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Thorsten Wember
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Alte Schinken neu entdeckt Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen       IP Information Zum Anfang der Seite springen

Ich finde doch, wir können ja hier von Zeit zu Zeit über ein paar alte Filmchen diskutieren, die man ihrerzeit im Kino verpasst hat oder nach langer Zeit nun mal wieder und vielleicht sogar anders sieht. Außerdem gehts hier natürlich um Filme, die getrost als alte Schinken abgetan werden können, uns aber heute noch was zu sagen haben. Es kommt schließlich vor, dass man Casablanca im TV sieht und über so gewisse Dinge diskutieren möchte.

Vor einigen Monaten hatten wir mal Dead Man im DVD-Player. Feiner Streifen. Das Bonusmaterial enthielt u. a. ein paar Vorschauen, wo Niight in Earth mit dabei war, was uns oberflächlich gefiel. Kurz mal zwei, drei Sätze im Internet dazu nachgelesen, auf eine lange Liste gesetzt. Nun ist es meistens an mir, mich nach mehreren Wochen, Monaten, Jahren an solche Dinge zu erinnern. Meine liebe Superstarvideothek hat den Film natürlich nicht - wie alles, was nicht modern und hochfrequentiv ist, aber man kann sich Renee Zellweger nun mal nicht jeden Tag reinziehen. Nun haben wir eine Intellektuellenvideothek aufgetan, wo es nicht nur diesen Film gab, sondern sogar Citizen Kane! Vielleicht nicht heute und auch nicht morgen, aber eines Tages Druide, wenn du es am wenigsten erwartest und rein gar keine Lust zum Antworten hast, werde ich den Film ausleihen und anderthalb Gedanken zu diesem Film notieren.

Das Schöne an dieser Videothek ist also wie gesagt, dass sie wirklich einige seltenere Filme im Verleih hat und man im Netz sogar vorher einsehen kann, ob es einen bestimmten Film gibt oder nicht, und zwar auf DVD und/oder VHS. Könnte sein, dass so was im Westen Standard ist, ich kenne bisher nur das Prinzip Nachfragen und enttäuscht werden.

Das Schlechte an diesem Laden ist, dass eine Leihe 1,60 kostet, für 2 Tage entsprechend 3,20 Euro. Es gibt allerdings die Möglichkeit, nur 1,20 pro Leihe und Tag zu bezahlen, wenn man für 10 Euro (pro Jahr) vollwertiges Mitgleid wird. Das lohnt, wenn man 12 oder mehr Filme pro Jahr über Nacht ausleiht. Ich habs nicht nachgerechnet, werde das nun aber tun. 0,40 mal 12 mal zwo gibt 9,60. Bei 13 Filmen, jeweils über Nacht geliehen, bezahle ich also statt 41,60 Euro nur 41,20 Euro. Ich stelle fest, das lohnt ja beides nicht!
Außerdem ist es schlecht, dass der Laden am Arsch der Welt liegt. Das ganze miese Studentenpack wohnt in der Südvorstadt, ich wohne 1,5 km nordöstlich der City. Ich könnt euch also denken, dass unser freies WG-Zimmer nicht so dolle abgeht. Irgendwer hat das Gerücht verbreitet, die Südvorstadt wär schöner. Kann sogar sein. Zurück zur Lage. Die Videothek ist in der Karl-Liebknecht-Straße. Karl Liebknecht war ja, ohne da zuviel zu verraten, einer der beliebteren Straßennamen in der DDR. Bei Dieter Zimmer habe ich dazu folgenden Sachverhalt gelesen. Früher, will sagen vor dem Krieg, hieß das Ding sinnvollerweise Südstraße. Gewieften Nazis war das zu plausibel und die Straße zu schön, also haben sie das Stück in Adolf-Hitler-Straße umbenannt. Das war nach 1945 irgendwie nicht mehr so angesehen, weshalb dann die Karl-Liebknecht-Straße draus wurde. Wie alte Leute und auch sonstige Ignoranten nun mal so sind, gewöhnen sie sich nur ungern an Veränderungen und brachten die drei Straßennamen auch immer irgendwie durcheinander, weshalb dann im Volksmund die Adolf-Südknecht-Straße draus wurde. großes Grinsen

Übrigens sind es mal wieder 103 Zeichen zu viel für ein Posting. Deshalb die Filmbeschreibung extra.

