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Thorsten Wember
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Festrede von Köhler auf dem DFB-Bundestag gesucht Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

Gestern hielt Horst Köhler auf dem DFB-Bundestag die Festrede. Mir wäre sehr daran gelegen, diese im ganzen Wortlaut zu bekommen. Kann mir einer von euch einen Tipp geben, wie daran zu kommen wäre?

23.10.2004 17:42 Email an Thorsten Wember senden Homepage von Thorsten Wember Beiträge von Thorsten Wember suchen
meister b
Administrator

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vielleicht kommt hier mal was: verwirrt
http://www.bundespraesident.de/liste/Red...der=&direction=

23.10.2004 18:53 Email an meister b senden Beiträge von meister b suchen
Thorsten Wember
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Danke, wäre möglich, hatte ich mir auch schon angeguckt. Es sieht aber eher so aus, als würde da nicht jede Feld-, Wald- und Wiesenrede verewigt werden.

23.10.2004 18:59 Email an Thorsten Wember senden Homepage von Thorsten Wember Beiträge von Thorsten Wember suchen
Pikantje
Reisende



Dabei seit: 27.07.2001

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Es gibt doch sowas wie ein Bundespresseamt. Oder vielleicht hat der Bundespräsident zusätzlich eine eigene Pressestelle? Die werden doch auch weniger bedeutende Reden archivieren. Da würde ich mal nachschauen/anfragen. smile

23.10.2004 21:31 Email an Pikantje senden Beiträge von Pikantje suchen
Thorsten Wember
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Bundespresseamt war ein guter Hinweis. smile Leider fühlen die sich nur für die Bundesregierung zuständig und der Alliierte Kontrollrat war wohl der Meinung, der Präsi soll bei uns nix zu sagen haben.

Ich hab mich also ans Bundespräsidialamt (ja, so was haben wir auch) gewandt und ein bisschen gelogen, warum ich diese Rede brauche. Natürlich in verfassungskonformer Absicht. Wenn das klappt, sag ich euch dann auch, weshalb mir das so wichtig ist.

Wenn die sich nicht rühren, haben vielleicht die Agenturen oder Tageszeitungen in ihren Archiven was für mich.

23.10.2004 23:11 Email an Thorsten Wember senden Homepage von Thorsten Wember Beiträge von Thorsten Wember suchen
Pikantje
Reisende



Dabei seit: 27.07.2001

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Spiegel online hat vielleicht was. Oder die örtliche Presse. Bei DFB liegt ja Frankfurt nahe. Guck doch mal, was die so an lokalen Zeitungen haben. FAZ ist vielleicht schon zu groß. Oder beim DFB anfragen? smile

DIE archivieren das doch bestimmt, wenn der Präsident zu denen spricht! großes Grinsen

23.10.2004 23:19 Email an Pikantje senden Beiträge von Pikantje suchen
meister b
Administrator

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einige teile, also auch nichts ganzes:

Bundespräsident Köhler richtete im Anschluss eine Grußadresse an die Versammlung. Köhler bedankte sich gleich zu Beginn seiner Rede bei den vielen ehrenamtlichen Helfern, die es möglich machen, dass an jedem Wochenende mehr als 80.000 Spiele stattfinden können. „Dahinter steckt unheimlich viel ehrenamtliche Arbeit und Verantwortung. Rund eine Million Menschen engagieren sich freiwillig als Betreuer, Trainer, Schiedsrichter oder Fahrer“, lobte Köhler, „Ich danke von Herzen allen, die sich so engagieren. Ich weiß, wie viel Zeit, Geld und Nerven das auch kostet. Ohne diesen Einsatz wäre vor allem Jugend- und Nachwuchsarbeit unmöglich, und ohne ihn wäre unser Land ärmer. Tragen Sie alle meinen Dank weiter in Ihre Heimatvereine!“

Weiterer Bestandteil Köhlers Rede war die WM 2006 im eigenen Land. Dank des neuen Bundestrainers Jürgen Klinsmann wehe nun wieder ein frischer Wind bei der Nationalmannschaft. „Ich habe von ihm gehört, dass wir bei der WM nicht nur mitspielen, weil wir Gastgeber sind, sondern auch den Titel holen wollen. Dazu kann ich nur sagen: Bravo! Das ist der richtige Weg und ich denke, mit einem Quäntchen Glück kann es uns auch gelingen“, so Köhler.

