierseuchen. Er ist Koordinator des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten FBI-Zoo Projekts (Food-borne infections of humans) und Vorsitzender der Arbeitsgruppe „Seuchen und Pandemien“ im „Zukunftsforum Öffentliche Sicherheit“ im Innenausschuss des Deutschen Bundestages.




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19.06.2011 10:11 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Wohin mit dem Wahlrecht: 3...2...1...keins! Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

19.06.2011, 11:15 Uhr | Der Presseschauer, The European


Das Bundesverfassungsgericht stellte bereits 2008 die Verfassungswidrigkeit des aktuellen Wahlrechts fest

„Politik ohne Angst. Politik mit Mut - das ist heute erneut gefragt. Denn wir haben wahrlich keinen Rechtsanspruch auf Demokratie und soziale Marktwirtschaft auf alle Ewigkeit. Unsere Werte müssen sich auch im Zeitalter von Globalisierung und Wissensgesellschaft behaupten. Und wenn sie sich behaupten sollen, dann müssen wir bereit sein, die Weichen richtig zu stellen. Auch da sind wieder Widerstände zu überwinden. Es sind wieder Prioritäten zu setzen. Ist dem Wichtigen der Vorrang vor dem weniger Wichtigen zu geben“, verkündete Angela Merkel im Jahre 2005 anlässlich der Festveranstaltung „60 Jahre CDU“.

Doch anscheinend erinnert sich Frau Merkel nicht daran, dass sie schwor, sie werde ihre „Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen“, denn die Bundesrepublik steuert auf einen haltlosen und verfassungsrechtlich problematischen Zustand zu. Dies ist besonders peinlich, da der Gesetzgeber genügend Zeit gehabt hätte, diesen Missstand zu beseitigen.


Den Wählerwillen nicht konterkarieren

Bereits 2008 hat das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit des Wahlrechts festgestellt. Angesichts der damals bevorstehenden Bundestagwahl 2009 setzte das Gericht dem Gesetzgeber eine großzügige Frist von drei Jahren, die Ende dieses Monats abläuft. Konkret besteht das Problem in einem negativen Stimmgewicht, welches im Zusammenhang mit den Überhangmandaten entsteht und den Willen des Wählers falsch abbildet, falls eine Partei mehr Stimmen bei der Wahl erhält, aber dadurch Sitze im Bundestag verliert.

„Ursächlich für solche Paradoxien ist in einem zweistufigen Verfahren der Mandatszuteilung die Konkurrenz der Landeslisten innerhalb einer Partei sowie die Art und Weise, wie die sogenannten Überhangmandate entstehen können“, schreibt Martin Fehndrich schon 1999 im Spektrum der Wissenschaft.

Die Union hat wenig Interesse, die Überhangmandate abzuschaffen, da sie am meisten davon profitiert. Ebenso fällt eine Einigung innerhalb der Koalition schwer, weil eine Neuregelung, die für die Union erträglich wäre, für die FDP massive Nachteile bergen könnte. Zwar heißt es, die Union wäre an einer parteiübergreifenden Lösung interessiert, „aber im Augenblick macht die Opposition die Möglichkeit kaputt, in dem sie sich vor allem auf das sachfremde Thema Überhangmandate konzentriert“, meint der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion Peter Altmaier.

Egal auf welches Verfahren sich die Parlamentarier einigen, es muss den vom Bundesverfassungsgericht bestätigten Mindestvoraussetzungen genügen: den Wählerwillen abbilden und diesen nicht konterkarieren. Falls sich der Gesetzgeber dennoch erdreisten sollte, einen Vorschlag abzuliefern, der die Anforderungen an ein verfassungsgemäßes Wahlrecht nicht erfüllt, so unterstreicht er damit seine Unfähigkeit. Insbesondere, wenn die Stimmen früherer Bundestagswahlen als Testfälle für das vorgeschlagene Wahlsystem herangezogen werden und sich dadurch Mängel offenbaren.