21.03.2006 20:52 Email an Thorsten Wember senden Homepage von Thorsten Wember Beiträge von Thorsten Wember suchen
Thorsten Wember
Mitglied

Dabei seit: 25.06.2001

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Kurzum, Night on Earth von Jim Jarmusch.
In den Städten Los Angeles, New York, Paris, Rom und Helsinki ist es etwa in der 5. Morgenstunde (MEZ) gleichzeitig Nacht. In dieser Stunde spielt sich in jeder dieser Städte eine obskure Taxifahrt ab. Erzählt werden fünf ziemlich unabhängige Geschichten von Taxifahrern und ihren Gästen. Auch wenn in jeder Geschichte zur selben Zeit eine Zigarette angezündet wird, die Bilder der Stadt eine wichtige Rolle spielen, Blindheit bzw. Nicht-Sehen-Können eine Rolle spielt und die einfachen, natürlichen Figuren gegenüber den komplizierten, zwanghaften (beruflicher Zwang, gesellschaftlicher Zwang) Personen triumphieren, so sind doch die fünf Geschichten nicht wirklich aufeinander bezogen und man kann die Verbindungen nur sehr mühsam herstellen.

1. Los Angeles. Ein Mädchen, das aussieht wie Mathilda (in Leon - der Profi), wird uns hier als Taxifahrerin präsentiert. Es ist Winona Ryder, damals 20 Jahre alt, aber ich schwöre, sie wäre ohne Ausweis kaum in einen FSK-12-Film gekommen. Ihre Passagierin eine nicht mehr ganz taufrische Filmproduzentin. Eine eher ruhige Episode. Die Ältere behauptet, jeder will ein Filmstar werden und lädt die Jüngere zu einem Sofortcasting ein. Diese lehnt aber ab, denn außer Taxifahren will sie nur noch Mechaniker werden, sonst nichts.

2. New York. Ein Penner will von Manhattan nach Brooklyn und kein Taxi will ihn mitnehmen, weil sie entweder keine Penner fahren oder nicht in die Gegend. Ein Taxi zuckelt doch an den Straßenrand, drin sitzt der wahnsinnig lässig spielende Armin Müller-Stahl, den Intellektuellen hier besser bekannt als Thomas Mann. Er ist aus Ostdeutschland, Dresden noch dazu (also null Checkung im Jahr 1991 wohlgemerkt), spricht passables Schulenglisch, hat aber schon Verständnisprobleme.
-- Habe ich schon erwähnt, dass der Film stets in der Originalsprache (englisch, englisch, französisch, italienisch, finnisch) mit Untertiteln ist? Gibt der ganzen Sache noch die richtige Würze, vor allem hier, denn --
unser Taxifahrer heißt Helmut Grokenberger und der andere - er heißt Yo-Yo, wie im Deutschen das "Kinderspielzeug" - lacht darüber, weil es wie "helmet" klingt. Außerdem kann Helmut nicht Auto fahren, denn er hat es mit einer Automatik zu tun. Also fährt kurzerhand Yo-Yo selbst nach Brooklyn (Helmut sagt: Brookland großes Grinsen) und gabelt zwischendurch noch seine Schwägerin auf, die sich in fisteren Gegenden rumtreibt. Die beiden giften sich dann volle Kanone über Minuten an (Shut up. - No, shut you up. - So shut the fuck up. - No you shut the fuck up. - Damn. - Shit. - Sinngemäß: Musst du immer das letzte Wort haben. - Blablablablabla ... blablabla. großes Grinsen) und kommen erst zur Ruhe, als "helmet" ein kleines Kunststück aufführt, nämlich zwei Flöten gleichzeitig spielen. Er war Clown in Dresden, hat keine Familie und money is not important to him. Er ist von der Schönheit der Stadt überwältigt, aber auch von den miesen Vierteln verschreckt. Sehr feinsinnige Geschichte und zum Brüllen komisch.

3. Paris. Nun ist es also schon spätnachts und nicht nur dunkel. Der Taxifahrer, schwarz, aus der Elfenbeinküste, wird von zwei anderen Schwarzen angetrunkenen wichtigen Leuten (Botschafter oder Banker oder so was) rassistisch angedisst. Unser Mann verliert irgendwann die Beherrschung und schmeißt die beiden Idioten raus, sie hatten es sich aber auch redlich verdient. Neue Passagierin ist eine Blinde und es zeigt sich, dass sie einiges mehr sehen kann als der Taxifahrer, der neugierig nach ihren Lebensweisen, sogar nach dem Sekualleben fragt.
Tragen Blinde nicht immer eine schwarze Sonnenbrille? - Weiß nicht, ich hab noch nie einen gesehen.
Willst du nicht wissen, ob ich schwarz bin? - Nein, aber zum Glück kann ich dich nicht sehen, du musst sehr hässlich sein.
Er bringt sie letztlich ans Ziel und rammt beim Wegfahren ein anderes Auto. Der Fahrer springt ihn an: Bist du blind? Kannst du nicht sehen wohin du fährst, du Neger? - Hey, Sie sind ein Rassist. - Ich bin kein Rassist, aber Sie fahren wie ein Schwarzer!
Es steckt wirklich viel Humor in dem ganzen Film. Die dritte Episode ist aber im Grundton doch eher besonnen.