„Wir wollen aber bei der WM mehr als sportlichen Erfolg. Die Gastgeberrolle ist für uns auch eine große Chance. Wir wollen gastfreundlich sein und zeigen: Deutschland ist ein leistungsstarkes, freundliches und weltoffenes Land.“

Quelle (DFB)

23.10.2004 23:32 Email an meister b senden Beiträge von meister b suchen
Thorsten Wember
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Ohne ein persönliches Wort, aber in der Hauptsache nützlich, kam heute die Antwort des Bundespräsidialamtes. Im Anhang die "Pressemitteilung" bestehend aus zwei Infos und dem Text.

Die Infos sind erstens: Änderungen vorbehalten. Es gilt das gesprochene Wort.
und zweitens: Die Rede im Internet: www.bundespraesident.de lachen

Der Text dazu ist die besagte Rede. Viel Vergnügen.


Grußwort
von Bundespräsident Horst Köhler
beim Festakt des DFB-Bundestages
in Osnabrück
Ich freue mich, bei Ihnen zu Gast zu sein, und vor allem aus zwei Gründen sage ich hier gern einige Worte. Erstens möchte ich denen danken und die ermutigen, die sich für den Fußball in Deutschland engagieren. Und zweitens halte auch ich mich gern an den alten Grundsatz für Fußballfreunde: Am schönsten ist Fußball spielen oder beim Fußball zuschauen; und wenn beides nicht geht, dann wollen wir wenigstens über Fußball sprechen.
Fußball gilt in Deutschland als „Breitensport“, doch das ist eigentlich fast eine Untertreibung: Mehr als sechs Millionen Vereinsmitglieder, 170.000 Mannschaften, rund 80.000 Spiele pro Wochenende – das ist nicht Breitensport, das ist schon mehr eine Volksbewegung. Und auch sehr wichtig: Es ist eine Jugendbewegung: Über zwei Millionen Kinder und Jugendliche trainieren im Verein - mehr als je zuvor! Dabei sind Dribbling, Flanke und Torschuss immer mehr auch Mädchensache. Auch das finde ich gut.
Offensichtlich ist für Jung und Alt attraktiv, was die Fußballvereine bieten: gute Organisation, sportliche Herausforderungen, echte Gemeinschaft und fast so etwas wie ein zweites Zuhause im Vereinsheim.
Dahinter steht unglaublich viel ehrenamtliche Arbeit und Verantwortung: Rund eine Million Menschen engagieren sich freiwillig als Betreuer, Trainer, Schiedsrichter oder auch als Fahrer zum Auswärtsspiel. Sie tun das nicht, damit pro Wochenende 80.000 Spiele zusammenkommen. Sie tun es aus Freude am Fußball und weil sie wissen: Sport im Verein tut gut.
Ich danke von Herzen allen, die sich so engagieren. Ich weiß, wie viel Zeit, Geld und Nerven das - bei aller Freude am Ehrenamt - eben auch kostet. Ohne diesen Einsatz wäre vor allem die Jugend- und Nachwuchsarbeit unmöglich, und ohne ihn wäre unser Land ärmer. Ich kann nicht jede und jeden persönlich ansprechen, die ehrenamtlich für den Fußball tätig sind, aber Sie können das, meine Damen und Herren. Bitte tragen Sie alle meinen Dank weiter in Ihre Heimatvereine!
Der Deutsche Fußballbund fördert und unterstützt das ehrenamtliche Engagement. Ich kann Sie darin nur bestärken. Lassen Sie darin nicht nach. Nichts ist für den Fußball in Deutschland wertvoller, und Sie erweisen damit auch dem ganzen Land einen Dienst, denn der Fußball baut Brücken. Und gerade in diesen schwierigen Zeiten wird uns bewusst: Es gibt in unserem Land Regionen, in denen der Fußball eine besonders wichtige Funktion hat. Er macht es den Menschen möglich, sich mit ihrer Heimat zu identifizieren, obwohl die Rahmenbedingungen für Leben und Arbeiten nicht so sind, wie wir sie uns alle wünschen.
Unser Land und unsere Männer-Nationalmannschaft bereiten sich vor auf die Fußballweltmeisterschaft 2006. Der Deutsche Fußballbund hat oft bewiesen, dass solche Vorbereitung bei ihm in guten Händen ist. Ich vertraue darum auch da auf Ihre Arbeit, und ich wünsche Ihnen, Herr Beckenbauer, als Präsident des Organisationskomitees, im Interesse unseres ganzen Landes auch da besten Erfolg.
Die Frauen-Nationalmannschaft hat im vergangenen Jahr vorgemacht, wie man dank Mannschaftsgeist, Spielwitz und Kampfkraft Weltmeister wird. Die Männer brauchen das also bloß noch nachzumachen. Es gibt aber auch im Fußball keine Rolltreppe, auf der der Vizeweltmeister automatisch zur nächsten Stufe befördert wird. Ganz nach oben führt nur das eine: sich Ziele zu setzen und hart dafür zu arbeiten. Darum gefällt mir die Aufbruchstimmung in der deutschen Mannschaft. Da weht frischer Wind über den Platz. Jürgen Klinsmann hat gesagt: Wir spielen bei der WM nicht bloß mit, weil wir Gastgeber sind – wir wollen Weltmeister werden! Ich kann nur sagen: Bravo! Das ist die richtige Einstellung. Die deutsche Nationalmannschaft hat schließlich den Titel schon dreimal geholt. Ich denke: Mit einem Quäntchen Glück kann sie es wieder schaffen.