Ob Berufspolitiker das Volk vertreten, darf bezweifelt werden

Aus Bürgersicht gäbe es natürlich noch weitere Mängel, an deren Behebung die Parteien nicht sonderlich interessiert sein dürften. Zwar sind Abgeordnete nach §38 GG nur ihrem Gewissen gegenüber verpflichtet und nicht ihrer Partei. Dennoch können Abweichler von ihrer Partei abgestraft werden, indem ihnen bei der nächsten Wahl weniger aussichtsreiche Listenplätze zugeteilt werden. Ebenso gibt es Politiker, die die Bürger nicht mehr ertragen, aber trotzdem regelmäßig über die Listen in den Bundestag einziehen. Insofern wären ein Wiederwahlrecht und ein Abwahlrecht angebracht.

Ob allerdings eine Kaste von Berufspolitikern tatsächlich das Volk vertritt, darf bezweifelt werden. So begünstigen eben die parteipolitischen Zwänge Entscheidungen zum Wohl der Partei und nicht der Allgemeinheit. Daher wäre eine generelle zeitliche Begrenzung der Abgeordnetentätigkeit anzudenken.

Des Weiteren wird die wachsende Politiker- und Parteien-Verdrossenheit nicht im Wahlsystem abgebildet. Obwohl sie sich nicht nur in sinkenden Parteimitgliedschaften, sondern gerade auch in sinkender Wahlbeteiligung widerspiegelt. Eine Koppelung der Wahlbeteiligung an die tatsächliche Gesamtzahl der Bundestagssitze wäre daher anzustreben.

Diese Ideen wären zwar für die Legitimation des politischen Handelns förderlich, eine Umsetzung durch die Parteien ist allerdings nicht vorstellbar. Genau genommen sitzen im Bundestag mehr Parteirepräsentanten als Volksrepräsentanten.

Was indes durchaus vorstellbar ist, ist das Stellen der Vertrauensfrage durch die Kanzlerin. Gleicht die Regierungskoalition ja mehr einem Haufen von Streithähnen als regierungsfähigen Volksvertretern. Man muss sich jedoch fragen, ob das Stellen der Vertrauensfrage angesichts der aktuellen Umstände ein verfassungsfeindlicher Akt wäre? Schließlich würde damit die freiheitlich demokratische Grundordnung aufs Spiel gesetzt.

Schlussendlich ist derzeit weder zu erkennen, dass die Bundeskanzlerin und ihre Minister Schaden vom deutschen Volk abwenden, noch ihre Pflichten gewissenhaft erfüllen. Stattdessen sehen wir, wie Proporzdenken eine Lösung des Problems verhindert. Ob Angela Merkel das meint, wenn sie sagt, es gäbe keinen Rechtsanspruch auf Demokratie?


Unter dem Motto „und wieder prasselt alles auf mich ein“ befasst sich der Presseschauer seit 2008 mit aktuellen Themen und Themen, die ihm persönlich relevant erscheinen. Besonders gern sieht er dabei politischen Akteuren auf die Finger und freut sich wie ein Honigkuchenpferd, wenn er Widersprüche in der Argumentation entdecken kann. Die Beteiligung am politischen Diskurs sieht er als demokratische Bürgerpflicht. Der Presseschauer betrachtet sich selbst als Hobbylobbyist, der dem Hacktivismus frönt.




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19.06.2011 12:47 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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Die Vereinigten Staaten von Europa Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

20.06.2011, 11:15 Uhr | Ein Kommentar von Joachim Weidemann


Ist Europa tot?

Es irrt, wer meint, die aktuelle Schuldenkrise Griechenlands sei ein Fanal für Euro und EU. Nicht die EU löst sich auf – sondern die Nationalstaaten. Und ohne EU und Euro würden Wehklagen und Zähneklappern herrschen in Europa. Nicht die EU, sondern die obsolete Parteienwirtschaft und Nachwuchsmisere richtet unsere Kleinstaaten zu Grunde. Also: „Let’s go for The United States of Europe“! Belgien zeigt: Es geht in der EU auch ohne Regierung. Griechenland mahnt: Nationaler Parteienklüngel und Vetternwirtschaft stürzen ein Land ins Unglück. Und Deutschland zeigt: Es geht uns eigentlich richtig gut – aber an der Regierung kann’s wohl nicht liegen.


