Hansaplast
klassisch neidisch
Dabei seit: 09.12.2004
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Mich stört gar nicht so sehr der Inhalt des jeweiligen Klingeltons.
Morgens, 1/2 8 in Deutschland. Hansaplast besteigt die U-Bahn und ist eigentlich noch nicht in der Lage, sich den Herausforderungen des menschlichen Zusammenlebens zu stellen.
Trotzdem Konfrontation pur, obwohl die Bahn nur mittelprächtig besetzt ist - drangvolle Enge ist es nicht, die das Nervenkostüm bereits am frühen Morgen ankratzt.
Ein Sitzplatz, wie schön. Die taz von hinten aufgeschlagen, ein erster Querblick über den Lokalteil, Blättern zu Toms Touché. Es könnte ein guter Anfang sein, wären da nicht
die Frau mit dem meterbreiten Kajalstrich und den Ohrknöpfen, von denen dieses enervierende dzzz... dzzz... dzzz ausgeht,
der Typ in Kapuzen-Sweatshirt mir gegenüber, der mir sein Kaugummi entgegengnatscht,
die beiden Zwölftklässlerinnen, ebenfalls mit Kaugummi, mit dem sie sogar kleine knallende Blasen fertigen, die ihre per 'weißu', schglaub' und 'nä' abgehackten Halbsätze jeweils abschließen,
der mit der Bildzeitung und den ungepflegten Schuhen, dessen Mobiltelefon sich mit anschwellender Kakophonie darüber beklagt, dass es zwischen Butterbroten, benutzten Stofftaschentüchern und Werbeblättchen nicht prompt gefunden wird,
die Dunkelhaarige, die dem Partner am anderen Ende der Funkverbindung - und nicht nur dem - mitteilt, wo sie sich gerade befindet. Und die noch lauter wird, weil 'das Netz' wegen einer dusseligen Tunneldurchfahrt schwächelt,
die junge Mutter mit dem unruhigen Kind, dem sie (Hilfe!!! Diese Stimme!!!) Anweisungen und Drohungen zuteil werden lässt,
hinter mir ein weiteres Ohrknöpfchenpaar, aus dem wiederholtes rrrrooooaahrrr-wummm, waaaahhh, rrrrooooaahrrr-wummm quillt. Von der Technik gnädig gedimmt, aber nicht gnädig genug, denn aus ordentlichen Boxen wäre der Sound womöglich sogar erträglich,
die Menschen, die einfach schlecht gelaunt gucken (ich bin einer von ihnen),
der Selbstdarsteller, der seinem Mobil-Gesprächspartner in allen Einzelheiten berichtet, wie er den Idioten von der Bezirksverwaltung gestern die Meinung gesagt hat: Mit mir nicht! Nicht mit mir!
Diese Teilstrecke meiner Reise durch das morgendliche ÖPNV-Universum lege ich in gut 10 Minuten zurück. Unglaublich, aber das Geschilderte findet komplett in diesem kurzen Zeitabschnitt Platz. Natürlich nicht jeden Morgen. Aber jeden Morgen die gleiche Zumutung am zentralen Umstiegspunkt: Powerbeschallung mit 'klassischer' Musik.
Klingeltöne? Da lach ich doch über!
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27.08.2005 02:18 |
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Pikantje
Reisende
Dabei seit: 27.07.2001
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27.08.2005 10:23 |
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