Wir wollen bei der nächsten WM aber mehr als sportlichen Erfolg. Die Gastgeberrolle ist für Deutschland eine große Chance. „Die Welt zu Gast bei Freunden“ – das soll und das wird viel mehr sein als nur ein schönes Motto. Deutschland kann sich 2006 der Welt in all seiner kulturellen und landschaftlichen Vielfalt vorstellen – von den Alpen bis zur Küste, vom Rhein bis zur Spree. Wir wollen gastfreundlich sein und zeigen: Deutschland ist ein leistungsstarkes, freundliches und weltoffenes Land. Milliarden von Menschen werden nach Deutschland blicken. Ich wünsche mir, dass sie es mit Sympathie und Anerkennung tun.
Die Vorbereitungen für die WM sind in vollem Gang, und nach meinem Eindruck sind sie auch auf gutem Wege. Es entstehen großartige Stadien, es wird ein anspruchsvolles kulturelles Programm geben, und jeder der Spielorte ist aufgerufen, mit der eigenen Handschrift zum Gelingen des Ganzen beizutragen. Das Ziel ist eine Weltmeisterschaft, die wohlorganisiert ist und beschwingt, die heiß umkämpft wird und gemeinsam gefeiert, die sich am Ende auf einem vergleichsweise kleinen Rasenstück von Deutschland entscheidet und die doch in aller Welt mit ganz Deutschland verbunden bleibt.
Wer in Deutschland von Fußball redet, der kann von der Bundesliga nicht schweigen. Seit mehr als vierzig Jahren prägt sie den Lebensrhythmus unseres Landes mit. Nach ihr richtet sich oft, wann im Garten gearbeitet, das Fahrrad geputzt und die Wäsche gebügelt wird – wenn die Direktübertragung im Radio läuft nämlich. Hunderttausende strömen in die Stadien, und nichts sichert dem Fernsehen verlässlichere Einschaltquoten und Werbegagen als der Fußball.
Seine Faszination ist ungebrochen. Sie wird heutzutage freilich ganz anders präsentiert und sogar inszeniert als noch vor fünfzehn, zwanzig Jahren; und zum sportlichen Glanz ist gesellschaftlicher Glamour hinzugekommen. Daran ist nichts auszusetzen, nur dürfen die Inszenierung und der Glamour den Beteiligten nicht zu Kopf steigen.
Spannung und Überraschungen erwarten wir vom Fußball auf dem Platz. Da ist der Ball rund, und ein Spiel dauert 90 Minuten. Jenseits des Platzes aber gilt: Maß halten ist auch für Spieler und Manager nicht die schlechteste Lebensregel.
Der Fußball lebt eben auch jenseits des Platzes von dem Grundsatz: Fair geht vor. Wird der verletzt, dann verliert das ganze Spiel an sportlicher und auch an gesellschaftlicher Strahlkraft. Wir brauchen über den Platz hinaus Orientierung, damit die Freude am Fußball erhalten bleibt.
Ich trage natürlich Fußbälle nach Osnabrück, wenn ich einige dieser Regeln benenne, aber weil mir der Fußball wirklich am Herzen liegt, tue ich es trotzdem. Drei finde ich besonders wichtig:
- Alle guten Fußballer, ob in der Schulmannschaft oder in der Bundesliga, sind Vorbilder übers Fußballfeld hinaus, ob sie das nun wollen oder nicht. Darin liegt eine beträchtliche Verantwortung, denn es werden eben nicht nur ihre Ballkünste nachgeahmt, sondern auch die verdeckten Fouls, nicht nur die Siegesfreude, sondern auch die Schadenfreude, nicht nur das gute Benehmen, sondern auch das schlechte. Gute Sportler sollten sich dieser Vorbildrolle bewusst sein und danach leben.
- Fußball ist viel mehr als ein Wirtschaftsbetrieb; aber gerade deshalb muss auch seine wirtschaftliche Seite mindestens so ernsthaft betrieben werden wie seine sportliche. Das gilt für alle Fußballvereine und natürlich besonders für die großen. Wer einen Fußballverein führt, braucht betriebswirtschaftliche Kenntnisse, Managementqualitäten und vor allem Verantwortungsgefühl für die ihm anvertrauten Menschen – er braucht Bodenhaftung.
- Ich bin sicher, Fußballtalente kann man überall finden, und eben auch überall in Deutschland. Vielleicht muss man nur noch genauer auf dem Bolzplatz hinter der nächsten Schule nachschauen. Darf ich auch eine Bitte äußern: Tun Sie noch mehr im deutschen Fußball für die eigene Nachwuchsförderung.
Angeblich ist ja nichts so überholt wie die Zeitung von gestern; aber vor zwei Wochen gab es eine Nachricht, die kommt mir irgendwie zeitlos vor: Da spielte in der 3. Kreisklasse der 1. FC Lok Leipzig gegen die zweite Mannschaft von Eintracht 09 Großdeuben. Zu dem Spiel kamen mehr als 12.000 Fans. Das sagt vielleicht mehr als 12.000 Worte über Fußball und über das Miteinander, das Fußball stiftet. Wie gut, dass wir ihn haben!