Fusion von Deutschland AG, France S.A. und UK Ltd.

Gäbe es noch die Deutschland AG, so müsste sie längst mit der France S.A. und der UK Ltd. fusionieren, Spitzenleute als Vorstand einkaufen, einen ehrgeizigen Chef suchen – und die Aufsichtsämter klarmachen. Aber leider sind Fusionen unter Staaten in Friedenszeiten eher unüblich, und Kriege wollen wir ja nicht heraufbeschwören.

Was wir jetzt brauchen, ist ein Leitmotiv des Handelns – ein politisches und gesellschaftliches Ziel für die nächsten 10 bis 50 Jahre. Und das sind: die Vereinigten Staaten von Europa, freiheitlich, demokratisch, stark. Nicht als Ist-Zustand, nein, da sind wir noch weit entfernt. Aber als politisches Ziel, auf das alles politische Handeln ausgerichtet ist. Ein Europa mit einem starken Präsidenten, einer Experten-Regierung, ohne Parteien-Proporz, mit klaren Kompetenzen auf jeder Ebene und neuen Aufstiegschancen für junge Europäer. Ein neues Europa der unbegrenzten Möglichkeiten.

Mit immer knapper werdenden Ressourcen – Natur, Finanzkapital und Fachkräften in Wirtschaft und Verwaltung müssen wir immer größere Herausforderungen meistern. Vor allem ökologische, soziale und bildungspolitische. Eine Regierung alleine kann das schwerlich schaffen. Der Stil des Regierens wird sich öffnen müssen. In der EU gibt es dafür einen guten Ansatz: mit der Europäischen Bürgerinitiative.

Auf der Ebene der EU ist beileibe nicht alles in Ordnung. Idealmodellen, wie gut alles funktionieren könnte, steht die Realität gegenüber, in der es auch korrupte Abgeordnete und kleinkarierte Regulierungen gibt – all das hassen wir an der EU. Aber das sind – gemessen am Gesamtprojekt – Lapalien. Sie stehen Reformen ja nicht im Wege, sondern sollten sie beflügeln.
Brüsseler Elan

Der Elan einer neuen Generation Brüsseler Spitzenvertreter, Europa zu modernisieren, ist weit größer als der Sturm und Drang einzelner Nationalregierungen. In Brüssel herrscht jene Aufbruchsstimmung, die wir in Berlin, Paris und Athen brauchen. Die Idee der „United States of Europe“ könnte allen neue Energie geben – egal ob als Wirtschaftsregierung von Paris und Berlin oder über die Direktwahl eines Europäischen Präsidenten.

Vereinzelt haben deutsche Parteien dies erkannt. Allen voran die Grünen – großes Lob dafür! Aber auch Teile der FDP und SPD. Nur von der Partei der Kanzlerin gehen – gemessen an deren Größe und Einfluss – nur minimale europäische Impulse aus. Das Vermächtnis Helmut Kohls – des einstigen Visionärs deutscher Europapolitik – ist einem Hort des Euroskeptizismus und Populismus gewichen. Mit solchen Politikern ist kein Staat zu machen – und schon gar nicht die „United States of Europe“.


Joachim Weidemann ist Gründer und Herausgeber des Nachrichten- und Politikportals EurActiv.de, das sich spezialisiert auf Hintergründe und Debatten im Spannungsfeld zwischen der EU und ihren Mitgliedern. Sein Ziel: mehr Effizienz und Transparenz der EU-Akteure! Der heutige Medienmanager begleitete jahrelang als Wirtschaftskorrespondent des Handelsblatts die EU-Osterweiterung und pendelt heute zwischen Brüssel und Berlin sowie anderen Hauptstädten Europas.




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20.06.2011 12:48 Homepage von wassermann11 Beiträge von wassermann11 suchen
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