4. Rom. Roberto Begnini fährt durch "Roma deserta", das verlassene Rom. Er trägt eine Sonnenbrille und beschwert sich über zu wenig Laternen. Er rast verkehrt durch Einbahnstraßen und ruft zwei lautstarken Polizisten hinterher: "Was, ich bin eine Bedrohung? Ihr habt Kanonen und ich habe ein Taxi, aber ich bin eine Bedrohung für euch? Ich sollte umdrehen und die beiden überfahren." Als ihm eine neue Mauer den Weg versperrt, ruft er aus: "Wie der heilige Pietro fahre ich retro und wie die heiligen Streiter fahre ich weiter." Auf italienisch sicher noch witziger, aber auch mit Untertiteln verfehlt das seine Wirkung nicht. Bis der geistliche Padre einsteigt, hat man schon jede Menge zu lachen gehabt. Und diesem Vater wird dann kurzerhand gebeichtet. Er beichtet spontan gegen den Willen seines Gastes seine Sünden, die in diversen sexuellen Absurditäten liegen. Begnini berichtet hier aber mit so viel Esprit und Körpereinsatz, mit einem ungeheuren Redefluss eine bizar.komische Geschichte, das ist einfach fabelhaft, doch zu viel für den Padre.

5. Helsinki. Unser Taxifahrer trägt nen schönen Vokuhila und langen Schnauzbart. Er lädt sich drei besoffene Typen ein. Zwei erzählen über den dritten, der vollkommen hinüber ist. Dieser habe an nur einem Tag sein Auto, seine Frau und seinen Job oder auch sein Haus verloren. Der Taxifahrer kontert diese Geschichte mit seinem eigenen Schicksal. Seine Frau hatte eine Frühgeburt und das kleine Mädchen hatte kaum Chancen, zu überleben. Also beschloss er, das Mädchen nicht zu lieben. Doch als es ein paar Wochen durchgehalten hatte, konnte er seine Liebe nicht länger ignorieren. Er gestand seiner Frau, das Kind von nun an zu lieben und es durch seine Liebe zu unterstützen. Er macht sich auf ins Krankenhaus und das Kind war tot. Seine beiden Zuhörer sind derart ergriffen, dass sie sich nun gegen die scheinbaren Belanglosigkeiten ihres Freundes wenden und ihn anschnauzen. Ihr Versprechen, ihn nach Hause zu bringen, halten sie nicht ein. Er hat ja ohnehin keines mehr, ist seinen Freunden nun aber egal. Die Sonne ist wieder aufgegangen in Helsinki, die Night on Earth ist vorüber. Ein etwas trostloses Bild eines versoffenen Verlierers bleibt zurück. Auch wenn ihn keine Schuld trifft, so ist doch nun ein neuer Tag angebrochen und seine Sorgen gehen einfach unter in der weiten Welt.

Es ist gewiss keine Komödie, wenn man mehr darin sehen will. Man kann aber herzlich darüber lachen, wenn man eben keine Lust auf mehr hat. Ein großes Plus für diesen Film.

Mit einem Satz: eine dicke Empfehlung.

21.03.2006 20:53 Email an Thorsten Wember senden Homepage von Thorsten Wember Beiträge von Thorsten Wember suchen
Hansaplast
klassisch neidisch



Dabei seit: 09.12.2004

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Zitat:
Original von Thorsten Wember
Mit einem Satz: eine dicke Empfehlung.


Jaaaaaa!
Was hab ich gelacht bei dem Film. Und gelächelt. Das war noch schöner.

21.03.2006 22:16 Beiträge von Hansaplast suchen
Drüüde
Küchenfee



Dabei seit: 23.06.2001

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ich möchte nochmals warnend darauf hinweisen, dass dieser leipziger intellektuelle ein blauwalgedächntniss hat und ALLES, aber auch ALLES was ihr jemals hier schriebet auf abruf auf euch schleudern könnte!

trotzdem vielen dank für den thread, vor allem als anregung dafür, was man doch immer schon mal gucken wollte.
leider muste ich herrn wembers 2 posting deswegen (und grade noch rechtzeitig genug) ignorieren, aber ich lese es, wenn ich den film angeschaut habe, vielleicht nicht heute, vielleicht nicht morgen, aber sicher genau dann, wenn du grade sehr gut auf ne antwort von mir verzichten kannst.
großes Grinsen

23.03.2006 21:52 Email an Drüüde senden Beiträge von Drüüde suchen
Hansaplast
klassisch neidisch



Dabei seit: 09.12.2004

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Zitat:
Original von Drüüde
ich möchte nochmals warnend darauf hinweisen, dass dieser leipziger intellektuelle ein blauwalgedächntniss hat und ALLES, aber auch ALLES was ihr jemals hier schriebet auf abruf auf euch schleudern könnte!
großes Grinsen


Wer sollte sich denn wohl d a v o r fürchten müssen?

23.03.2006 22:18 Beiträge von Hansaplast suchen
 
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