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Vielleicht ist gewieften Lesern schon klar, worum es mir geht. Die anderen möchte ich auf später (vielleicht heute noch) vertrösten.

26.10.2004 16:41 Email an Thorsten Wember senden Homepage von Thorsten Wember Beiträge von Thorsten Wember suchen
Thorsten Wember
Mitglied

Dabei seit: 25.06.2001

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Zitat:
Original von Bundespräsident Horst Köhler

... denn der Fußball baut Brücken. Und gerade in diesen schwierigen Zeiten wird uns bewusst: Es gibt in unserem Land Regionen, in denen der Fußball eine besonders wichtige Funktion hat. Er macht es den Menschen möglich, sich mit ihrer Heimat zu identifizieren, obwohl die Rahmenbedingungen für Leben und Arbeiten nicht so sind, wie wir sie uns alle wünschen.

... Die [WM-]Gastgeberrolle ist für Deutschland eine große Chance. „Die Welt zu Gast bei Freunden“ – das soll und das wird viel mehr sein als nur ein schönes Motto. Deutschland kann sich 2006 der Welt in all seiner kulturellen und landschaftlichen Vielfalt vorstellen – von den Alpen bis zur Küste, vom Rhein bis zur Spree. Wir wollen gastfreundlich sein und zeigen: Deutschland ist ein leistungsstarkes, freundliches und weltoffenes Land. Milliarden von Menschen werden nach Deutschland blicken. Ich wünsche mir, dass sie es mit Sympathie und Anerkennung tun.

... und jeder der Spielorte ist aufgerufen, mit der eigenen Handschrift zum Gelingen des Ganzen beizutragen.

... Der Fußball lebt eben auch jenseits des Platzes von dem Grundsatz: Fair geht vor. Wird der verletzt, dann verliert das ganze Spiel an sportlicher und auch an gesellschaftlicher Strahlkraft. Wir brauchen über den Platz hinaus Orientierung, damit die Freude am Fußball erhalten bleibt.

... Angeblich ist ja nichts so überholt wie die Zeitung von gestern; aber vor zwei Wochen gab es eine Nachricht, die kommt mir irgendwie zeitlos vor: Da spielte in der 3. Kreisklasse der 1. FC Lok Leipzig gegen die zweite Mannschaft von Eintracht 09 Großdeuben. Zu dem Spiel kamen mehr als 12.000 Fans. Das sagt vielleicht mehr als 12.000 Worte über Fußball und über das Miteinander, das Fußball stiftet. Wie gut, dass wir ihn haben!


Große Worte. Ich möchte eine kleine Erzählung über einen Leipziger Fußballverein voranstellen. 1903 wurde der VfB Leipzig erster deutscher Meister. Dann bald nochmal, aber das zählt hier nix. Nach dem 2. Weltkrieg gab es in der DDR zwei Leipziger Vereine in der obersten Liga. Ich übertreibe nicht, wenn ich plaktaiv sage, der eine war beliebt, der andere war staatstreu. 1963 wurde "von oben" entschieden, dass in der Sommerpause alle guten Spieler zum FC Lokomotive Leipzig wechseln, die schlechten blieben bei der BSG Chemie Leipzig. Gesagt, erzwungen. Ein Jahr später war aber das Wunder vollbracht. Chemie Leipzig wurde DDR-Meister, Lokomotive nur Dritter.
Spätestens seitdem ist der Hass zwischen beiden Vereinen gigantisch und das äußerte sich sowohl in der DDR als auch nach der Wende in Gewalt. Das Bild des pöbelnden ostdeutschen Hooligans stimmte. Nach 1990 nannte sich Lokomotive VfB Leipzig, obwohl sie mit dem Vorkriegsverein nix zu tun hatten. (Sie konnten aber immer sagen, sie seien erster deutscher Meister.)
Der VfB Leipzig schaffte es bis in die Bundesliga. Dann folgte der Absturz in Liga 2, 3 und 4, zwei Insolvenzen und weg war der Verein. Doch die "Fans" gründeten ihre Lokomotive in diesem Sommer neu und fangen nun also in der 11. Liga an. Dabei hatten sie, das ist wahr, 12000 Zuschauer gegen Großdeuben, weil sie das neu gebaute Zentralstadion (ein WM-Ort) auch mal nutzen wollten und entsprechend Werbung dafür machten.

Das wäre eine schöne Sache, wenn es nicht einen faden Beigeschmack gäbe. Der VfB Leipzig bzw. FC Lokomotive Leipzig nährt sich zu einem Großteil nach wie vor aus Hooligans. Es ist ohne Übertreibung einer der übelsten und gewalttätigsten Namen im deutschen Fußball. Von Zeit zu Zeit können Dynamo Dresden und der B(erliner) FC auf diesem Niveau mithalten oder eigene Maßstäbe setzen.

Beispielhaft sei genannt, dass die Fans des VfB (was schon damals nur sogenannte "Lok"isten waren) bei einem der letzten Derbys (vor etwa 2 Jahren) ein typisches Plakat entrollten, auf dem sie über sich selbst urteilten:
Wir sind Lokisten, Mörder und Faschisten. Das ist nun freilich eine Übertreibung, aber keine wahnsinnig große. Proteste gegen diese Äußerungen waren aus dem Lager des VfB nur spärlich zu hören. Der schwarze Peter wurde in grenzenlos dummer Art von der Vereinsführung an Fans anderer Vereine weitergegeben. Die sind, zugegeben, für so manchen tätlichen Übergriff verantwortlich, jedoch - von Vereinsseite aus hat man Hooligans aus ganz Ostdeutschland (!) bei Derbys oder ähnlich brisanten Spielen (gegen Dynamo etwa) nicht nur geduldet, sondern sogar gefördert. Einlasskontrollen wurden nicht selten von Angestellten aus der Hooliganszene durchgeführt.

So höhnisch geht es im Fußball zu. Und gerade seit der Neugründung der "Loksche", so berichten mir Freunde, sind vermehrt wieder Hools anzutreffen, die sich allerdings bislang halbwegs friedlich verhalten, weil die Gegner ja nur Großdeuben und Co. sind.

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Mit diesem Wissen lese und höre ich Herrn Köhler.

"Es gibt in unserem Land Regionen, in denen der Fußball eine besonders wichtige Funktion hat. Er macht es den Menschen möglich, sich mit ihrer Heimat zu identifizieren, obwohl die Rahmenbedingungen für Leben und Arbeiten nicht so sind, wie wir sie uns alle wünschen."

"und jeder der Spielorte ist aufgerufen, mit der eigenen Handschrift zum Gelingen des Ganzen beizutragen."

Da haben wir die Handschrift "Wir sind Lokisten, Mörder und Faschisten" zu bieten. So etwas hat der schnieke Tiefensee bei seiner Olympiabewerbung nie vorgegeigt!!

"Der Fußball lebt eben auch jenseits des Platzes von dem Grundsatz: Fair geht vor. Wird der verletzt, dann verliert das ganze Spiel an sportlicher und auch an gesellschaftlicher Strahlkraft. Wir brauchen über den Platz hinaus Orientierung, damit die Freude am Fußball erhalten bleibt."
Diese Strahlkraft (wie bitter) nochmal hier nachzulesen:

"Da spielte in der 3. Kreisklasse der 1. FC Lok Leipzig gegen die zweite Mannschaft von Eintracht 09 Großdeuben. Zu dem Spiel kamen mehr als 12.000 Fans. Das sagt vielleicht mehr als 12.000 Worte über Fußball und über das Miteinander, das Fußball stiftet."
Das sind nicht die 12.000 Worte über das Miteinander des Fußballs, wie ich ihn verstehe. Auf das Miteinander, das der FC Lok stiftet, und das ist immer auch (!) von Gewalt, Aggression, Hass und Zerstörungssucht geprägt, verzichte ich gern.


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Ich beruhige mich. Nun wäre das alles nicht so wichtig, wenn es nicht gerade unser Bundespräsi von sich gegeben hätte. Hier, in diesem einen Beispiel weiß ich es besser als er, aber wie oft stehe ich mit offenem Mund vor ihm und glaube diesem seriösen Menschen. Wer einen Hassverein zum Miteinanderstifter machen kann (wieso wird so etwas nicht recherchiert!), der kann mir auch ganz schnell, einen rechtmäßigen Staat zu einem Kriegsobjekt stempeln. Und so weiter.

Ich sehe anhand dieses einfachen Beispiels, wie naiv wir doch sind. Statt die Taliban zu bekämpfen, überfallen wir Afghanistan und alle sagen ja. Statt Hussein zu verhaften, wird sein Volk "befreit" und alle schreien entsetzt nein.

Ich erwarte von Köhler und allen anderen Repräsentanten, im Großen wie im Kleinen , mehr Mut zur Wahrheit und zur Wahrhaftigkeit. Deren Meinung wird in Tausende Köpfe transportiert, wie können die sich nur so angreifbar machen. (Sicher ließen sich im Detail viele Fehler finden, die wohl nicht sein dürften.)

- Ich breche hier ab. Ich bin doch nicht frei von Neugier und möchte wissen, wie ihr das seht. Ich glaube nicht, dass ich aus ner Mücke nen Elefanten mache, denn irgendwo muss man ja anfangen. -

27.10.2004 21:07 Email an Thorsten Wember senden Homepage von Thorsten Wember Beiträge von Thorsten Wember suchen
Drüüde
Küchenfee



Dabei seit: 23.06.2001

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mal abgesehen davon: köhler ist bis dato ein ähnlich glanzloser bundespräsident wie rau und kommt nicht im mindesten an den von mir überraschend bewunderten herzog (bei seiner wahl dachte ich echt: ach du scheisse) heran.
hinzu kommt, das er irgendwie unsympathisch wieselhaft daherkommt.

zum thema:
natürlich dürfte ein guter bundespräsident nur reden halten, die er selbst und sein land verantworten kann, ganz klar gilt das bei einem hauptberuflich repräsentierenden im grossen wie im kleinen. weniger, dafür bombensicher, und nicht wie ein rotarierer bei irgendwelchen vereinsmeierein seinen redenpegel erhöhen.

leider ist das amt an sich ziemlich heruntergekommen, grade bei köhler könnte ich mir denken, der hat den wickert-virus und empfindet sein amt lediglich als gute gelegenheit, seine bücher zu verscherbeln.

ach ja...

04.11.2004 15:31 Email an Drüüde senden Beiträge von Drüüde suchen
 
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